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Empfehlungen des Netzwerk Globalhealth: Aufbau einer Haarsprechstunde – Teil 2

Keywords | Summary | Correspondence | Literature


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Schlüsselworte

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Summary

Hair loss is one of the most serious problems in aesthetic medicine today. Since 2004, the Aesthetics Network within the Globalhealth Network has been working to develop new treatment standards for many aesthetic therapies. The MesoHair/PRP combination can be seen as the actual initial spark for this publication and the consequences that will hopefully follow. It raised the question of whether a combination of other components could possibly achieve even better results in the patients we treated. As part of DERM 2023, Michael Weidmann, MD and Hans Georg Dauer, MD, who has been dealing with the topic of hair loss for more than 30 years, therefore sat down with Dirk Brandl as moderator and we developed the initial outline of what we want to call the new hair consultation. Here we present part 2 of 3.

Zusammenfassung

Haarausfall ist eines der gravierenden Probleme der Ästhetischen Medizin heute. Seit 2004 arbeitet das Netzwerk Ästhetik innerhalb des Netzwerk Globalhealth daran, neue Therapiestandards für viele ästhetische Therapien zu entwickeln. Die Kombi MesoHair/PRP kann als eigentliche Initialzündung für diese Publikation und die damit hoffentlich einhergehenden Konsequenzen angesehen werden. Sie warf die Frage auf, ob eventuell eine Kombination weiterer Bausteine bei den von uns behandelten Patienten noch bessere Ergebnisse erzielen konnte. Im Rahmen der DERM 2023 setzten sich deshalb Dr. Michael Weidmann und Dr. Hans Georg Dauer, der sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Thema Haarausfall beschäftigt hat, mit mir als Moderator zusammen und wir entwickelten in den ersten Grundzügen das, was wir mit dem Begriff der neuen Haarsprechstunde bezeichnen wollen. Hier präsentieren wir Teil 2 von 3.


 

  1. Was Sie in Teil 2 der neuen Haarsprechstunde erwartet

 

DIRK BRANDL

Im Teil 1 (Nr. 1–9, KosMed 3, 2024) hatten unsere Netzwerk Autoren (Dr. Dauer, Dr. Weidmann, Dr. Lettko) viele wichtige Aspekte beleuchtet, die vor einer konkreten Therapie des Haarausfalls angesiedelt sind: Einige wesentliche Rahmenbedingungen

wie die therapeutischen und kommunikativen Kompetenzen der Behandler, die psychische Situation der Patienten, die aktuelle Diagnostik, die Darstellung verschiedener Alopezien und auch die Erläuterung der Leitlinien.

In diesem zweiten Teil werden sich die Netzwerk Autoren, die um Dr. Schugt in Nr. 14 erweitert werden, mit weiteren wesentlichen Aspekten des Aufbaus einer privaten Haarsprechstunde beschäftigen, nämlich den therapeutischen Bausteinen und zukünftigen Entwicklungen.

 

IM EINZELNEN:

Die Nr. 11 wird ein individualisiertes Therapieschema vorschlagen, welches ausgerichtet wird am Schweregrad des Haarausfalls. Die Autoren haben Vorschläge dazu erarbeitet, die durch folgende Kriterien bestimmt werden: Dauer des Haarausfalls, Anzahl der ausfallenden Haare pro Tag, psychische Belastung, Geschlecht, Fortschritt nach Norwood und Ludwig, Ergebnisse der angewandten Diagnostik.

 

Nr. 12 möchte vorschlagen, dass die neue Haarsprechstunde als offenes System betrachtet wird, welches je nach dem aktuellen Stand der eigenen Erfahrungen erweitert

werden soll. Hier werden einige interessante neue Ansätze beleuchtet und der jeweilige Status bewertet (Exosomen, künstliche Wachstumsfaktoren auf pflanzlicher Basis, Polynukleotide).

 

Der Teil mit der Nr. 13 wird die beiden Arzneimittelwirkstoffe Minoxidil und Finasterid beleuchten und dazu Empfehlungen aus der Praxis aussprechen, beides als Soforttherapie direkt nach der ersten Konsultation einzusetzen (STB).

 

In der Nr. 14 wird unser Basis-Therapiebaustein I (BTB I), die MesoHair Behandlung vorgestellt. Zu dem vom Netzwerk vorgeschlagenen Protokoll wollen wir zusätzlich das alternative Behandlungsprotokoll mit MesoHair des Kollegen Schugt aus Bochum vorstellen, weil er ein Vielanwender von MesoHair ist und abweichend von dem Netzwerk Protokoll mit seinem eigenen Protokoll sehr gute Ergebnisse erzielt.

 

Nr. 15 widmet sich der Versorgung mit Basissubstanzen durch unseren Basis-Therapiebaustein II (BTB II). Es gibt viele Produkte am Markt, die eine gute Rezeptur anbieten. Vom Netzwerk empfehlen wir Aminocarin und Aminocarin Vegan, weil unsere Mitglieder seit mehreren Jahren mit diesem Produkt arbeiten.

