Originalie

, ,
Verbessert eine Haartransplantation auch die Gesundheit – ist sie doch mehr eine medizinische als eine kosmetische Indikation?

Doe hair transplants restore or improve physical and mental health – are they merely a cosmetic procedure or a medical necessity?

Keywords | Summary | Correspondence | Literature


Keywords

, , , , ,

Schlüsselworte

, , , , ,

Summary

Introduction: Hair is perceived as an essential part of our appearance, reflective our personalities. Hence, it is not surprising that numerous studies have shown a negative impact of hair loss on the well-being and quality of life of patients. Furthermore, a correlation with mental health issues such as low self-worth and depression have been observed. Whether these symptoms improve after hair restoration procedures, is currently poorly researched an object of this study. Objective: This study was performed to investigate the impact of hair restoration on mental health issues (such as low self- worth and symptoms of depression), and on the overall quality of life in hair loss patients. Materials and Methods: This retrospective cohort-two-center study investigated 150 patients who suffered from androgenetic alopecia and who underwent hair transplantation surgery between 9 and 36 months before inclusion. 200 age- and gender-matched patients who had not yet undergone hair restoration surgery served as control. All patients were asked to complete three questionnaires: (1) a questionnaire designed by the author, which collected demographic data as well as hair-specific perceptions of the patients; (2) AQoL-8D, a standardized quality of life questionnaire in 8 dimensions; (3) BDI-II (Beck Depression Inventory-II, another standardized questionnaire for the assessment of symptoms of depression and their severity. Discussion / Result: 1) No significant difference in age- and gender distribution between pre- and postoperative group: mean age 37.0 ± 12.1 years and 88.7% male as compared to 36.9 ± 11.8 years and 88, 5% male. 2) 96.6% indicated that hair transplantation had positively affected their life, and 97.7% would undergo surgery again (n = 213). 3) The AQOL-8D values for all eight dimensions were significant higher (p<0,001) for the pre-surgery group (n=188) compared to the post-surgery group (n=129). 4) The BDI-II results also showed statistically significant differences between pre- and postoperative patients with a mean of 9.58 ± 9.45 in the former and an average of 3.31 ± 5.33 in the latter group. Clinically relevant depression as defined as a BDI-II score of > 20 was present in 18.2% of the preoperative and 2.4% of the postoperative patients. Conclusion: Successful hair transplantation has a significant positive impact on mental health parameters and can improve the well-being and overall quality of life of hair loss patients. It should therefore be deemed a medically necessary treatment of relevance to health as opposed to a merely cosmetic procedure.

