Kundenbewertungen auf der Homepage – Was zählt ist Neutralität
Kundenbewertungen sind aus der Online-Welt nicht mehr weg zu denken. In Zeiten des social media Booms ist es leicht geworden, seine Meinung zu einem Produkt oder einer Dienstleistung online zu veröffentlichen. Diese Bewertungen sind ein wichtiges Marketinginstrument und werden oft in Kooperation mit externen Bewertungsportalen erhoben. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte über eine Gestaltung zu entscheiden, mit der versucht wurde, über ein Schlichtungsverfahren negative Bewertungen abzufangen (OLG Düsseldorf Urt. v. 19.02.2013, Az.: I-20 U 55/12).
„Die guten ins Kröpfchen die schlechten ins Töpfchen“ – Negative Bewertungen auf die Warteliste
Verklagt wurde eine Dentalhandelsgesellschaft die mehrere Labore unterhält. Auf ihrer Internetpräsenz hatte sie mit einem Feld „Kundenauszeichnung“ geworben. Dieses Feld wies eine Bewertungszahl von „4,6 / 5“ aus, die durch eine Reihe goldener Sterne verbildlicht wurde. Ebenfalls in dem Feld enthalten war der Zusatz „Garantiert echte Kundenmeinungen“. Ein unterhalb der Sterne beginnender Anfang einer Bewertung lautete „Bin sehr zufrieden…“.
Klickt der neugierige Kunde auf dieses Feld, kommt er auf die Internetseite eines externen Bewertungsportals auf dem die einzelnen Bewertungen aufgelistet sind. Kunden konnten nach Durchführung eines Geschäfts mit der Dentalhandelsgesellschaft selbst per E-Mail oder mittels eines ihnen zugesandten Bewertungslinks ihre Bewertungen abgeben.
Das Bewertungsportal differenzierte aber bei der Veröffentlichung der Kundenmeinungen. Positive Bewertungen mit vier oder fünf Sternen wurden sofort freigeschaltet, neutrale oder negative Bewertungen hingegen wurden durch das Bewertungsportal erst geprüft. Enthielt eine Kundenmeinung rechtswidrige oder anstößige Inhalte, wurde sie sofort gelöscht. Hinsichtlich der übrigen Bewertungen konnte die Dentalhandelsgesellschaft binnen fünf Tagen ein „Schlichtungsverfahren“ beantragen, woraufhin der Kunde angeschrieben wurde. Antwortete dieser nicht oder zu spät wurde die Bewertung ebenfalls gelöscht. Die beklagte Dentalhandelsgesellschaft trug im Verfahren vor, dass sie das Schlichtungsverfahren nie beantragt habe und daher auch die negativen Bewertungen veröffentlicht wurden.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf – Zu große Auswirkung des „Schlichtungsverfahrens“ auf die Gesamtbewertung
Das OLG Düsseldorf wies die Berufung der erstinstanzlich verurteilten Dentalhandelsgesellschaft zurück. Es entschied, dass die auf der Internetseite ausgewiesenen Bewertungen irreführend sind, da andere Kunden die Auflistung ungefilterter Bewertungen erwarten würden.
Das Gericht bestätigte einen Verstoß gegen das Heilmittelwerberecht. Dieses sieht in § 11 Abs. 1 Nr. 11 Heilmittelwerbegesetz vor, dass außerhalb der Fachkreise nicht mit Äußerungen Dritter geworben werden darf, wenn diese in irreführender Weise erfolgen. Die Regelung wurde erst im Oktober 2012 neu eingefügt, sie gilt jedoch aufgrund ihrer europarechtlichen Grundlage auch für ältere Fälle.
Die Kunden erwarten nicht zuletzt aufgrund der Aussage „Garantiert echte Kundenmeinungen“ eine nicht geschönte und neutrale Zusammenstellung der Kundenmeinungen. Daran änderte auch der Verzicht der Beklagten auf die Einleitung des Schlichtungsverfahrens nichts. Die Kunden werden schon durch die bloße Existenz des Schlichtungsverfahrens abgeschreckt, eine negative Bewertung abzugeben. Der konfliktscheue Kunde überlegt es sich zweimal, ob er eine negative Bewertung abgibt, wenn er befürchten muss, seine Bewertung später verteidigen zu müssen.
Auch die zeitliche Verzögerung, mit der die negativen Bewertungen veröffentlicht werden, verfälscht die Gesamtbewertung. Während die positiven Bewertungen sofort in die Berechnung des Durchschnitts einfließen, können sich die zeitgleich abgegebenen Bewertungen erst nach fünf Tagen auf den Gesamtdurchschnitt auswirken. Der Zeitraum aus dem die positiven Bewertungen stammen ist also immer fünf Tage länger als der aus dem die negativen Bewertungen stammen.
Dass rechtswidrige und anstößige Inhalte ganz aus den Bewertungen herausgefiltert werden hat das Gericht ebenfalls beanstandet. Diese Bewertungen sind in der Regel auch die schlechtesten und haben auf die Durchschnittsbewertung rechnerisch sehr großen Einfluss.
Auch ist die Wirkung extrem negativer Bewertungen auf andere Kunden zu beachten, die gerade durch diese von einer Beauftragung der Beklagten absehen könnten. Hier würde es ausreichen, die konkret beleidigenden Formulierungen zu schwärzen.
Rat für die Praxis – Prüfen Sie das Verfahren des Bewertungsportals
Wenn Sie mit einem externen Bewertungsportal kooperieren, sollten Sie sich das Bewertungsverfahren genau ansehen. Grob lässt sich sagen, dass eine Gesamtbewertung dann nicht irreführend ist, wenn wirklich alle Kundenbewertungen einfließen. Alle Einzelbewertungen müssen sich sofort auf die Gesamtauswertung auswirken und dürfen nicht gewichtet werden. Hier ist also Neutralität das A und O einer rechtssicheren Gestaltung.
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