 

PRP wird in Nr. 16 im ersten Advanced-Therapiebaustein III (ATB III) vorgestellt, welcher dann entsprechend dem jeweiligen Schweregrad des Haarausfalls in Kombination mit MesoHair und Aminocarin eingesetzt wird.

 

Nr. 17 wird Needling (ATB IV) als Ergänzungstherapie beschreiben und aufzeigen, wann ein Einsatz sinnvoll ist. Mit Nr. 17 unserer Serie wird Teil 2 enden. Zu erwähnen ist, dass wir die in Nr. 12 angesprochenen potenziellen weiteren Bausteine gerade intensiv testen und erst dann Empfehlungen aussprechen, wenn diese Tests zu positiven oder negativen Ergebnissen führen. Im dritten Teil wollen wir zusätzlich das Thema Abrechnung ansprechen. Offen ist das Netzwerk für weitere Optionen, die gern von den Lesern an uns herangetragen werden können.

 

Weitere Informationen für alle nachfolgenden Artikel zusammengefasst:

 

FORTBILDUNGEN
Zwei Fortbildungen der Globalhealth Academy zum Thema Haarausfall, die die Inhalte der Nummern 1–17 aufgreifen und in die Praxis umsetzen sollen: Die Fortbildung zur neuen Haarsprechstunde und der Hands-On Workshop zu den drei regenerativen Therapien Meso, PRP und Needling.

 

Informationen für Ärzte

globalhealth-academy/

 

PRODUKTE
Die beschriebenen Produkte (MesoHair, PRP-Kit und Aminocarin) können über den Netzwerk Shop bezogen werden.

 

 

 

  1. Der Schweregrad als Entscheidungskriterium für die Anwendung der verschiedenen Therapiebausteine zur Individualisierung der Haarausfalltherapie

MICHAEL WEIDMANN UND HANS-GEORG DAUER

 

In einigen der von uns veröffentlichten Artikel haben wir auf verschiedene Notwendigkeiten hingewiesen, wenn eine Haarsprechstunde integriert werden soll. Wir würden hier ganz gern nochmals unsere Gedanken zu diesem Thema zusammenfassen, damit unsere Ziele in den richtigen Zusammenhang gestellt werden können.

 

Eine Haarsprechstunde funktioniert nur dann und ist therapeutisch und auch ökonomisch erfolgreich, wenn

 

  1. die Patienten vom Erfolg der Therapie überzeugt werden können. Unserer Ansicht nach ist grundsätzlich dazu ein strukturierter Aufbau der Haarsprechstunde nötig, der quasi als ein Gerüst angesehen werden kann, welches den Patienten Halt und Unterstützung gibt.

 

  1. die Struktur der Sprechstunde den Patienten vermittelt, dass die Behandlerin / der Behandler weiß, was sie/er tut. Dazu wurden von uns drei Materialien entwickelt, die einerseits Informationen vom Patienten zum Behandler und andererseits vom Behandler zum Patienten fließen lassen.

 

Diese Materialien sind:

 

  • Eine Anleitung zum Führen eines Haartagebuches mit einer Tabelle, in die die täglichen Zahlen des Haarausfalls eingetragen werden können.

 

  • Der bereits in Nr. 5 veröffentlichte Anamnesebogen. Er wird uns viele Infos zu den Patienten vermitteln, die wir zur Einschätzung der Situation dringend benötigen. Er ist so aufgebaut, dass gleichzeitig die Patienten Klarheit darüber erhalten, dass sich ihr Behandler intensiv mit Ihnen beschäftigt. Unserer Ansicht nach gibt es zum Thema Haarausfall keine Anamnese, die so detailliert und umfangreich Informationen erhebt wie unser Bogen. Das überzeugt.

 

  • Der individuelle Behandlungsplan (Abb. 1+2). Welche Kriterien können wir dafür ansetzen, die eine solche Individualität der Therapie gewährleisten? Dazu zunächst der Hinweis, dass der Behandlungsplan ein Arbeitsmittel ist, welcher dem Patienten den vom Behandler erarbeiteten Behandlungsvorschlag unterbreiten soll, und zwar auf Grundlage

 

– der Ergebnisse der Haartagebuches;

– der visuellen Begutachtung des Haarstatus durch den Behandler;

– der Bewertung der eventuell erhobenen Laborergebnisse;

– der Ergebnisse des Trichoscans, wo ein solcher empfehlenswert ist;

– der Einschätzung eines durch Gendiagnostik ermittelten Risikoscores.

– Das abschließende Beratungsgespräch, welches den Behandlungsplan vorstellt.

 

  1. auf Basis der Behandlungsvorschläge der Übergang von der Analyse zur Therapie schnell und ohne zeitintensive Aktivitäten erfolgt. Die Struktur mit ihren Materialien kann auch als vertrauensbildende Maßnahme gesehen werden, die die Entscheidungsfindung des jeweiligen Patienten verkürzt. Wir hatten ja bereits (Nr. 4) auf die psychische Situation vieler vor allem weiblicher Patientinnen hingewiesen.