Zusammenfassung

Einleitung: Das Haar wird als wesentlicher Bestandteil unserer Erscheinung wahrgenommen, der unsere Persönlichkeit widerspiegelt. Deswegen ist es nicht verwunderlich das zahlreiche Studien die negativen Auswirkungen des Haarausfalles auf das Wohlbefinden und die Lebensqualität zeigen. Darüber hinaus wurde ein Zusammenhang mit psychischen Problemen wie niedrigem Selbstwertgefühl und Depressionen beobachtet. Ob sich diese Symptome nach einer Haartransplantation bessern, ist derzeit wenig erforscht und Gegenstand dieser Studie. Ziel: Diese Studie wurde durchgeführt, um die Auswirkungen einer Haartransplantation auf die psychische Gesundheit (wie z.B. niedriges Selbstwertgefühl und Depressionssymptome) und auf die allgemeine Lebensqualität bei Patienten mit Haarausfall zu untersuchen. Material und Methoden: Diese retrospektive Kohorten-Zwei-Zentren-Studie untersuchte 150 Patienten mit erblichen bedingten Haarausfall, die sich zwischen 9 und 36 Monaten vor dem Studienbeginn eine Haartransplantation unterzogen. 200 alters- und geschlechts-angepasste Patienten, die sich noch keiner Haartransplantation unterzogen hatten, dienten als Kontrollgruppe. Alle Patienten wurden gebeten, drei Fragebögen vollständig auszufüllen: (1) einen vom Autor erstellten Fragebogen, der demografische Daten sowie Antworten zur Wahrnehmung des Haarausfalles sammelte; (2) AQoL-8D, ein standardisierter Fragebogen zur Beurteilung der Lebensqualität in 8 Bereichen; (3) BDI-II (Beck Depressions-Inventar-II), ein ebenfalls standardisierter Fragebogen zur Bewertung von Depressionssymptomen und deren Schweregrad. Diskussion/ Ergebnis: 1) Kein signifikanter Unterschied in der Alters- und Geschlechtsverteilung zwischen prä- und postoperativer Gruppe: Durchschnittsalter 37,0 ± 12,1 Jahre und 88,7% männlich im Vergleich zu 36,9 ± 11,8 Jahren und 88,5% männlich. 2) 96,6% gaben an, dass die Haartransplantation ihr Leben positiv beeinflusste und 97,7% würden sich wieder diesem Eingriff unterziehen (n=213). 3) Die AQoL-8D Additivwerte waren für die präoperative Gruppe (n=188) in allen Bereichen signifikant höher (p< 0,001) als für die Nachbehandlungsgruppe (n=129). 4) Die BDI-II-Ergebnisse zeigten auch statistisch signifikante Unterschiede zwischen prä- und postoperativen Patienten mit einem Mittelwert von 9,58 ± 9,45 von ersterer und einem Durchschnittswert von 3,31 ± 5,33 von letzterer. Klinisch relevante Depressionen wie definiert als BDI-II-Score von > 20 war bei 18,2% der präoperativen und 2,4% der postoperativen Patienten vorhanden. Fazit: Eine erfolgreiche Haartransplantation hat einen signifikant positiven Einfluss auf die psychischen Gesundheitsparameter und verbessert sowohl das Wohlbefinden als auch die Lebensqualität des Patienten mit Haarausfall. Es sollte daher als eine medizinisch notwendige und gesundheitsrelevante Behandlung angesehen werden, im Gegensatz zu einem rein kosmetischen Eingriff.


  1. 1  Dr. Bruce Reith, MD, PhD. Medizinische Leitung bei Medical Hair & Esthetic München und des Haarzentrums der Bodenseeklink, Lindau, Deutschland
  2. 2  Viliam Mojto, doc. MUDr., CSc., MHA, MPH. Head of 3rd Department of Internal Medicine, Comenius University in Bratislava, Slovakei
  3. 3  Dr. med. Tanja Kottman, CEO Clinical Research Organisation GmbH & Co.KG, Hamm, Deutschland

 

Einleitung

Schöne Haare sind ein wichtiger Aspekt der Persönlichkeit und haben einen erheblichen Einfluss auf das Selbstwertgefühl und die Identität eines Menschen. Sie werden allgemein als Schönheitssymbol und Zeichen guter Gesundheit angesehen [1].Haarausfall stellt eine erhebliche Belastung für die Persönlichkeit, das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen dar [2].Die Betroffenen sind mit ihrem Aussehen unglücklich und empfinden sich nicht länger als attraktiv [3]. Dies ist jedoch nicht nur subjektiv. Menschen ohne oder mit dünnem Haar werden auch von anderen anders wahrgenommen als Menschen mit vollem Haar. Je weniger Haare Männer haben, desto älter, weniger attraktiv, weniger glücklich erscheinen sie anderen Menschen [4]. Es ist also nicht nur ein medizinisches Phänomen, sondern auch ein psychologisches und soziales Problem, das für die betroffenen Menschen eine schwere psychische Belastung darstellen kann [5]. Diese negativen Auswirkungen von Haarausfall für das psychische Wohlbefinden sind bisher nur unvollständig verstanden. Insbesondere ist nur unzureichend untersucht, inwieweit diese psychischen Folgen durch eine Haartransplantation rückgängig gemacht oder verhindert werden können.

 

