Ernährung und Fasten als Schlüssel für eine erfolgreiche Prävention
Interview mit Prof. Dr. med. Michalsen, Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde im Immanuel Krankenhaus Berlin, Professor der Charité Berlin und Fastenexperte, über Ernährung als den wichtigsten Faktor für ein gesundes und langes Leben und warum insbesondere regelmäßige Fastenperioden nachweislich eine präventive Wirkung gegen altersbedingte Erkrankungen haben.
KM: Zum Einstieg eine persönliche Frage: Wie kamen Sie zur Ernährungsmedizin?
Michalsen: Ich war lange Zeit auf der Kardiologie, Intensivstation und im Herzkatheterlabor tätig. Mit den Jahren stellt man fest, dass es einen Drehtüreffekt gibt. Man sieht die Patienten sehr häufig wieder mit einer neuen Koronarsklerose oder neuen Verengungen. Neue Stents werden implantiert, eine Bypassoperation gemacht, und die Liste der Medikamente wird bei den Patienten immer länger … und das hat mich zum Nachdenken gebracht. Ich fokussierte mich auf die Frage: „Wie kann man das Schicksal vermeiden und die Krankheit kausal vorbeugen, oder wenn eingetreten, sekundär vorbeugen?“ Ich habe mich im Bereich der Prävention festgelesen und ausgebildet. Wenn wir alle Bereiche der Prävention anschauen: Stressreduktion, Bewegung, soziale Lebensbedingungen und Ernährung, dann ist die Ernährung sicherlich der gewichtigste Faktor. Die Daten sagen uns: die Ernährung ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Prävention.
KM: Heißt das länger leben oder länger gesund leben und sehen Sie einen Unterschied zwischen Schulmedizin und Heilfasten bzw. der Alternativen Medizin?
Michalsen: Schulmedizin und Naturheilkunde gehören zusammen und haben das gleiche Ziel. Die Schul- oder Akutmedizin hat es geschafft, dass wir länger leben. Das kann man sehr schön in der Kardiologie sehen. Menschen sterben seltener an einem Herzinfarkt. Aber die Folge eines Herzinfarktes, die Herzinsuffizienz, wächst seit Jahren in ihrer Häufigkeit. Man möchte als Wissenschaftler eine Kompression der Morbidität, d. h., ein längeres gesundes Leben für die Menschen, und Krankheit erst kurz vor dem Tod. Dies ist das erklärte Ziel der Naturheilkunde, Komplementärmedizin und auch der Schulmedizin. In der Naturheilkunde versucht man mit Entwicklungen und Traditionen, wie dem Heilfasten oder dem Intervallfasten, noch stärker daran zu arbeiten, dass dieses Ziel erreicht wird.
KM: Warum ist Fasten heutzutage so wichtig?
Michalsen: Lebensmittel sind heute rund um die Uhr verfügbar.Durch die menschliche Genussfähigkeit hat sich ein Prozess entwickelt, der in unserem biologischen, genetischen Programm eigentlich nicht so vorgesehen ist, dass wir andauernd zu viel, zu unregelmäßig und das Falsche essen. Die Folge sieht man an den explodierenden Krankheitsprävalenzen von Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht, kardiovaskulären Erkrankungen, Darmkrebs usw. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, auf die Bremse zu treten. Einerseits insgesamt die Qualität des Essens wieder zu verbessern. Weniger tierische Fette, weniger Zucker, weniger energiedichte Nahrung, mehr Ballaststoffe. Und andererseits Essenspausen — also Fastenzeiten — wieder bewusst zurückzuholen. Früher waren Fastenzeiten ein Übel. Da waren sie das evolutionäre Programm, weil man nie wusste, wann Lebensmittel verfügbar sind. Aber das ist vorbei! Wir sollten nun die Fastenzeiten mit unserem eigenen Willen in unser Leben zurückholen, damit unsere Organsysteme nicht überlastet werden.
KM: Der positive Einfluss von Fastenperioden ist nach unserem Stand der heutigen Wissenschaft belegt?
Michalsen: Diese Forschung begann nun schon vor mehr als 100 Jahren und belegte — zuerst in Tierversuchen, dann beim Menschen — die positive Wirkung. Wann immer Organismen Fastenzeiten einhalten, leben sie länger, bekommen sie die meisten altersbedingten Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Demenz, Arthrosen seltener oder sehr viel später. Seit etwa 10 Jahren wird die Datenlage sehr viel dichter und Studien belegen die Wirksamkeit nun auch am Menschen.
KM: Nun gibt es viele unterschiedliche Formen des Fastens. Unter anderem die Scheinfasten-Diät von Prof. Dr. Valter Longo. Wo sehen Sie in Ihrer eigenen Forschung die Schnittmenge mit seiner Forschung?
