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Werberecht, Rabatt- und Bewertungsportale – was darf man nun und was geht nicht?

Vortrag auf der 5. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Botulinumtoxin-Therapie e.V.

Die Debatte um die Werbemöglichkeiten des Arztes hat mit der rasanten Entwicklung des Internets zunehmend an Brisanz gewonnen. Gerade im Bereich der ästhetischen Medizin informieren sich Patienten online nicht nur über Art und Qualität der ärztlichen Leistungen, sondern auch über Preise. Es ist verführerisch, die damit verbundenen Chancen für das Praxismarketing zu nutzen. Nach wie vor setzen jedoch das Berufsrecht und das Heilmittelwerbegesetz Schranken.

GROUPON UND CO. – WERBUNG MIT RABATTEN

Ist es nur Geschmackssache, ob man als Arzt für seine Leistungen mit Rabatten wirbt? Die Rechtsprechung setzt hier bislang enge Grenzen. Zum einen wird die aggressive Preiswerbung mit Preisnachlässen bis zu 70% für unvereinbar mit dem ärztlichen Berufsrecht gehalten. Zum anderen sind heilmittelwerberechtliche Gerichtspunkte zu berücksichtigen. Soweit der Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes eröffnet ist, was bei der Werbung für Behandlungen mit Botulinumtoxin als Arzneimittel sowie für operative plastisch-chirurgische Eingriffe jedenfalls der Fall ist, greifen konkrete Verbotstatbestände. § 7 HWG enthält weitgehende Einschränkungen der Werbung mit Zuwendungen und sonstigen Werbegaben, soweit es sich um die Werbung für Arzneimittel sowie operative plastisch-chirurgische Eingriffe handelt.

Die Werbung mit Fixpreisen verstößt darüber hinaus gegen die Gebührenordnung für Ärzte, da Rabatte von bis zu 70% nicht mit der Verpflichtung des Arztes vereinbar sind, ein angemessenes Honorar zu berechnen. Die Abrechnung zu Pauschalpreisen verstößt ferner gegen die Bindung an eine Abrechnung nach der GOÄ, sprich nach Abrechnung unter Zugrundelegung von Gebührenordnungsposition und Steigerungssatz.

Festzuhalten bleibt: Verboten ist nicht die Preiswerbung als solche, solange dabei klargestellt wird, dass es sich um Kostenschätzungen handelt und eine Abrechnung nach GOÄ erfolgt. Unzulässig ist jedoch die Werbung mit Pauschalpreisen und aggressiven Preisvorteilen unter Abkehr von der GOÄ.

WERBUNG MIT PREISAUSSCHREIBEN UND GUTSCHEINEN

Hinsichtlich der Werbung mit Preisausschreiben und Gutscheinen ist die Rechtsprechung differenziert. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Zahnarzt grundsätzlich nicht gehindert, mit Preisausschreiben für sein Angebot zu werben, solange die Preise untergeordneter Natur sind (z.B. Zahnbürste) und keine invasiven Eingriffe verlost werden – dies trotz explizitem Werbeverbot im HWG. Dagegen soll die Abgabe von Gutscheinen für ärztliche Leistungen generell unzulässig sein, ein Widerspruch, der schwer zu greifen ist.

Richtigerweise ist auch hier nach der Art der Leistung zu differenzieren. Invasive oder in anderer Form den Patienten gefährdende Leistungen dürfen auf keinen Fall Inhalt eines Gutscheins sein, da hier stets die Gefahr besteht, dass der Patient sich durch sachfremde Gesichtspunkte beeinflussen lässt. Die Werbung für einen Geschenkgutschein für Faltenunterspritzungen wäre daher problematisch.

Ferner sind auch bei der Gutscheinwerbung die Berufsordnung und die GOÄ zu beachten, die der kostenfreien Erbringung ärztlicher Leistungen entgegenstehen. Ein eindeutiges Verbot besteht für die Arzneimittelwerbung. So untersagt § 11 Abs. 1 Ziff. 14 HWG ausdrücklich die Werbung für Arzneimittel mittels der Abgabe von Gutscheinen. Dies betrifft auch die Behandlung mit Botulinumtoxin.

BEWERTUNGSPORTALE

Auch der Umgang mit Online-Bewertungsportalen, wie diese nicht nur von privaten Anbietern, sondern auch von Krankenkassen betrieben werden, gewinnt für das Praxismarketing an Bedeutung.

Beschränkte sich die Fragestellung in der Vergangenheit darauf, ob und wie gegen Negativbewertungen seitens der Nutzer vorgegangen werden kann, rückt nunmehr die Frage in den Fokus, ob es für den Arzt zulässig ist, in einem derartigen Bewertungsportal mit einem bezahlten Eintrag und damit einer Premium-Site zu werben. Seitens einzelner Ärztekammern wird dies in Frage gestellt; eine entsprechende Bewerbung unterfalle dem Verbot berufswidriger, anpreisender Werbung.