Eine Haartransplantation wird derzeit noch immer nur als eine Maßnahme zur Verbesserung der individuellen Ästhetik also ausschließlich als kosmetischer Eingriff wahrgenommen, ohne die psychosozialen Auswirkungen von Haarausfall zu berücksichtigen. Wenn jedoch eine Haartransplantation die psychologischen Folgen von Haarausfall rückgängig machen kann, ist sie sehr viel mehr als nur ein kosmetischer Eingriff, sie ist in diesem Fall eine medizinische Indikation. Bis heute gibt es nur wenige Studien, die das Thema der psychologischen Folgen von Haartransplantationen untersuchen. Eine Literaturübersicht aus dem Jahr 2013 zeigte deutlich, dass Haarausfall bei Männern negative Auswirkungen auf das Körperbild, die psychische Funktion und die soziale Wahrnehmung hat [3]. Eine andere Studie, die die psychologische Wirkung von Alopezie bei Frauen untersuchte, fand, dass die negativen Folgen bei weiblichen Patienten noch stärker ausgeprägt sind als bei Männern [6]. In einer anderen multinationalen Studie mit 729 Männern mit Haarausfall hielten 70% Haare wichtig für ihr Image, während 62% befürchteten, dass Haarausfall ihr Selbstwertgefühl beeinträchtigen könnte [7]. 38% gaben an, dass sie das Selbstvertrauen im sozialen Leben verloren haben und 21% litten an Depressionen. In dieser Studie wurde jedoch nicht untersucht, ob diese negativen Effekte des Haarausfalls durch Haartransplantationen vermeidbar oder reversibel sind, was eine zentrale Hypothese der hier vorliegenden Studie war. Bislang gibt es nur eine publizierte Studie, die diese Hypothese untersucht. Diese Studie von Mohebi und Rassman fand signifikante psychische Verbesserungen nach einer Haartransplantation [8]. Obwohl diese Ergebnisse bedeutend sind, zeigt die Studie mehrere Mängel auf. So war die Stichprobengröße mit nur 37 Patienten relativ gering, die Ergebnisse waren subjektiv und es gab keine unabhängige Kontrollgruppe. Es war daher wichtig, eine größere Studie mit einer unabhängigen Kontrollgruppe und validierten Fragebögen durchzuführen, um die Frage nach den Auswirkungen einer Haartransplantation auf die psychische Gesundheit im Hinblick auf Prävention und Wiederherstellung weiter zu untersuchen.

Gegenstand: Die hier vorliegende Studie wurde durchgeführt, um zu untersuchen, ob eine Haartransplantation die psychologischen Folgen von Haarausfall verhindern und / oder umkehren kann.

 

Material und Methoden

Studiendesign: Retrospektive Kohorten-Zwei-Zentren-Studie

Patienten und Behandlungen: Die Interventionsgruppe umfasste 150 sowohl männliche als auch weibliche Patienten, die an einem erblich bedingten Haarausfall litten und sich zwischen 9 und 36 Monaten vor der Aufnahme in die Studie einer Haartransplantation unterzogen hatten. 200 Patienten im selben Alter, Geschlechtsverhältnis und Schweregrad des Haarausfalls, die sich zum Zeitpunkt der Studie noch keiner Haartransplantation unterzogen hatten, dienten als Kontrollgruppe.

 

Datenerhebung: Alle Patienten wurden gebeten, zwei standardisierte und validierte Fragebögen auszufüllen, die jeweils die Lebensqualität (Assessment Quality of Life- 8Dimensions, AQoL-8D, (Abb. 1)[9,10]) und Depressionssymptome und deren Schwere (Beck Depressions-Inventar II, BDI-II, (Tabelle 1)[11]) bewerten.Um die beiden Patientengruppen zu vergleichen, wurden die Antworten des AQoL-8D Fragebogens, die ähnlich der des BDI-II (0-3 Punkte) ähnlich war und 0 Punkte für die positivsten Antworten/wenigsten Probleme bis 4 oder 5 für die schlechtesten Auswirkungen auf die Lebensqualität vergab. Die Gesamtpunktzahlt sowohl des AQoL-8D- als auch der BDI-II-Wert für jeden Patienten wurden berechnet aus der Summe der Punkte aus den 35 bzw. 21 Antworten. Bei beiden Fragebögen bedeutet somit eine niedrigere Summe ein positiveres Ergebnis, d. h. ein niedrigerer AQOL-Wert bedeutet, dass der Patient eine höhere Lebensqualität hat, und ein niedrigerer BDI-II-Wert entspricht weniger Symptomen einer Depression. Die acht Einzeldimensionen bei AQoL-8D wurden genauso analysiert.