 

Mit Hilfe dieser Struktur kann viel von den Ängsten zunächst einmal abfallen, weil sich die Patientin in guten Händen weiß.

 

Kommen wir nun zum Thema der Individualisierung. Der Behandler sollte viele Kriterien für die Einschätzung der Schwere des Haarausfalls hinzuziehen. Diese Kriterien jedoch sollten nur dazu dienen, dem Patienten ein einfaches Schema zur Behandlung seines Haarausfalls anzubieten.

 

Wir möchten deshalb den Begriff des Schweregrades des individuellen Haarausfalls einführen. Als wir uns erstmals mit dieser Thematik beschäftigten, stellten wir komplizierte Zusammenhänge und Kriterien auf, die letztendlich aber für die praktische Realisierung nur eine geringe Bedeutung und die Herangehensweise nicht vereinfacht haben.

 

Wir haben uns entschieden, in der Praxis nur drei Schweregrade von Haarausfall (SG 1–3) zu benennen. Zwei weitere Schweregrade (0 und 4) benennen Kriterien, die eine Therapie mit unseren Bausteinen ausschließen.

 

Therapierbare Schweregrade:

Schweregrad 1: leicht, Schweregrad 2: mittel, Schweregrad 3: schwer

Dazu kommen zwei Schweregrade, die zusätzlich berücksichtigt werden sollten.

 

Schweregrad 0: Es liegt kein Haarausfall vor. Wenn alle Analysen gezeigt haben, dass eine Therapie sinnlos ist, weil es sich ausschließlich um einen Eindruck, der psychisch determiniert ist, handelt, sollte keine Therapie angeboten werden.

 

Schweregrad 4: Der Haarausfall fällt nicht in die angebotenen Therapieschemata. Zum Beispiel kann diesem Patienten geraten werden, eine Haarimplantation durchzuführen oder die Person ist nicht mehr therapierbar.

 

Bevor wir auf unser relativ einfaches Schema näher eingehen, wollen wir jedoch hier nochmals alle Aspekte aufführen, welche den individuellen Behandlungsvorschlag auf Basis der oben beschriebenen Schweregrade und der jetzt nachfolgenden Entscheidungskriterien begründen sollen.

 

Neben den oben aufgeführten Kriterien für die Erstellung eines Behandlungsplanes sollten zusätzlich folgende Aspekte in die Individualisierung mit einfließen: Geschlecht, Alter, Dauer des Haarausfalls, psychische Belastung, Fortschritt nach Hamilton-Norwood und Ludwig.

 

Hier nun unsere Vorschläge:

 

DIE AKUTE SITUATION
Schweregrad 1 bezeichnet Patienten, die präventiv tätig werden wollen. Haarausfall könnte in Zukunft stattfinden, weil die Eltern mit diesem Problem zu kämpfen haben, , weil der genetische Risikoscore bei Männern dies vermuten lässt, weil andere Ängste vorhanden sind oder weil bereits Haare auszufallen beginnen. Diesen Patienten empfehlen wir unsere beiden Basisbausteine MesoHair und Aminocarin. Insbesondere männliche Patienten wollen hier vorbeugend behandelt werden. Die Behandlungsintervalle für MesoHair liegen bei halbjährlich bis zu monatlich. Das Aminocarin sollte 2x täglich vom Patienten eingenommen werden.

 

Unter Schweregrad 3 fallen Patienten, die ganz akute Probleme haben, entweder weil die Haare plötzlich in einem Ausmaß ausfallen, der über die 100 Haare am Tag weit hinausgeht oder die von ihrem Haarausfall so stark psychisch beeinflusst werden, dass sofort massiv eingegriffen werden muss. Hier sollte so schnell wie möglich gehandelt werden, also eine sofortige Ursachenforschung muss einsetzen, aber auch die uns zur Verfügung stehenden Therapien sollten sofort zum Einsatz kommen.

 

Schwieriger wird der richtige Aufbau der Therapie bei Schweregrad 2. SG 2 ist die größte Patientengruppe. Diese sollte nach den aufgestellten Kriterien stärker differenziert werden. Ist der Beginn des Haarausfalls länger oder kürzer als 2 Jahre her, wurden medikamentöse Therapien (Minoxidil oder Finasterid) bereits eingesetzt oder noch nicht, wie stark ist die psychische Belastung sind Fragen, die dazu führen sollten, den Therapievorschlag individuell zu bestimmen.

 

Die Variationen können auf die Behandlungsintervalle bezogen sein, auf die Sequenzen (zuerst MesoHair oder PRP, in Kombination mit Needling oder nicht) und natürlich muss auch die ökonomische Situation der Patienten berücksichtigt werden. Die Varianten werden klarer, wenn die einzelnen Therapiebausteine beschrieben sind. An dieser Stelle soll nur darauf hingewiesen werden, dass für SG 2 viele Varianten möglich sind.