Diese Auffassung geht fehlt. Mit der Novellierung des ärztlichen Werberechts in der Musterberufsordnung für Ärzte stehen dem Arzt sämtliche Werbemedien offen, damit auch sämtliche Verzeichnisse und somit auch Bewertungsportale. Berufsrechtliche Schranken greifen erst dort, wo zusätzliche Aspekte zur Berufswidrigkeit führen, etwa wenn beim Nutzer über Art und Authentizität der Inhalte getäuscht wird. Wird etwa bei zahlenden Kunden mit negativen Bewertungen anders umgegangen, als bei solchen Ärzten, die lediglich mit einem kostenfreien Basiseintrag, gegebenenfalls noch wider ihren Willen, im Portal vertreten sind? Ferner ist zu fragen, ob es das Gebot der Kollegialität verletzt, wenn bei der Suche nach einem konkreten Arztnamen der direkte Konkurrent als Werbebanner eingeblendet wird.

PREISVERGLEICHSPORTALE

Preisvergleichsportale sind aus dem Internet nicht wegzudenken und gewinnen auch in der Medizin an Bedeutung. Unterschiedliche Portale biete dem Nutzer die Möglichkeit, nachgefragte Leistungen, gegebenenfalls sogar anhand eines Heil- und Kostenplans des Behandlers, in das Internetportal einzustellen. Registrierte Ärzte haben die Möglichkeit, auf diese Leistungsnachfragen Angebote abzugeben.

Nach Ablauf einer bestimmten Zeit werden den Nutzern die preiswertesten Kostenschätzungen der registrierten Ärzte bekannt gegeben. Das Portal finanziert sich über einen prozentualen Anteil am Behandlungshonorar bei erfolgreicher Vermittlung. Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Bundesgerichtshof haben hier überraschend liberale Entscheidungen gefällt. Soweit es sich um Behandlungen handelt, bei denen die vorherige Untersuchung für die Abgabe einer Kostenschätzung nicht erforderlich ist, seien keine Gemeinwohlbelange erkennbar, die ein Verbot des Preisvergleichs erfordern.

Es sei nicht Aufgabe des Berufsrechts, den Arzt vor Konkurrenz durch Kollegen zu schützen. Letztendlich erleichtere die Plattform dem Patienten den Preisvergleich und die Kontaktanbahnung zu interessierten Leistungsanbietern. Ein gesetzliches Verbot von Preisvergleichsportalen käme daher einer grundrechtswidrigen Beschränkung der Berufsfreiheit gleich. Auch hier ist die berufsrechtliche Debatte noch lange nicht abgeschlossen.

ZWEITMEINUNGSPORTALE

Ähnliches gilt für Internetportale, die die Vermittlung einer Zweitmeinung anbieten. Je nach Komplexität des Eingriffs gilt auch hier, dass das Patienteninteresse, eine Zweitmeinung zu einem geplanten Behandlungsschritt einzuholen, höher wiegt, als das Interesse des erstbehandelnden Arztes, nach entsprechender Vorarbeit z.B. durch Erstellung eines Behandlungsplans nicht aus dem Wettbewerb gedrängt zu werden.

Im Einzelnen wird die Abgrenzung, wann eine Zweitmeinung seriöserweise ohne persönliche Untersuchung des Patienten abgeben werden kann, schwierig bleiben. Ebenso die Frage, welche Angaben seitens des Patienten erforderlich sind, um eine Basis für einen Behandlungsvorschlag bzw. eine konkrete Zweitmeinung zu schaffen. Dabei obliegt es jedoch dem Arzt, über das Zweitmeinungsportal die notwendigen Angaben beim Patienten anzufordern oder eben klarzustellen, dass eine Beurteilung ohne persönliche Untersuchung nicht möglich ist – die natürlich angeboten werden kann. Ein besonderes Augenmerk ist in diesem Zusammenhang auf den Datenschutz zu werfen: Gewährleistet der Dienst des Internetportals das hohe Gut des Arztgeheimnisses und wie weit reicht die Einwilligung des Patienten, dort Daten einzustellen?

ZUSAMMENFASSUNG

In Ärzteschaft und Rechtsprechung wird die Diskussion um die Zulässigkeit neuer Werbemittel kontrovers geführt. Meist ist es die Rechtsprechung, die unter dem Gesichtspunkt des Grundrechts auf freie Berufsausübung mit überkommenen Verboten aufräumt – dies immer dann, wenn das Informationsinteresse des Patienten im Vordergrund steht und der Patientenschutz eine Einschränkung nicht erfordert.

Dem Praxismarketing stehen damit wichtige neue Möglichkeiten offen. Es gilt, den Rahmen hierfür zu kennen und zu nutzen!

 

 

Korrespondenzadresse:

Dr. Gwendolyn Gemke

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht

Sozietät Hartmannsgruber Gemke Argyrakis & Partner

August-Exter-Straße 4

D-81245 München

www.med-recht.de

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