Abb 1: Die 8 Dimensionen der Lebensqualität, die vom AQoL getestet werden. Physische Bereiche sind in Rosa, psychosoziale Bereiche in Grün unterlegt. (Copyright Bruce Reith)

Zusätzlich füllten die Probanten einen von Autor erstellten Fragenbogen aus, der demografische Daten sammelte und die Wichtigkeit von schönen Haaren und die Bedeutung des Haarausfalls auf verschiedene Lebensbereiche der Studienteilnehmer näher beleuchten sollte. Diese Ergebnisse wurden analysiert indem der Prozentsatz der Patienten berechnet wurde, die eine hohe Wichtigkeit (4, 5 und 6 Punkte) auf der Likert Skala angaben.Diese letzte Umfrage wurde auch von 83 Patienten durchgeführt, die während der Pilotphase rekrutiert wurden. Die Daten dieser Pilotstudie mit postoperativen Patienten und denselben Ein- und Ausschlusskriterien wurden in die Analyse hier einbezogen.

Tab. 1: Zusammenstellung der 21 Items des BDI II (Beck et al. 1961; Hautzinger et al.; 1994), die depressionscharakteristische Symptome und Einstellungen erfassen.

Die Patienten mussten zwischen 18 und 70 Jahre alt sein und durften nicht an Komorbiditäten leiden, die eine Haartransplantation ausschlossen. Weitere Einschlusskriterien waren androgenetische Alopezie Norwood Klassifikation I bis VII und für Frauen der Ludwigskala I bis III. Alle Studienteilnehmer gaben ihr Einverständnis vor ihrer Aufnahme in die Studie, das sie jederzeit widerrufen durften.

 

Statistik: Die statistische Bewertung der Ergebnisse wurde mit SPPS Windows, Version 24.0 (SPSS Inc., U.S.A.) durchgeführt. Kontinuierliche Daten wurden als Mittelwert und Medianwerte dargestellt, während Varianzen als Standardabweichungen und Quartile ausgedrückt wurden. Kategorische oder nominale Daten wurden als absolute und relative Häufigkeiten ausgedrückt. Kontinuierliche Daten wurden mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test hinsichtlich ihrer Normalverteilung untersucht. Die getesteten Variablen zeigten keine Normalverteilung (Kolmogorov-Smirnov-Test: p <0,05). Der Mann-Whitney-U-Test wurde daher verwendet, um kontinuierliche Daten als nichtparametrische Tests zu vergleichen. Die kategorischen Daten wurden unter Verwendung des Chi-Quadrat- oder Fisher-Exakt-Tests bewertet. Grafiken wurden ebenfalls mit SPSS erstellt. Box-plots wurden verwendet, um Mediane und Interquartilsintervalle darzustellen. Die Boxen zeigen den Median und das 25. und 75. Perzentil an, während T-Balken über und unter den Boxen Minimal- und Maximalwerte darstellten, sofern keine Ausreißer oder Extremwerte vorhanden sind. Ausreißer wurden als Werte zwischen 1½ – 3 Boxlängen außerhalb der Boxen definiert. Sie wurden als Kreise auf den Plots dargestellt, während extreme Werte als mehr als 3 Boxlängen außerhalb der Boxen definiert wurden und als Kreuze (x) dargestellt wurden. Kategorische Daten wurden grafisch unter Verwendung von gruppierten Balkendiagrammen dargestellt.

 

Ergebnisse

Die drei Fragebögen wurden von 130 Patienten (115 Männer, 15 Frauen) in der postoperativen Gruppe und 194 Patienten (172 Männer, 22 Frauen) der präoperativen Gruppe mit demselben Durchschnittsalter und Geschlechterverhältnis ausgefüllt. Damit ergab sich eine Rücklaufquote von 86.7% in der postoperativen Gruppe und von 97, 0% in der präoperativen Gruppe. Das Durchschnittsalter der postoperativen Gruppe war 37.0 ± 12.1 Jahre und das der Kontrollgruppe 36.9 ± 11.8 Jahre. Die Antwortquoten für die einzelnen Fragen des ersten Fragebogens variierten zwischen 97,7% und 99,0% in beiden Gruppen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Mehrzahl der Patienten schönem Haar eine hohe Bedeutung (4-6 Punkte auf einer 6-punktigen Likert-Skala) in Bezug auf Selbstwertgefühl (96% der Patienten), Attraktivität (97% der Patienten), als Symbol von Männlichkeit / Weiblichkeit (84% der Patienten) oder Zeichen guter Gesundheit (81% der Patienten) zumaßen (Abb. 2). Befragt nach den Auswirkungen ihres Haarverlustes auf Selbstwertgefühl, Partnerwahl, Anerkennung von Freunden und Familie und beruflichem Erfolg, gaben 79%, 51%, 46% und 34% der Patienten eine hohe subjektive Wirkung an(Abb. 3). Es bestanden in Bezug auf diese Antworten keine Unterschiede zwischen den beiden Studiengruppen (p>0,05). Dementsprechend waren die meisten Patienten in dieser Studie, die sich bereits eine Haartransplantation unterzogen, sehr zufrieden mit ihrem Ergebnis.