 

BEHANDLUNGSAUFBAU
Der folgende Vorschlag für den Behandlungsaufbau bei SG 2 wird von H-G Dauer seit Jahren in dieser Form eingesetzt und soll deshalb auch dem Netzwerk als Grundlage dienen.

 

Schritt 1: Direkt nach der Erstkonsultation wird als Soforttherapie – unabhängig von der anschließenden Diagnostik – die topische Behandlung mit Tinkturen (Minoxidil oder Fynzur) empfohlen (siehe dazu auch Artikel Nr. 13).

 

Schritt 2: nach ca. 4 Wochen: ausführliches Auswertungsgespräch Haartagebuch und Anamnesebogen, Analyse Diagnostik Labor etc.

 

Je nach Ergebnis nach 4 Wochen der topischen Behandlung: Entweder Abbruch der Soforttherapie, falls sich überhaupt keine Entwicklung abzeichnet oder Beibehaltung. In jedem Fall dann Beginn der Netzwerk Therapie mit weiteren Therapiebausteinen.

 

Soll zunächst nicht sofort mit einer Kombination von MesoHair – Aminocarin – PRP begonnen werden, wollen wir hier zwei Kriterien für die Entscheidung für das eine (Meso-Hair-Aminocarin) oder andere (PRP-Aminocarin) zur Verfügung stellen:

 

Kriterium 1: Die Haare fallen stark bis sehr stark aus. Für den Fall ist die sofortige Behandlung mit Mesotherapie notwendig. Falls möglich pro Woche oder 14tägig je eine Behandlung nach Netzwerk Protokoll, insgesamt 6 Behandlungen.

 

Kriterium 2: Der Haarausfall ist da, aber begrenzt, dafür aber sind die vorhandenen Haare in keinem guten Zustand. Dann sollte zuerst mit PRP begonnen werden. 4 Behandlungen im Abstand von 4–5 Wochen.

 

Bei SG 2 mit stärkeren Problemen wird immer eine Kombination vorgeschlagen. Unsere Protokollvorschläge finden Sie in Artikel Nr. 16 (PRP).

 

Die Teilnehmer unserer Fortbildung zur neuen Haarsprechstunde erhalten alle drei Formulare (Haartagebuch, Anamnesebogen, Behandlungsplan) für die konkrete Arbeit in der Sprechstunde.

 

  1. Die neue Haarsprechstunde: ein offenes System

MICHAEL WEIDMANN UND HANS-GEORG DAUER

 

Schlendert man ein wenig über die nationalen und internationalen Kongresse, kann man erkennen, dass das Thema Haarausfall in der ästhetischen Medizin angekommen ist. Auf der IMCAS 2024 in Paris und dem AMWC-Kongress 2024 in Monaco gab es sowohl viele Vorträge als auch Produktangebote von vielen Unternehmen zu diesem Thema.

 

VERSCHIEDENE WIRKSTOFFE
Eine Vielzahl von Anbietern hat verschiedene Wirkstoffkombinationen entwickelt, die vor allem in der Mesotherapie angesiedelt sind. Bei einigen von diesen sollte die Frage erlaubt sein, inwieweit die angegebenen Wirkstoffe wirklich sinnvoll sind. Auch Polynukleotide werden mittlerweile für die Haarausfalltherapie angeboten.

 

Neben diesen Wirkstoffen aber gibt es weitere Therapieneuheiten, die auf anderen Wirkmechanismen beruhen. Wir möchten an dieser Stelle bereits auf diese eingehen und sie ein wenig zu systematisieren versuchen. Ein Ziel dieses Artikels ist, darauf hinzuweisen, dass unser Netzwerk sich mit diesen neuen Entwicklungen beschäftigt und jeweils zum gegebenen Zeitpunkt eine Integration in die Konzeption der Netzwerk Haarsprechstunde vornehmen wird. Zwar sind wir von den von uns angewendeten Therapiebausteinen überzeugt, wollen aber dennoch betonen, dass wir die Möglichkeiten, Haarausfall – insbesondere Androgenetische Alopezie und Alopezia Areata – positiv zu beeinflussen, keineswegs als ausgeschöpft ansehen.

 

WACHSTUMSFAKTOREN: EXOSOMEN, PRP, AGF’S
Ein großes Thema der diesjährigen Kongresse war das Thema Exosomen. Dies gilt nicht allein für den Haarausfall, sondern auch für Haut und Wundheilung. Wir werden uns zukünftig intensiver mit den Hoffnungen, Möglichkeiten und Risiken auseinandersetzen, wo möglich verschiedene Produkte testen. An dieser Stelle wollen wir zunächst nur beschreiben, welche Wirkmechanismen dahinterstehen und eine rechtliche Einordnung vornehmen. Exosomen waren bis vor kurzer Zeit noch vollständig unbekannt in der Medizin, sie waren höchstens einem sehr kleinen Kreis von wissenschaftlichen Spezialisten bekannt, die untersuchten, was das für Teilchen von Zellen waren und welche Funktion sie in unserem Zellsystem einnehmen. Nur deshalb können sie zu dem Hype führen, der auf den Kongressen ausgebrochen zu sein scheint.