Michalsen: Herr Professor Longo ist einer der renommiertesten Altersforscher der Welt, der ausschließlich als Biologe in seinem Labor diese Erkenntnisse hat reifen lassen. Er ist nun dabei, die Umsetzung am Menschen zu machen. Bei mir ist es umgekehrt. Ich habe als Arzt das Fasten gelernt und gelehrt und habe dann angefangen, Studien aufzusetzen. Ich bin jetzt mehr und mehr an den Mechanismen interessiert und bewege mich nun in seine Richtung. Am Ende sieht man, dass beide gemeinsamen Forschungswege sich wunderbar verbinden.
KM: Was ist der Unterschied zwischen Longos Scheinfasten und Ihrem 10 Tage Heilfastenprogramm?
Michalsen: Das traditionelle Heilfasten, dass ich in meinem Programm für gesunde Menschen als Anleitung vorstelle, in Print als auch online, ist ein Fasten mit 250 – 300 kcal am Tag (in der Tradition von Buchinger), in Form von gefilterter Gemüsebrühe und zwei kleinen Gläsern Saft. Valter Longo hat in unzähligen Experimenten nach der optimalen Strategie gesucht, diese positiven zellulären Vorgänge im Körper hervorzurufen. Longo hat es kalorienmäßig ganz klar definiert und sich konkret Gedanken gemacht, wie die Zusammensetzung sein muss, damit der Fasteneffekt optimal ist. Seine Entwicklungen sind in das Produkt ProLon eingeflossen, das man aus wissenschaftlicher Seite als optimales Resultat einer jahrzehntelangen Fastenforschung begreifen kann. Ein wichtiger Punkt bei ProLon ist die einfache Umsetzbarkeit. Es ist alles drin in dem Produkt, es ist getestet, zertifiziert, funktioniert Tag für Tag und ist für den Anwender sicher. Der Patient muss sich nicht so intensiv mit dem Fasten beschäftigen, wie es beim Heilfasten erforderlich ist. Es ist dadurch aber auch weniger selbstwirksam.
KM: Es sind weniger Eigeninitiative und Selbstdisziplin notwendig. Ist das der Hauptunterschied?
Michalsen: Es gibt auch in der Kalorienzahl einen Unterschied. Das Heilfasten nach Buchinger hat ca. 300 kcal. Man macht ja bewusst keine Nulldiät, da ein verstärkter Proteinabbau, sprich Muskelabbau nicht erwünscht ist. Die Grenze ist physiologisch nicht 100 Prozent definiert. Wie viele Kalorien man essen kann, damit es zu den positiven Fasteneffekten kommt, von der Stammzellproduktion bis zur Autophagie, das weiß keiner so ganz genau. Aber Valter Longo vermutet, dass die Obergrenze knapp oberhalb der Kaloriengrenze von ProLon liegt, und hat gute Gründe dafür. Wenn man wie bei ProLon 770 kcal isst, hat man es manchmal etwas leichter, durchzustehen, als mit 300 kcal wie beim klassischen Fasten.
KM: Für welche Patienten Heilfasten, für welche Gruppe Scheinfasten, bzw. ProLon? Was ist Ihr Fazit?
Michalsen: Ich würde das gar nicht als Alternativen sehen. Für mich sind das zwei wunderbare Tools, um das hochwirksame Instrument des Fastens an den Patienten heranzubringen. Da gibt es noch das Intervallfasten als dritte Option. Im Vergleich zu früher haben wir heute mehr Möglichkeiten, und ich empfehle auch meinen Patienten, diese Optionen mehr zu nutzen, diesen Kosmos des Fastens. Beispielsweise eine Heilfastenwoche lässt sich mit einem Urlaub sehr gut verbinden. Für den Alltagsgebrauch, auch bei mehrfacher Wiederholung, vielleicht auch im Alltag berufsbegleitend, ist ProLon sicherlich sehr gut geeignet. Als kleine Lösung, wenn man keine Lust auf längeres Fasten hat, ist dann das Intervallfasten eine geeignete Form.
KM: Wer sollte Ihrer Meinung nach wann und wie oft fasten, um die positiven Effekte in den Blutwerten oder beim BMI u. a. beizubehalten?
Michalsen: Für gesunde Menschen gibt es kein Überfasten. Bei ProLon wie auch beim Fasten sollte der Patient auf Kontraindikationen achten. Menschen, die früher anamnestisch an Essstörungen litten, sollten weder das eine noch das andere tun. Magersucht und Bulimie sind Kontraindikationen. Früher wurde die Empfehlung auf 1–2 mal pro Jahr ausgesprochen, heute gibt es keinen Grund mehr für eine solche Begrenzung. Es gibt keine präzisen Angaben, für welche Menschen und wie oft Fasten geeignet ist. Am besten vertraut man auf die eigene Erfahrung. Wenn man merkt, die positiven Effekte der Fastenperiode nehmen langsam wieder ab, dann ist es Zeit für die nächste Fastenrunde oder ProLon-Packung.
