PDO Fadenlifting – Auf den Punkt gebracht

Fadenlifting ist momentan ziemlich en vogue und hat sich zu einer beliebten minimal invasiven Behandlungsmethode etabliert. Wir gehen den Fragen nach, worauf neben der großen Popularität auch die Kritik begründet ist, für welche Patienten sich die moderne Behandlungsmethode zur natürlichen Straffung der Gesichtshaut eignet und welche die gefragtesten Indikationen sind. Wir sprachen mit Frau Dr. Julia Berkei und Herrn Dr. Ahmed Elzebair und Dr. Julia Berkei, beide Fachärzte für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie in Frankfurt am Main.

 

KM: Behandlungen mit Fäden hatten lange Zeit ein weniger seriöses Image in der Ästhetik-Branche. Mittlerweile hat sich das Verfahren auf der internationalen Bühne und auch hier in Deutschland durchgesetzt und man kann eine regelrechte Welle der Begeisterung spüren. Wann kam es Ihrer Meinung nach zum großen Durchbruch der Fäden?

 

  1. Elzebair: Je mehr Ärzte mit Fäden arbeiten, umso größer wird natürlich die Popularität. Weiters findet man in den gängigen wissenschaftlichen Journalen immer mehr Studien zu Fäden und ihrer Anwendung als auch Vergleiche zu anderen Biostimulatoren. Publikationen in wissenschaftlichen Journalen verleihen einem Behandlungsverfahren einen anderen Touch und eine gewisse Seriosität. Man könnte sagen, es ist kein Hokuspokus mehr. Wir haben es nicht mehr mit einem alleinigen Trend zu tun, sondern es ist wissenschaftlich nachweisbar, was das Verfahren tatsächlich kann. Das gibt auf alle Fälle zunehmend Vertrauen.

 

KM: Es gibt nichtsdestotrotz nach wie vor auch Kritiker der Fäden. Woran liegt das?

 

  1. Berkei: Kaum eine nichtoperative oder minimal-invasive Technik zur Behandlung altersbedingter Hautveränderungen polarisiert so sehr wie das Fadenlifting.

 

Zu einem gewissen Maße handelt es sich dabei wohl um eine Generationengeschichte: es gibt eine Generation von ästhetisch tätigen Ärzten, die den Fäden gegenüber nicht so offen sind und bevorzugen, bei fest etablierten Verfahren zu bleiben. Gerade Kollegen, die chirurgische Gesichtsstraffungen, also klassische Facelifts durchführen, stehen dieser Behandlungstechnik häufig kritisch gegenüber. Sie begründen dies damit, dass durch die Fibrose (Kollagen-Neogenese) im subkutanen Fettgewebe, die durch die Fäden verursacht wird, die Bedingungen für ein zukünftiges chirurgisches Facelift erschwert werden.

 

 

KM: Wie sehen Sie das? Ist diese Sorge begründet?

 

  1. Elzebair: Kollagen ist ein wichtiger struktureller Bestandteil des Hautbindegewebes.

Die Kollagensynthese (Kollagen-Neogenese) ist der Schlüsselfaktor zur Hautverjüngung und Verbesserung des Hauterscheinungsbildes. Tatsache ist, dass wir eine ganze Bandbreite an Verfahren haben, die alle darauf abzielen, die Fibroblastenaktivität und Kollagen-Neogenese anzuregen, wodurch sich die Haut strafft und Falten sichtbar reduziert werden. Dies betrifft fast alle Behandlungsverfahren wie beispielsweise Radiofrequenz, Mico-Needling oder Unterspritzungen mit Calcium Hydroxylapatit oder Poly-L-Milchsäure; all diese Verfahren entfalten ihre Wirkung durch Biostimulation. Welcher Typ von Kollagen durch welches Verfahren in der Tiefe erzeugt wird, ist unterschiedlich. PDO-Fäden verursachen eine Fibrose, durch die das Weichgewebe des Gesichts neuen Halt bekommt, was ein zukünftiges Facelifting unserer Erfahrung nach technisch nicht schwieriger macht.

 

KM: Das heißt also, würde man die Begründung, dass der Einsatz von Fäden ein Revision Facelift – wie man es vor 10 Jahren gemacht hat – erschwert, gelten lassen, würde dem zur Folge die komplette minimal invasive Medizin wegfallen?

  1. Elzebair: Genau so ist es. Sehr häufig führen wir auch solche Revision-Eingriffe, wie beispielsweise Revision-Rhinoplastiken durch.

 

 

KM: Welche Arten von Fäden gibt es und welche setzen Sie am liebsten ein?

 

  1. Berkai: Es gibt vor allem zwei Gruppen an resorbierbaren Fäden, die sich großer Popularität erfreuen: Poly-p-dioxanon (PDO) (Polycabrolacton=PCL) und Polymilchsäure (PLLA) – Fäden. Sie haben unterschiedliche Ansätze und ergänzen sich sehr gut. Die gängigsten Fäden sind sicherlich die PDO-Fäden. Diese verwenden auch wir am häufigsten, da das Anwendungsspektrum sehr breit ist und sie sich praktisch an jeder Stelle einsetzen lassen.

 

KM: Welche Patienten profitieren am meisten von einem Fadenlifting? Gibt es Patienten, die eher für eine Hyaluronsäure-Filler-Behandlung und Patienten, die eher für ein Fadenlifting geeignet sind?

 

  1. Berkai: Eine fundierte Gesichtsanalyse ist die Grundlage vor jeder ästhetischen Behandlung, um festzustellen, welche Veränderungen der Haut stattgefunden haben. Im Zuge des Hautalterungsprozesses findet man eine Abnahme von Volumen, eine Veränderung der Hautoberfläche – also der Poren, Pigmente, Hautdicke und Elastizität – sowie eine nachlassende Konturierung vor. Wenn man ein sehr elegantes, schönes Ergebnis erzielen möchte, muss man alle drei Komponenten adressieren: man muss verlorenes Volumen wiederherstellen, die Konturen definieren und gleichzeitig die Hautoberfläche, den glow, mitbehandeln. Deswegen ist eine Kombination unterschiedlicher Verfahren in jedem Fall sinnvoll.

 

Patienten, die Volumen brauchen, benötigen meist auch eine gewisse Re-Konturierung des Gesichtes; nennen wir es eine Verfeinerung der Konturen. Das kann mit Fäden wunderbar gemacht werden. Mit Fäden kann man allerdings kein Volumen erzeugen, dafür braucht man Hyaluronsäure oder andere dermale Filler. Mit Hyaluronsäure oder anderen Substanzen hingegen lässt sich zwar Volumen wiederherstellen, aber kein Lifting erzielen.

 

 

KM: Können Sie sagen, dass tendenziell vollere Gesichter eher für Fäden geeignet sind und weniger für Filler? Hingegen sehr hagere, schmale, sportliche Patienten, sich eher für Hyaluronsäure-Behandlungen eignen und nicht für Fäden?

 

  1. Elzebair: Ich glaube, dass grundsätzlich jede Haut von Fäden profierten würde, umgekehrt würde jedoch nicht jede Haut von Hyaluronsäure profitieren.

 

Durch den Einsatz von Fäden können zwei wichtige Komponenten gleichzeitig behandelt werden: einerseits kann ich die Konturen, die Gesichtszüge, definieren, andererseits kann ich auf lange Sicht gesehen auch Kollagen erzeugen und damit die skin quality, die Qualität, das Volumen und die Dicke der Haut, verbessern.

 

Generell zeigt die Behandlung mit Fäden bei jüngeren Patienten und Patientinnen meist bessere Ergebnisse als bei älteren. Im fortgeschrittenen Alter lassen sich mit einem Fadenlifting deutlich abgesunkene Weichteilstrukturen nur unzureichend verbessern. Fadenlifting eignet sich hingegen hervorragend, um moderat abgesunkene Regionen anzuheben.

 

KM: Haben Sie eine Empfehlung für die Wahl des Materials? Was ist Ihnen wichtig?

 

  1. Berkai: Ich rate jedenfalls auf Qualität und einen vertrauenswürdigen Hersteller mit langjähriger Expertise zu achten. Generell brauche ich bei Zugfäden eine konstante stabile Zugkraft im Gewebe, damit ich das Gewebe besser konturieren kann und mehr Akzente hineinbringen kann. Ein stabiler Halt ist auch für einen möglichst langanhaltenden Liftingeffekt in die gewünschte Richtung wichtig.

Uns steht aktuell eine große Auswahl an hochwertigen Fäden aus Polydioxanon (z.B. von Croma Pharma) für die Hautverjüngung und Hautlifting zur Verfügung. Grundsätzlich ist die Wahl der Fäden vom Patienten abhängig und meistens empfiehlt sich eine Kombination von unterschiedlichen Fäden und Materialien.

Die Auswahl reicht dabei von glatten Fäden, Monofilamentfäden (PDO Smooth Threads), unterschiedlichster Art bis zu kaltgepressten Liftingfäden mit Widerhaken (z.B. Croma Pharma – Princess Barb Anchor) in vielfältigen Formvarianten.

KM: Wieviel Jahre Erfahrung braucht man bis man einen guten Überblick hat?

 

  1. Elzebair: Die Erfahrung an Jahren festzumachen ist schwierig. Generell ist die Lernkurve bei Fäden relativ steil und die Technik der Anwendung ist relativ einfach. Ich denke dies erklärt auch die große Popularität der Fäden. Das Aufwendigste ist wahrscheinlich sich fundierte Kenntnisse der Anatomie anzueignen. Ich muss genau wissen, wie und in welche Schicht der Haut ich die Fäden platziere. Der zweite Punkt, der unheimlich wichtig ist, ist das Verständnis des Alterungsprozesses im Gesicht und der daran beteiligten Strukturen.

 

 

KM: Was ist die gefragteste Indikation hier in der Praxis und mit welchem Faden behandeln Sie diese?

 

  1. Elzebair: Momentan ist es wohl Jawline, also die Kieferlinie. Diese behandle ich in der Regel mit dem Princess Barb II 4 D und Anchor Fäden 18G oder 19G in 100mm.

 

KM: Im Bereich der Augen bilden sich Fäden mittlerweile fast schon zu etwas wie einem kleinen Konkurrenzprodukt zum Toxin aus. Wie bewerten Sie das?

 

  1. Berkai: Ich finde es wirklich großartig, was man mit Fäden im Augenbereich erreichen kann. Mit PDOs kann ich eine tolle, sogar spektakuläre Veränderung und Verjüngung des periorbitalen Bereiches auf eine sehr einfache Art und Weise erzielen. Dies ist bestimmt eine Region, die sehr dankbar für diese Art von Behandlung ist.

 

KM: Wie sieht die ideale Kombination beider Behandlungsverfahren im periorbitalen Bereich aus?

 

  1. Elzebair: Wir wissen, dass die Haut in der Unterlidregion relativ schnell altert, sie wird schnell dünner, zeigt mehr Falten, mehr Pigmente. Diesen Bereich zu revitalisieren ist generell sehr schwierig. Hier kommt die Stärke, der große Vorteil der Fäden ins Spiel: es wird eine Stimulation der Kollagenbildung in Gang gesetzt, was wiederum zu einer Verbesserung der Hautqualität, der Hautdicke und zu einer Reduktion der Pigmentierung führt. Man muss jedoch sagen, dass die Fäden kein Ersatz für ein Botulinumtoxin sind – definitiv nicht. Das Botulinumtoxin kann die ständige Bewegung der Orbikularmuskel reduzieren und dadurch die Entstehung von statischen Falten im lateralen Bereich verhindern. Das Botulinumtoxin bringt jedoch keine Verbesserung der Kollagensynthese. Die beiden Verfahren haben einen völlig unterschiedlichen Ansatzpunkt: ein optimales ästhetisches Ergebnis lässt sich durch eine Kombination beider Verfahren erreichen.

 

KM: 8-Punkt-Lifting mit Hyaluronsäure versus Lifting mit PDO-Fäden. Welche Methode setzen Sie wann ein?

A. Berkai: Beide Ansätze haben ihre Berechtigung: wenn wir Volumen wiederherstellen möchten, brauchen wir natürlich Hyaluronsäure, wenn wir einen Lifting-Effekt erzielen wollen, brauchen wir Fäden. Ich bin kein Anhänger der Meinung, dass man mit Hyaluronsäure liften kann. Mit Hyaluronsäure kann man wunderbar Volumen ersetzen und die Hautqualität verbessern.

 

KM: Wie gehen Sie mit Asymmetrien um?

J. Berkai: Asymmetrien lassen sich mit Fäden problemlos ausgleichen. Vom Prinzip her ist es nur notwendig die Richtung der entsprechenden Zug-Vektoren anzupassen, um eine Asymmetrie zu beheben und ein symmetrisches Ergebnis zu erreichen.

 

KM: Sehen Sie Indikationen, die selten gefragt sind, allerdings einen großen Mehrwert für Patienten hätten?

A. Elzebair: Patienten, die nach einer Nervenläsion im Gesichtsbereich (Fazialisparese) an einer Asymmetrie des Gesichts leiden, beispielsweise weil eine Augenbraue oder ein Mundwinkel gesenkt ist, und dadurch eine Gesichtshälfte asymmetrischer als die andere ist, können wir mit Fäden gut behandeln und die Asymmetrie ausgleichen oder zumindest positiv beeinflussen. Diese einfache, minimal invasive Maßnahme verhilft vielen Patienten zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität.

 

KM: Wie gestalten Sie eine Behandlung so schmerzarm wie möglich?

J. Berkai: Das ist ein sehr wichtiger Punkt: In der Ästhetik geht es darum, sich wohl zu fühlen. Ein Teil davon ist auch die Schmerzfreiheit bei der Durchführung der ästhetischen Behandlungen. Wenn ich ein schönes Ergebnis erreicht habe, aber die Patientin oder der Patient steht Tage danach vor dem Spiegel und sieht zwar ein tolles Ergebnis, denkt jedoch gleichzeitig an starke Schmerzen oder verbindet damit eine starke Veränderung durch Schwellung und blaue Flecken, dann ist das Wohlbefinden im Kern gestört worden. Ich finde es sehr wichtig, eine ästhetische Behandlung so gut es geht schmerzfrei durchzuführen. Gerade bei Fäden lässt sich das durch eine lokale Betäubung optimal erzielen. Dadurch haben Patienten keine Schmerzen und das ist unser Ziel. Bei sehr feinen Fäden reicht sogar eine Betäubungssalbe und wir brauchen nicht einmal ein lokales Anästhetikum.

 

Frau Dr. Berkei und Herr Dr. Elzebair, ich danke Ihnen für das Gespräch.

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