 

Pan und Johnstone entdeckten Exosomen erstmals 1983, und 1989 definierten dieselben Wissenschaftler diese speziellen Vesikel als Exosomen [10–6, 10–7]. Exosomen sind zelleigene Vesikel mit einem Durchmesser von 40–100 nm, die aus endozytischen Kompartimenten stammen und in fast alle biologischen Flüssigkeiten freigesetzt werden [10–8]. Die mutmaßliche Hauptfunktion von Exosomen ist die Übertragung von molekularen Botschaften von Zelle zu Zelle. Exosomen unterscheiden sich von den Mikrovesikeln, die direkt von der Zellmembran abgesondert werden. Die zweite Klasse wird als Exosomen bezeichnet, bei der die Biogenese dieser Vesikel streng kontrolliert wird. Exosomen werden durch Exozytose freigesetzt, wenn multivesikuläre Körper mit der Plasmamembran verschmelzen [10–9, 10–10].

 

Die Hauptbestandteile einer exosomalen Membran sind Proteine und Lipide. Da Exosomen jedoch unterschiedliche Zusammensetzungen haben, können sie unterschiedliche Informationen an verschiedene Zellen weitergeben. Die Art der Zelle oder der Herkunftsort der Exosomen kann die Zusammensetzung, Funktion und die molekulare Botschaft, die sie transportieren, bestimmen [10–11, 10–12].

 

Die Rolle von Exosomen bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes und anderen pathologischen Zuständen ist bereits dokumentiert. Daher besteht die Möglichkeit, neue Ansätze für die Behandlung verschiedener Krankheiten zu entwickeln und umzusetzen, die sich auf Exosomen als therapeutische Ziele stützen [10–13]. Darüber hinaus wurden große Anstrengungen in die Untersuchung von Exosomen als Arzneimittelverabreichungssystem für die Therapie von Krebs und Autoimmun-/Entzündungskrankheiten investiert.

 

Soweit wir dies bestimmen wollen, handelt es sich bei exosomalen Botschaften, die von Zelle zu Zelle weitergegeben werden, um Botschaften, die in der Nähe von Zellen angesiedelt sind, die dieselbe Funktion innerhalb des Körpers haben. Dies wären bei den Haarfollikeln Botschaften, die bestimmte Wachstumsfaktoren zur Aktivität auffordern, die nicht aktiv sind, obwohl sie eigentlich für den Wachstumsprozess benötigt werden.

 

Und damit sind wir eigentlich bei unserem zweiten Kreis von Wirkmechanismen angelangt, nämlich den Wachstumsfaktoren. Deren Bedeutung wird ja definiert sowohl für die PRP-Therapie, als auch für die Exosomen, nur mit dem Unterschied, dass Exosomen keine Wachstumsfaktoren transportieren, sondern nur Botschaften an Wachstumsfaktoren versenden, um sie zur Aktivität zu motivieren. Beim PRP gewinnen wir aus dem Blut das plättchenreiche Plasma, in dem die Wachstumsfaktoren angesiedelt sind. Diese werden dann in die Kopfhaut injiziert, was dann dafür sorgt, dass sich die Konzentration der Wachstumsfaktoren dort erhöht, wo sie gebraucht werden, nämlich in der Kopfhaut.

 

Es gibt noch eine dritte Gruppe von Wachstumsfaktoren, die wir ebenfalls in unser zukünftiges Portfolio integrieren wollen, nämlich die künstlichen Wachstumsfaktoren (AGF = artificial growth factors). Einige Institute verschiedener Universitäten haben sich auf die Herstellung dieser Substanzen spezialisiert. Wir haben bereits mit diesen auf den Haarausfall zugeschnittenen Wachstumsfaktoren erste Tests gemacht.

 

Zu den Exosomen wäre zu sagen, dass nahezu alle Publikationen mit Exosomen gemacht wurden, die aus mesenchymalen humanen Stammzellen gewonnen wurden.

Eine größere Gruppe von Firmen ist in Korea ansässig, einige auch in den USA. Deshalb kommen die Studien und Publikationen auch aus diesen beiden Ländern.

 

Wir selbst haben starke Bedenken, diese Gruppe von Exosomen zu benutzen, denn unserer Ansicht nach lässt es die EU nicht zu, dass Therapien auf Basis humaner Zellen entwickelt werden. Das scheint in Korea, den USA und auch in Großbritannien anders zu sein. Einige der größeren Hersteller haben mittlerweile begriffen, dass sie in Europa Exosomen aus anderen Zellen gewinnen müssen, wenn sie hier eingesetzt werden sollen. Eine Firma beispielsweise operiert mit Stammzellen aus Rosen (Exocobio), andere haben verschiedene pflanzliche Exosomen im Test. Allerdings sind die von uns in unserer Literatur aufgeführten Studien und Publikationen mit mesenchymalen humanen Stammzellen durchgeführt worden.

 

Eine erste Firma bietet Exosomen aus Rosen als kosmetische Produkte an. Auch die künstlichen Wachstumsfaktoren werden von einer amerikanischen Firma als kosmetisches Produkt angeboten. Ein deutscher Kosmetikhersteller hat für die Haut ebenfalls ein kosmetisches Produkt entwickelt.

 

Unser Fazit zum Wirkmechanismus der Arbeit mit Wachstumsfaktoren, wie auch immer diese auf den Wachstumsprozess der Follikel einwirken sollen, ist folgendermaßen:

 

Neben den Wirksubstanzen der Mesotherapie sind Growth Factors wichtige, den Haarwachstumsprozess beeinflussende Faktoren (1–12).

 

Da die Medizinpolitik Haarausfall aus der Medizin ausgrenzen will und sie stattdessen dem Lifestyle zuordnet, ist es kein Wunder, dass die neuen Substanzen als kosmetische Produkte angeboten werden. Dies scheint geradezu eine Konsequenz der Ausgrenzung der Indikation Haarausfall als „Nichtkrankheit“ (von den Versicherungen als Lifestyle Problem bezeichnet).

 

Wenn es sich um Produkte handelt, die kosmetisch deklariert sind, stellt sich mithin sofort die Frage, ob diese die Hautbarriere durchdringen. Dies können sowohl in den Produkten enthaltene Liposomen oder Nano-Liposomen sein, dies können aber auch andere Verfahren sein, die zur Hilfe genommen werden. Wir wollen hier nur einige Möglichkeiten aufzählen, werden uns aber in Zukunft noch intensiver damit auseinandersetzen: Needling oberhalb einer Tiefe von 0,5 mm, Laser, Radiofrequenz können als Kombinationsverfahren bezeichnet werden, die heute schon kosmetische Produkte durch Kombination zum Beispiel mit einem Thuliumlaser in der Wirkung intensivieren.

 

WEITERE THERAPIEMÖGLICHKEITEN
Die Wirkung von LED’s in Kombination mit AGF’s wurde bereits getestet. Auch die Publikationen zu den LLL Therapien (= Low Laser Light) sollen hier zumindestens angeführt werden, weil sie auch Bestandteil der Empfehlungen sind.

 

Allerdings sind die Ergebnisse der Singulärtherapie weniger erfolgreich. LED als Medium, um Wachstumsfaktoren stärker zu aktivieren, könnten allerdings gute Erfolge durch Synergien mit sich bringen. Auch die Wirkung von Polynukleotiden muss noch weiter untersucht werden.

 

  1. Bausteine für die Soforttherapie (STB) mit Minoxidil und Finasterid

MICHAEL WEIDMANN UND HANS-GEORG DAUER

 

Uns erscheint es sehr wichtig, Patienten, die mit einem Haarausfallproblem in die Haarsprechstunde kommen, sofortige Hilfe anzubieten unabhängig von der Diagnostik und allen anderen Werkzeugen, die wir in die Sprechstunde eingeführt haben. Bereits 2009 haben wir die Therapie mit MesoHair erst dann ausgeführt, wenn die Patienten zuvor mit Minoxidil oder Finasterid behandelt worden waren. Wir möchten dies hier in veränderter Form wieder aufgreifen, um den Patienten zu zeigen, dass wir einerseits sehr sorgfältig analysieren, andererseits aber auch durch schnelles Handeln auf ihre Probleme eingehen wollen.

 

ZWEI WICHTIGE ASPEKTE BEIM EINSATZ VON MINOXIDIL UND FINASTERIDE
Zum einen ist der Zwiespalt zu klären, dass einerseits die meisten Studien zu diesen beiden Arzneimitteln vorliegen, andererseits aber auch die veröffentlichten Ergebnisse durchaus diskussionswürdig sind und auch unsere eigenen Erfahrungen widerspiegeln.

Zum anderen hat es in jüngster Zeit Publikationen gegeben – wir hatten dies bereits in Artikel Nr. 9 angesprochen –, dass bei sehr wenigen männlichen Patienten zwei gravierende Nebenwirkungen bei der jahrelangen Einnahme von Finasterid aufgetreten sind, die man auch bei der geringen Anzahl betroffener Patienten in Betracht ziehen muss, nämlich das Aufkommen von Depressionen mit der Gefahr von Suiziden und das Thema des Libidoverlustes und damit einhergehender Impotenz [8–11 bis 8–32].

 

Zum ersten Aspekt ist zu sagen, dass beide Wirkstoffe kontinuierlich eingenommen werden müssen, sonst setzt der Haarausfall wieder ein. Bei wie vielen Patienten tatsächlich eine Wirkung (welche? Stopp Ausfall, Stärkung der verbliebenen Haare, Initiation neuen Wachstums?) eintritt, muss ebenfalls betrachtet werden.

 

Man muss ehrlicherweise anmerken, dass für unsere Entscheidung, nur noch das topische Finasteride in einer Dosierung von 2,275 mg/ml einzusetzen statt der oralen Variante, noch keine großen und langen Studien zur Grundlage hat. Diese werden hoffentlich zukünftig zur Verfügung stehen. Wir möchten dennoch einige Publikationen hier anführen mit der Autoreneinschätzung zu den schwerwiegenden Nebenwirkungen und Komplikationen, insbesondere zur sexuellen Komponente.

 

In der Phase III Studie wird dazu vermeldet [8–33]: „There were no significant differences between topical finasteride and placebo in mean scores for any item on the Sexual Dysfunction Questionnaire at week 12 or 24. Mean scores for all items were similar between topical finasteride and oral finasteride at weeks 12 and 24. Treatment-related sexual adverse events (sexual dysfunction, erectile dysfunction, libido decreased, loss of libido) were reported in 2.8% vs. 3.3% vs. 4.8% of patients treated with topical finasteride, placebo, or oral finasteride. Discontinuations due to treatment-related sexual adverse events were reported in 0% vs. 1.1% vs. 2.4% of patients, respectively.“ und „A trend was evident for fewer treatment-related sexual adverse events, and associated treatment discontinuations, in the topical vs. oral finasteride group.“

 

Die Autoren äußern sich auch zum Plasmaspiegel und zur Wirkung auf das DHT: „As demonstrated in this study, maximum mean plasma finasteride concentrations were more than 100-fold lower with the topical vs. oral formulation, and the impact on serum DHT concentrations after 24 weeks’ treatment was statistically significantly lower with topical vs. oral finasteride (reductions of 34.6% and 55.6%, respectively).“

 

Lee et al. äußern sich in ihrem Review folgendermaßen [8–35]: „Although preliminary results on the use of topical FNS are limited, the studies reviewed demonstrate that topical FNS may be safe for use in patients wishing to avoid systemic side effects.“ und „Current data suggests that there may be a therapeutic potential for topical FNS in the treatment of AGA, while minimizing unwanted systemic side effects associated with oral use.“

 

Einige Autoren sprechen die Hoffnung aus, dass orales Finasteride nicht nur für männliche Patienten geeignet ist, sondern auch weiblichen Patienten zur Verfügung stehen sollte. Wir selbst würden im Augenblick davon abraten, die Studienlage ist einfach zu dünn.

 

EINBAU VON TOPISCHEN TINKTUREN IN DAS NETZWERK THERAPIESCHEMA
Wir wollen folgendes Vorgehen bei der Verabreichung der beiden Tinkturen Minoxidil (z. B. Regaine) und Finasteride (Fynzur) vorschlagen: Bei Finasteride wollen wir zukünftig ausschließlich das topische Finasteride (Markenname Fynzur) einsetzen. Der Effekt ist fast identisch mit der oralen Verabreichung, die Nebenwirkungen und Komplikationen sind erheblich geringer. Obwohl es zahlreiche Publikationen zur Kombination von Finasteride und Minoxidil gibt, wollen wir für unseren Einsatz generell (Ausnahmen ausgenommen) davon abraten. Bei beiden Geschlechtern kann eine 2 oder 5%ige Minoxidil Lösung zum Einsatz kommen, bei Männern alternativ Fynzur 2,275 mg/ml.

 

  1. Basis-Therapiebaustein I (BTB I): Behandlungsprotokolle MesoHair

MICHAEL WEIDMANN, HANS-GEORG DAUER UND INGO SCHUGT

 

Das Netzwerk wurde 2004 gegründet und hat in diesem Jahr sein 20jähriges Jubiläum gefeiert. Von 2004 bis 2007 haben sich seine Mitglieder ausschließlich mit der Erarbeitung von standardisierten Behandlungsprotokollen für die damals vollständig unbekannte Injektions-Lipolyse beschäftigt.

 

Die Bausteine einer solchen Standardisierung wurden von uns analysiert und wir sahen damals, dass ähnliche Standardisierungen auch für andere Therapien der ästhetischen Medizin sinnvoll sind. Deshalb beschäftigte sich eine kleine Arbeitsgruppe ab 2007 damit, der damals noch relativ unbekannten und nur nach persönlichen Erfahrungen einzelner Therapeuten gehandhabten Mesotherapie ähnliche standardisierte Strukturen angedeihen zu lassen. Im Gegensatz zur Injektions-Lipolyse – bei der das Injectable PPC-DOC feststand – mussten für die ästhetischen Indikationen erst noch Lösungen gefunden werden. Diese Lösungen wurden für Haut und Haarausfall als Ready Made Mixturen zusammengestellt und galenisch getestet.

 

2009 wurden diese Mixturen auf der M.A.S.T.E.R. Conference des Netzwerks in Bochum den Mitgliedern vorgestellt.

 

2015 haben wir den MesoReport erarbeitet und 2017 veröffentlicht mit einigen interessanten Ergebnissen, Abb. 1+2 [1–8]:

Abb. 1: Einschätzung der Behandler: sehr gut und gut gesamt: 92 % (Meso Report 2015).

Abb. 2: Einschätzung der Patienten: sehr zufrieden und zufrieden gesamt: 85 % (Meso Report 2015).

Während ca. 10 % der Patienten die Hautbehandlungen bekamen, wurden 90 % der Patienten mit der MesoHair Mixtur behandelt. Ca. 5 % der ausgebildeten Mitglieder haben den Fragebogen, der unserer Statistik zugrunde lag, beantwortet.

 

Diese haben von 2009 bis 2015 12.500 Patienten mit Haarausfall behandelt.

Gleichzeitig mit den Mixturen wurde auch ein Behandlungsprotokoll für die Mesotherapie entwickelt, damit wir die Vorteile der Standardisierungen – die Vergleichbarkeit der Ergebnisse und der Nebenwirkungen – auch für die Mesotherapie statistisch nutzen konnten.

 

ZUNÄCHST ZUR MESOTHERAPIE ALLGEMEIN
Mesotherapie bedeutet, dass kleinste Substanzmengen in die mittlere Dermis (meso) unter Umgehung des Stoffwechsels eingeschleust werden. Das ist wahrlich eine sehr attraktive Vorstellung für uns Dermatologen. Pistors Motto – WENIG, SELTEN, AM RICHTIGEN ORT – ist auch heute noch Grundlage jeder mesotherapeutischen Behandlung.

 

Was an der Mesotherapie weniger begeistert hat, war die eher chaotische Umgehensweise einzelner Therapeuten wie oben bereits angedeutet. Zum einen wird Mesotherapie für viele verschiedene Indikationen eingesetzt, bei denen es wenig einleuchtend ist, warum sie bei dieser Indikation gut wirken soll, außer aufgrund der individuellen Erfahrungen der einzelnen Therapeuten. Dies ist bei ästhetischen Fragestellungen durchaus anders, denn das Zielobjekt – die Haut und ihre Bestandteile – wird direkt therapiert. Zum anderen hat abgestoßen, dass viele Mesotherapeuten mit individuellen Wirkstoffmischungen arbeiten, die sie selbst zusammenbauen. Dies birgt eine hohe Gefahr allergischer Reaktionen und die Galenik solcher Mischungen wird keinesfalls berücksichtigt.

Zusammensetzung der MesoHair-Rezeptur (Abb. 3)

Bei der Zusammensetzung der Rezeptur waren für uns zwei Faktoren von Bedeutung, zum einen die galenische Machbarkeit und zum anderen die wissenschaftliche Bedeutung für das Haarwachstum der Ready Made-Mixtur. Wir haben uns dabei an wissenschaftlichen Monografien zu den Wirkstoffen orientiert. Übernommen haben wir von der Mesotherapie die Unterteilung in Katalysatoren und eigentliche Wirkstoffe.

 

Katalysatoren
Innerhalb beider Netzwerk-Mixturen (MesoLift und Meso-Hair) werden jeweils zwei verschiedene Bausteine miteinander verbunden, die sogenannten Katalysatoren und die eigentlichen Wirkstoffe. Katalysatoren sind Wirkverstärker, die die Wirkung der eigentlichen Wirkstoffe potenzieren sollen. Sie sind in beiden Mixturen identisch, nur die eigentlichen Wirkstoffe wurden verändert und an die jeweilige Indikation angepasst. Das Netzwerk hat diese Philosophie bisher nicht in Frage gestellt, obwohl es für die Wirkung der Katalysatoren keine wirkliche wissenschaftliche Evidenz gibt, allerdings eine mehr als 50 Jahre andauernde therapeutische Praxis vor allem französischer Mesotherapeuten.

 

Die Katalysatoren (in beiden Fertigmixturen enthalten)

  • Multivitamine
  • Silizium
  • Rutin

 

Um die Beschreibung hier nicht ausufern zu lassen, möchten wir auf die den meisten Lesern bekannte Beschreibung der Wirkung der verschiedenen Vitamine auf Haut und Haare verzichten. Der wichtigere Baustein ist das Silizium. Es verstärkt die Wirkung der anderen Inhaltsstoffe, unterstützt zudem die Blutzirkulation und ist ein Fänger der freien Radikale. Zusätzlich kann es die Reorganisation der Kollagen- und elastischen Fasern bewirken. Zum Rutin (Steinklee-Extrakt) ist zu sagen, dass es ein Antioxidans ist und entzündungshemmend wirkt, die Oxidation von Vitamin C verhindert und zudem positive Effekte auf den Lipidstoffwechsel hat.

 

Inhaltsstoffe MesoHair

  • Bepanthen/Vitamin B5
  • