Für Sie referiert
Wasserstrahl-assistierte Eigenfettaugmentation
Brustvergrößerung/Rekonstruktion mit Eigenfett
INTERVIEW MIT HERRN DR. MED. THOMAS B. TORK
Die Brustvergrößerung/Rekonstruktion mit Eigenfett ist ein Eingriff, den Sie erstmalig in der zweiten Hälfte der 90er Jahre als Oberarzt der Uniklinik Münster durchgeführt haben. Wie urteilen Sie über diese Methode aus heutiger Sicht?
Zwei Ergebnisse in einer Operation oder auch die Worte „Zwei Fliegen mit einer Klappe“ beschreiben gut den synergistischen Effekt dieses Therapiekonzeptes, dass neben der angestrebten Vergrößerung des Busens – ohne den Einsatz von Fremdkörpern – einen zusätzlichen Gewinn an Körperproportionierung durch die Beseitigung störender sport- und diätresistenter Fettdepots gewährleistet. Damals ging es in erster Linie darum, einen sehr aufwändigen Eingriff wie zum Beispiel den Latissimus Dorsi Lappen zu vermeiden und stattdessen einen für die Patientinnen weniger belastenden Eingriff mit einem ästhetisch ansprechenden Resultat zu erzielen, und das nahezu frei von zusätzlichen Narben.
Könnten Sie die von Ihnen eingesetzte Methode der Brustvergrößerung mit Eigenfett etwas genauer beschreiben?
Bei der aktuellen Methode wird mit einem fächerförmigen Wasserstrahl auf sanfte Weise das Fettgewebe aus den vom Patienten gewählten Bereichen entnommen, gesammelt, gereinigt und während der gleichen Prozedur wieder in die Brust reimplantiert. Dies wird mit Hilfe eines geschlossenen, sterilen Systems (bodiget® und LipoCollector®) durchgeführt.
Dadurch wird die Operation aus technischer Sicht vereinfacht und erheblich professionalisiert.
Wie viele Patienten haben Sie bisher mit dieser wasserstrahl-assistierten Liposuktion (kurz WAL) -Methode behandelt? Wie hoch ist etwa der Anteil der ästhetischen Behandlungen im Vergleich zu den rekonstruktiven Behandlungen bei Patientinnen mit Asymmetrie oder nach Brustkrebs?
Mittlerweile habe ich deutlich über 1.000 WAL’s durchgeführt und gerade auch im Vergleich zu den anderen Verfahren die gewebeschonende und insbesondere unter Zeitaspekten sehr effektive Methode zu schätzen gelernt. In meinem heutigen Patientenkollektiv sind rekonstruktive Eingriffe aber eher die Ausnahme, im Gegensatz zu meiner Zeit in der Universitätsklinik, wo naturgemäß fast ausschließlich rekonstruktive Indikationen behandelt wurden.
Wie lange dauert dieser Eingriff?
Einschließlich der Fettabsaugung und des Eigenfettaufbaus werden insgesamt etwa 1,5 Stunden benötigt.
Muss das gewonnene Fettgewebe vor der Re-Injektion besonders behandelt werden?
Nein. Grundsätzlich ist es so, dass der Erfolg umso besser ist, je weniger das Fettgewebe manipuliert, also traumatisiert, wird. Beim wasserstrahl-assistierten Fetttransfer ist zum Beispiel keine Zentrifugation des Fettgewebs-Aspirats nötig!
Der Wassergehalt des auf diese Weise gewonnenen Fettgewebes beträgt etwa 20–25%. Dies erleichtert die Verteilung des transplantierten Gewebes im Empfängergewebe. Mittlerweile wissen wir, dass die Überlebensrate der Fettzellen auch davon abhängt, dass sie möglichst wenig traumatisiert werden.
Was ist bei der Gewinnung des Fettgewebes und der anschließenden Re-Injektion in die Brust besonders zu beachten?
Das Fett sollte mit geringem Sog (maximal 500 mbar) gewonnen werden und bei der Re-Injektion in dünnen multiplen Schichten oder Linien wieder eingebracht werden. Beim sogenannten Micrografting ist es besonders wichtig, die Re-Injektion ausschließlich im subkutanen oder subglandulären Bereich der Brust vorzunehmen, auf keinem Fall im Drüsengewebe.
Welche Erfahrungen haben Sie bezüglich der Überlebensrate des transplantierten Fettgewebes?
Unter Würdigung unserer Ergebnisse aus den 90er Jahren war nach klinischer Beurteilung mit einer Anwachsrate von etwa 60–70% des injizierten Volumens auszugehen, wobei von hypertrophen Narben und Defekt-Situationen bis zu verschiedenen Formen der Lipodystrophie unterschiedliche Indikationen mit Eigenfett behandelt wurden. Aktuell sind im Aspirat nach WAL über 90% lebender Fettzellen nachgewiesen worden und beim oben beschriebenen Micrografting sind die auch in der Literatur* genannten Anwachsraten von etwa 80% zu erzielen, wobei das etwas 60–70% des injizierten Volumens entspricht, da immer auch etwas Flüssigkeit im Aspirat verbleibt, die später im Gewebe resorbiert wird. (*In der Literatur sind Anwachsraten von 76 ± 11% dokumentiert [1].)