 

96,6% gaben an, dass sie nach dem Eingriff positive Veränderungen in ihrem Leben erfahren haben und 97,6%, dass sie die Operation erneut durchführen würden.

Abb. 2: Prozentsatz der Patienten, die auf die Frage nach der Wirkung von schönem Haar eine hohe Wichtigkeit (4,5 oder 6 auf 6-punktiger Likert-Skala) Angaben (n = 401). (Copyright Bruce Reith)

Abb. 3: Patientenanteil, die bei der Befragung zu den Auswirkungen des Haarausfalls eine hohe Bedeutung (4,5 oder 6 auf 6-punktiger Likert-Skala) Angaben (n = 401). (Copyright Bruce Reith)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 4: AQoL 8D Werte pro Dimension prä- (n = 188) versus post- operativer Gruppe (n = 129). Die AQoL 8D Werte waren in allen 8 Dimensionen der präoperativen Gruppe signifikant höher (p < 0,001) im vergleich zur postoperativen Gruppe. Die stärksten Unterschiede wurden in Bezug auf psychische Gesundheit, Glück, Selbstwertgefühl, Bewältigungstrategien und Beziehungen festgestellt.

Der AQoL-8D testete 8 verschiedene Dimensionen der Lebensqualität: SL: Selbstständiges Leben, SN: Sinne, SZ: Schmerz, GG: Geistige Gesundheit, GK: Glücklichkeit, SW: Selbstwert, BG: Bewältigung, BZ: Beziehungen(Abb. 1). Der additive AQoL-Mittelwert für die präoperative Gruppe betrug 33,1 ± 17,14, während dieser Wert für die postoperative Gruppe 23,7 ± 12,18 war (Abb. 4). Dieser Unterschied war statistisch signifikant (p <0,001). Die AQoL-8D-Werte für alle acht Dimensionen waren für die präoperative Gruppe ebenfalls signifikant höher als für die postoperative Gruppe. Dies galt auch für männliche Patienten, wenn die Patienten nach Geschlecht stratifiziert wurden. Bei weiblichen Patienten waren die Mittelwerte in der präoperativen Gruppe für SL, SZ, GK und BZ statistisch signifikant höher, während die entsprechende Tendenz bei SN, SW und GG wahrscheinlich aufgrund der relativ kleinen Stichprobengröße bei den weiblichen Patienten keine Signifikanz erreichte. BG unterschied sich nicht zwischen den prä- und postoperativen weiblichen Patienten.

 

Auch die BDI-II-Ergebnisse zeigten statistisch signifikante Unterschiede zwischen Patienten vor und nach der Operation mit einem Mittelwert von 9,58 ± 9,45 in der Kontrollgruppe und einem Mittelwert von 3,31 ± 5,33 in der postoperativen Gruppe (Abb. 5). Eine klinisch relevante Depression, die als ein BDI-II-Score von> 20 definiert wurde, lag bei 18,2% der präoperativen Patienten und bei nur 2,4% der postoperativen Patienten vor (Tab. 2). Diese Unterschiede waren ebenfalls statistisch signifikant (p <0,001). Bei der Stratifizierung von Patienten nach Geschlecht hatten sowohl weibliche als auch männliche Patienten nach der Operation signifikant niedrigere BDI-II-Gesamtwerte im Vergleich zu den präoperativen Patienten.

