Ein Vorbild ist von uns gegangen – Nachruf: Univ.-Prof. Dr. Eva-Maria Kokoschka
Eva-Maria Kokoschka (geborene Schmid) kam in Wien zur Welt, wo sie auch die Schule besuchte, an der Universität Wien studierte und 1969 zur Doktorin der gesamten Heilkunde promoviert wurde. Nach kurzer allgemeinmedizinischer Ausbildung trat sie 1971 als Assistenzärztin in die damalige 2. Universitäts-Hautklinik in Wien ein, wo sie Ihre Ausbildung zur Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten unter der Leitung von Prof. Gustav Niebauer (1924-1988) absolvierte und 1975 abschloss. Wie Publikationen aus dieser Zeit belegen, galt ihr wissenschaftliches Interesse bereits in diesen ersten Jahren vor allem dem fortgeschrittenen Melanom, einer damals als unbehandelbar geltenden Erkrankung. Zu einem Zeitpunkt, als die Tumorimmunologie noch in ihren Kinderschuhen steckte, befasste sich Eva-Maria Kokoschka bereits mit der Immunpathologie dieser Erkrankung und ersten Versuchen zur Immuntherapie. Sie erhielt 1979 die Lehrbefugnis als Universitätsdozentin der Universität Wien und 1985 den Berufstitel einer Außerordentlichen Universitätsprofessorin. Ihre Tätigkeit als Oberärztin an der Klinik war vor allem durch ihre umfassende dermatologische Kompetenz in allen Teilgebieten des Faches gekennzeichnet. Zu ihren herausragenden, vorbildhaften und in ihren Schülern bis heute nachwirkende Leistungen während dieser Zeit gehört die Gründung und Leitung einer dermato-onkologischen Ambulanz, die vor allem der umfassenden Betreuung von Melanompatienten gewidmet war. Hier wurde eine dem damals aktuellsten Stand des Wissens entsprechend Behandlung aller Stadien der Erkrankung angeboten, von der Frühdiagnostik bis zur Palliativbehandlung und Begleitung sterbender Patienten, damals das unausweichliche Ende bei metastasierender Erkrankung. Einer der Autoren dieses Nachrufes (FT) hatte das Privileg, den Abschluss seiner studentischen und den Beginn seiner ärztlichen Ausbildung unter der Leitung von Eva-Maria Kokoschka an dieser Einrichtung absolvieren zu dürfen. Ihre Vermittlung der grundlegenden Bedeutung medizinisch-wissenschaftlicher Kompetenz, aber vor allem ihr persönliches Vorbild einer stets zuwendenden, geduldigen und freundlichen ärztlichen Haltung prägte seinen weiteren beruflichen Lebensweg nachhaltig.
Die Verdienste von Eva-Maria Kokoschka aus dieser Zeit sind vielfältig und umfassen neben der Patientenbetreuung und Forschung auch Administratives, wie ihre Tätigkeit als 1. Oberärztin der Klinik und ihre Einführung digitaler Erfassung von Patientendaten, Standes- und Fakultätspolitisches und Internationales. So war sie unter anderem aktiv rekrutierendes Mitglied der Melanomgruppe der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC), eingeladene Sprecherin bei einer Vielzahl nationaler und internationaler Kongresse und Autorin von über 100 wissenschaftlichen Publikationen, deren Zustandekommen durch kompetitive Grants gefördert und die mit Preisen ausgezeichnet wurden. Für kurze Zeit, bevor die beiden Wiener Universitäts-Hautkliniken im Jahr 1992 zusammengelegt und umstrukturiert wurden, wurde ihr die Leitung der 2. Hautklinik übertragen.
Besonders hervorzuheben ist das frühe Interesse von Eva-Maria Kokoschka an Hautalterungsprozessen und den damit verbundenen ästhetischen Herausforderungen. Zu einer Zeit, als die Befassung mit diesem Themenkomplex von den führenden Persönlichkeiten unseres Faches belächelt oder vehement abqualifiziert wurde, hat sie mit vorausschauender Unterstützung ihres damaligen Klinikvorstandes, Prof. Gustav Niebauer, die Bedeutung dieses nun in unserem Fach fest etablierten Bereiches erkannt und entwickelt. Als Prof. Niebauer 1986 die „Österreichische Gesellschaft für Ärztliche Kosmetologie und Altersforschung der Haut“ (heute „Österreichische Gesellschaft für Dermatologische Kosmetik und Altersforschung – ÖGDKA“) als erster Präsident gründete, wurde Eva-Maria Kokoschka als Kassierin eingesetzt und folgte, nach dem unerwarteten Tod Niebauers, als Präsidentin. Unter der Leitung von Eva-Maria Kokoschka wurde die ÖGDKA zu einer etablierten Institution mit nationaler und internationaler Vernetzung. In Anerkennung ihres Gründers erfolgte die Stiftung des „Gustav Niebauer Gedächtsnispreises“ für Forschung auf dem Gebiet der ästhetischen Medizin. Die regelmäßigen Tagungen und Fortbildungsveranstaltungen präsentierten bereits in den ersten Jahren und bis heute aktuelle Themen wie Haarforschung, Liposuktion, autologer Fetttransfer, Augmentation mit Fillersubstanzen, Psychodermatologie und endokrine Dermatologie, um nur einige zu nennen. Eva-Maria Kokoschka führte die ÖGDKA bis zum Jahr 2017 als Präsidentin und stand auch danach der Gesellschaft mit ihrer Erfahrung als Ehrenpräsidentin zur Verfügung.
Trotz vieler Ressentiments gelang ihr 2007 mit der Implementierung der Arbeitsgruppe Ästhetische Dermatologie und Kosmetologie der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie, die wissenschaftliche Repräsentation der Ästhetischen Medizin innerhalb der Fachgesellschaft sicherzustellen. So wurde auch 2007 das Ausbildungsmodell „Dermatologische Kosmetologie und Alterungsprävention der Haut“ vorgestellt und dieses Teilgebiet unseres Faches in die österreichische Ausbildungsordnung für Haut- und Geschlechtskrankheiten aufgenommen.
Im Jahr 2009 wurde Eva-Maria Kokoschka pensioniert, trat aber keineswegs in den Ruhestand, sondern führte zum Wohle ihrer Patienten ihre Ordination und zum Wohle unserer Gesellschaft auch ihre Tätigkeit im Vorstand der ÖGDKA mit voller Energie weiter.
Ihr Tod kam völlig unerwartet und hinterlässt uns in tiefer Trauer. Eva-Maria Kokoschka war eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die es verstanden hat, sich als Frau zu einer Zeit als die akademische Medizin von Männern dominiert wurde, durchzusetzen. Sie hat uns und unser Fach durch ihre Kompetenz, Unterstützung der Jungdermatologen, stetige Zuwendung zu ihren Patienten und mit ihrer vorbildlichen Menschlichkeit geprägt. Eva-Maria Kokoschka war eine liebevolle und fürsorgliche Lebensgefährtin, Mutter und Großmutter, sie hinterlässt zwei Geschwister, ihren langjährig treu verbundenen Mann, einen Sohn und drei Enkelkinder.
Für den Vorstand und die Mitglieder der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologische Kosmetik und Altersforschung:
Franz Trautinger
Kassier
Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten
Universitätsklinikum St. Pölten
Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften
Jolanta Schmidt
- Ehrenpräsidentin und Gründungsmitglied
Universitätsklinik für Dermatologie
Medizinische Universität Wien
Daisy Kopera
Präsidentin
Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie Graz
Medizinische Universität Graz