KM: Treten Autophagie-Effekte nur bei längerem Fasten auf, also eher nicht beim Intervallfasten?
Michalsen: Die Übertragung präklinischer Studien auf den Menschen ist sehr schwierig und man kann keine präzisen Zeitangaben machen. Wenn man die Fastenstudien bei Menschen betrachtet, gibt es deutliche Hinweise, dass man bereits bei 12 bis 16 Stunden, wenn die Glykogenspeicher in der Leber und im Muskel aufgebraucht sind, in den Fastenstoffwechsel kommt. Dann wird die Lipolyse zur Energiebereitstellung genutzt und dann beginnt auch die Autophagie. Natürlich ist man bei längeren Fastenperioden länger in der Autophagie. Beim Intervallfasten addieren sich diese täglichen Effekte aber und können über das Jahr in der Summe sehr stark sein. ProLon oder das Heilfasten sind durch die Abfolge von 5 oder mehreren Tagen insgesamt aber überlegen gegenüber dem Intervallfasten. Wenn der Patient zum Beispiel unter Entzündungen leidet , wie bei Rheuma oder bei Darmerkrankungen, ist dieses längere Fasten am Stück besser.
KM: Erzeugt auch das Fasten bei dermatologischen Indikationen sehr gute Effekte?
Michalsen: Die entzündlichen Erkrankungen schließen auch die Dermatologie ein. Die Schuppenflechte, die Psoriasis, zum Beispiel reagiert sehr gut auf das Heilfasten. Bei der Neurodermitis ist es schwieriger, es gibt weniger homogene Reaktionen, und die Trefferquote ist geringer. Aber trotz allem schwören Tausende von Fastenfans mit Neurodermitis auf die begleitende Fastentherapie. In der Praxis haben wir ebenfalls sehr gute Resultate bei der Indikation Akne und Ekzemen. Die können am Anfang der Fastenperiode nochmal aufblühen, es wird dann aber besser.
KM: Haben Sie einen Tip für Ihre Kolleginnen und Kollegen in der Dermatologie, wie man das Thema Fasten in den Praxisablauf platzieren und man Patienten unterschiedliche Fastenformen anbieten kann?
Michalsen: Zum Beispiel als Ergänzung zu ästhetischen Körperfett-Behandlungen bieten sich Fastenprogramme an, weil dabei auch das viszerale Fett abgebaut wird, das sonst schwer erreichbar ist. Aber generell werden die Patienten Ihnen dankbar sein, das Thema Ernährung und Fasten angesprochen zu haben. Es ist meiner Meinung nach die Basis jeder chronischen Erkrankung. In meinem Praxisalltag gibt es keine Erkrankung, keinen Patienten, bei dem ich nicht während des Gesprächs darauf zu Sprechen komme, seien es auch nur 3 Minuten. Ich erlebe, dass es in der Bevölkerung ein ganz großes Bewusstsein dafür gibt. Wenn das dann auch vom Arzt kommt, der eine Orientierung gibt, dann wird das sehr positiv aufgenommen.
KM: Herr Univ-Prof. Dr. med. Andreas Michalsen. Herzlichen Dank für das Gespräch.
Prof. Dr. med. Michalsen ist seit 2009 Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde im Immanuel Krankenhaus Berlin und Inhaber der Stiftungsprofessur für klinische Naturheilkunde am Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité-Universitätsmedizin Berlin. Als Facharzt für Innere Medizin promovierte er im Bereich Kardiologie und bildete sich außerdem in den Bereichen Notfall-/Rettungsmedizin und Naturheilverfahren fort. Zu seinen Fachgebieten gehören u.a. Physikalische Medizin und Balneologie, Ernährungsmedizin, Akupunktur und Mind-Body Medizin.
Zitat: »Moderne Naturheilkunde ist durch ihre Verwurzelung in der weltweiten traditionellen Medizin die angemessene globale Medizin.«
ProLon® ist die patentierte Scheinfasten-Diät, basierend auf der langjährigen Forschung von Prof. Valter Longo. In Deutschland und Österreich wird ProLon® von ICE AESTHETIC® vertrieben. Damit erweiterte das Berliner Unternehmen, das vornehmlich auf Kryolipolyse und nachhaltiges Body-Contouring spezialisiert ist, 2019 im Rahmen der Untermarke ICE AESTHETIC® Beauty . Health . Nutrition sein Spektrum um ein wissenschaftlich fundiertes Ernährungsprogramm.