 

Diskussion

Ziel dieses Forschungsprojektes war es zu untersuchen, ob eine Haartransplantation negative Folgen von Haarausfall verhindern kann und ob die bestehenden negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität und das psychische und physische Wohlbefinden von Patienten mit Haarausfall durch Haartransplantation rückgängig gemacht werden können. Verschiedene Studien in der Vergangenheit konnten zeigen, dass sich die Lebensqualität von Patienten mit Haarausfall vermindert und zu negativen psychischen Folgen führen kann, die bis hin zu Depressionen reichen. Diese Folgen sind dabei unabhängig von der Ätiologie des Haarausfalls und könne sowohl bei angeborenen Haarausfall als auch z.B. bei Chemotherapie-induzierter Haarausfall von Krebspatienten festgestellt werden [7,12–17].

Abb. 5: Die Differenz zwischen dem Mittelwert von 9,58 ± 9,45 der präoperativen (n = 187) und 3,31 ± 5,33 der postoperativen Patienten (n = 127) ist statistisch signifikant (p < 0,001). (Copyright Bruce Reith)

Tab. 2: Anteil der Patienten je Depressionskategorie in der prä- und post- operativen Gruppe. Eine klinisch relevante Depression, die als ein BDI-II- Score von > 20 definiert wurde, lag bei 18,2 % der präoperativen Patienten und bei nur 2,4 % der postoperativen Patienten vor. Dieser Unterschied war ebenfalls statistisch signifikant (p < 0,001).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schöne Haare haben in unserer Kultur eine hohe Bedeutung, was sich auch in dieser Studie darin zeigte, dass die Teilnehmer schönes Haar als sehr wichtiges Schönheitssymbol und als Symbol für Männlichkeit oder Weiblichkeit bewerteten. Eines der eindrucksvollsten Beispiele in der Literatur, das den hohen Stellenwert von schönem Haar unterstreicht, ist, dass Krebspatienten übereinstimmend berichten, dass Haarausfall eine der bedrückendsten Nebenwirkungen der Krebstherapie ist und oft dem durch die Krebsdiagnose induzierten Stress entspricht [18]. Die negativen Auswirkungen von Haarausfall machen sich insbesondere bei weibliche Patienten bemerkbar und betreffen sogar Patienten, die relativ geringen Haarausfall haben [6].

 

Die Ergebnisse des BDI-II bestätigten die Hypothese, dass Patienten nach der Haartransplantation seltener eine klinisch relevante Depression als zuvor aufweisen und sich ihre allgemeine Stimmung signifikant verbessert hat. Weibliche Patienten mit Haarausfall zeigten hier, wie auch in der Studie von Reid und Mitarbeitern [6], stärkere Depressionssymptome als männliche Patienten. Diese Symptome waren jedoch in beiden Gruppen reversibel, was sich in signifikant höheren BDI-II-werten in der prä- im Vergleich zur postoperativen Gruppe zeigte. Die Ergebnisse des AQoL-8D bestätigten die Hypothese, dass die Lebensqualität von Patienten nach einer Haartransplantation signifikant höher ist als vor dem Eingriff. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit der bisher einzigen publizierten Studie, die die Auswirkungen von Haartransplantationen in einer kleinen Gruppe ohne unabhängige Kontrolle und ohne validierte Instrumente untersucht hatte [8].

 

Schlussfolgerung

Während die meisten Patienten in dieser Studie aufgrund ihres Haarausfalls nicht klinisch depressiv waren, hatte eine Haartransplantation einen signifikanten Einfluss auf das Selbstwertgefühl und die Lebensqualität der Patienten. Diese Studie konnte zeigen, dass sich eine erfolgreiche Haartransplantation positiv auf die psychischen Gesundheitsparameter von Patienten mit Haarausfall auswirkt und ihr allgemeines Wohlbefinden und ihre Lebensqualität verbessern kann. Damit ist eine Haartransplantation nicht nur ein kosmetischer Eingriff, sondern eine medizinische Behandlung, der die allgemeine und psychische Gesundheit des Patienten verbessert.Es sollte daher auch als medizinisch notwendige Behandlung von Relevanz für die Gesundheit angesehen werden und dieser Empfehlung folgend von der Mehrwertsteuer befreit werden, der sie zur Zeit noch unterliegen.

Korrespondenz-Adresse

Dr. Bruce Reith, MD, PhD
Medizinische Leitung bei Medical Hair & Esthetic München
und des Haarzentrums der Bodenseeklink, (Lindau, Deutschland)
Brunnstraße 11
D-80331 München
brucereith@me.com

Literatur

1. Faust V (2005) Haar und seelische Störungen [Internet]. Psychiatr. heute - Störungen er-kennen, Verstehen. verhindern, behandeln. p. 1–16. abgerufen: http: //www.psychosoziale- gesundheit.net/psychiatrie/haar.htm.
2. Trüeb RM (2010) Systematisches Vorgehen bei Frauen mit Haarausfall. JDDG 8: 284–98.
3. Han S-H, Byun J-W, Lee W-S, Kang H, Kye Y-C, Kim K-H, et al. (2012) Quality of life assessment in male patients with androgenetic alopecia: result of a prospective, multicenter study. Ann Dermatol 24:311–8.
4. Henss R (2000) Psycho-soziale Bedeutung des Haarausfalls Haarausfall Glatze androgenetische Alopezie [Internet]. Dr. Ronald Henss Verlag. p. 1. abgerufen: http://www.haar-und-psychologie.de/haarausfall/psycho-soziale-bedeutung.html.
5. Henss R (2000) Zur Wirkung des erblich bedingten Haarausfalls beim Mann (Androgenetische Alopezie) auf den Betrachter - Eine empirische Studie [Internet]. Dr. Ronald Henss Verlag. p. 1. abgerufen: http://www.haar-und-psychologie.de/haarausfall/ glatze-studie-01.html.
6. Reid EE, Haley AC, Borovicka JH, Rademaker A, West DP, Colavincenzo M, et al. (2012) Clinical severity does not reliably predict quality of life in women with alopecia areata, telogen effluvium, or androgenic alopecia. J Am Acad Dermatol 66: e97-102.
7. Alfonso M, Richter-Appelt H, Tosti A, Viera MS, García M (2005) The psychosocial impact of hair loss among men: a multinational European study. Curr Med Res Opin 21: 1829–36.
8. Mohebi P, Rassman WR (2008) Psychology of hair transplants. J Int Soc Hair Restor Surg 18:46–7. 9. Richardson J, Iezzi A, Khan MA, Maxwell A (2014) Validity and reliability of the Assessment of Quality of Life (AQoL)-8D multi-attribute utility instrument. Patient. 7: 85–96.
10. Richardson J, Khan M (2009) The AQoL-8D (PsyQoL) MAU Instrument: Overview September 2009. Monash Univ. Cent. Heal. Econ. 39: 1–19.
11. Beck AT, Steer RA, Brown GK. Beck Depression Inventory®-II, 2nd Edition. Manual. San Antonio, TX The Psychological Corporation. 12. Sawant N, Chikhalkar S, Mehta V, Ravi M, Madke B, Khopkar U (2010) Androgenetic alopecia: Quality-of-life and associated lifestyle patterns. Int. J. Trichology. 2: 81.
13. Hesketh PJ, Batchelor D, Golant M, Lyman GH, Rhodes N, Yardley D (2004) Chemotherapy-induced alopecia: psychosocial impact and therapeutic approaches. Support Care Cancer. 12: 543–9.
14. Rencz F, Gulácsi L, Péntek M, Wikonkál N, Baji P, Brodszky V (2016) Alopecia areata and health-related quality of life: a systematic review and meta-analysis. Br J Dermatol 175: 561–71.
15. Gulec AT, Tanriverdi N, Duru C, Saray Y, Akcali C (2004) The role of psychological factors in alopecia areata and the impact of the disease on the quality of life. Int J Dermatol 43: 352–6.
16. Hirsso P, Rajala U, Laakso M, Hiltunen L, Härkönen P, Keinänen-Kiukaanniemi S (2005) Health-related quality of life and physical well-being among a 63-year-old cohort of women with andro-genetic alopecia; a Finnish population-based study. Health Qual. Life Outcomes. 3: 49.
17. Wells PA, Willmoth T, Russell RJ (1995) Does fortune favour the bald? Psychological correlates of hair loss in males. Br J Psychol 86 ( Pt 3): 337–44.
18. Lemieux J, Maunsell E, Provencher L (2008) Chemotherapy-induced alopecia and effects on quality of life among women with breast cancer: a literature review. Psychooncology. 17: 317–28.

Ausgabe

Schreibe einen Kommentar

Anmelden

Passwort vergessen?