Gibt es Erfahrungen über mögliche Risiken oder Nebenwirkungen dieser Methode?
Zunächst einmal ist die sorgfältige Aufklärung der Patienten in diesem Zusammenhang zu nennen, damit die Erwartungshaltung den erzielbaren Ergebnissen entspricht. Aus forensischen Erwägungen und unter Dokumentationsaspekten lasse ich bei Patientinnen jenseits des 35. Lebensjahres eine Mammographie durchführen.
Gleichwohl ist aus der Literatur keine erhöhte Tumorinzidenz zu entnehmen. Aus Italien sind Studien bekannt, die über einen 10-Jahreszeitraum Patientengut analysiert haben. (Prof. Rigotti, Universität Verona). Eine weitere bekannte Komplikation ist die Bildung von narbigen Knoten oder Ölzysten. Hierbei scheint nach meinen Erfahrungen besonders wichtig zu sein, das Micrografting konsequent durchzuführen und keine zu großen Fettmengen konzentriert im Empfängergewebe zu implantieren. Hier ist also nicht die Methode, sondern eher die Erfahrung des Operateurs als determinierender Faktor zu nennen. In der Literatur gibt es keine Hinweise auf mögliche Gefährdungen oder gar Tumorinduktionen [2].
Verwenden Sie die Wasserstrahl-Technik auch im Gesichtsbereich?
Ja, ich wende ein Verfahren an, dass eine besonders schonende Variante des SMAS Liftings darstellt – bekannt unter dem Namen Aqualift –, bei dem die Präparation mittels body-jet® (Hydrodissektion) zum Einsatz kommt. Hierbei macht man sich die gewebeselektive, schonende Kraft des Wasserstrahls zunutze; für die Patienten resultieren aus diesem Verfahren ein geringeres Risiko an Nervenverletzungen, signifikant weniger Hämatome und eine kürzere OP-Dauer. Durch das Repositionieren der Weichteile im Sinne eines SMAS-Lift (Superfizielles-Muskulo-Aponeurotisches-System) bei konsequenter Einbeziehung der anatomischen Strukturen des jeweiligen Patienten lässt sich ein natürliches jugendliches Aussehen rekonstruieren.
Haben Sie Erfahrungen hinsichtlich der Fettaugmentation im Gesichtsbereich, bei der das eigene Fettgewebe als natürlicher Filler verwendet wird?
Ja, bereits vor 15 Jahren haben wir z.B. bei Hemiatrophia faciei, einer Form der Lipodystrophie mit gutem Erfolg mit Eigenfett gearbeitet.
Herr Dr. Tork, ist das Eigenfett der natürliche Filler der Zukunft?
Es kommen interessante Ergebnisse und Anregungen aus verschiedensten Bereichen der Medizin im Hinblick auf die Verwendung von Eigenfett. So wird z.B. mit gutem Erfolg bei Stimmbandläsionen mit Eigenfettunterspritzung gearbeitet und der hautverjüngende Effekt bei der Behandlung von Handrücken oder Unterspritzung von Narben ist bekannt, aber hinsichtlich seiner Ursachen und Stammzell-Effekte noch nicht vollumfänglich geklärt.
Hier wird die Zukunft noch weitere spannende Neuerungen für uns bringen, die für Therapeuten wie für Patienten gleichermaßen interessant sind.
Das Interview führte Inge Matthiesen.
Literatur:
1. K. Ueberreiter, J. G. von Finckenstein, F. Cromme, C. Herold, U. Tanzella, P. M. Vogt: BEAULI ™ – eine neue Methode zur einfachen und zuverlässigen Fettzell-Transplantation. Handchir Mikrochir Plast Chir 2010; 42: 379–385.
2. H.-O. Rennekampf, K. Reimers, C. J. Gabka , G. Germann, R. E. Giunta, K. Knobloch , H. G. Machens, N. Pallua, K. Ueberreiter, D. von Heimburg, P. M. Vogt.: Möglichkeiten und Grenzen der autologen Fetttransplantation – „Consensus Meeting“ der DGPRÄC in Hannover, September 2009. Handchir Mikrochir Plast Chir 2010; 42: 137.– 142
„Die Risiken der autologen Fetttransplantation sind bei korrekter Technik eher gering; eine Tumorinduktion durch die Transplantation von Fett-, Stroma- und Stammzellen aus abgesaugtem Fett erscheint derzeit unwahrscheinlich.“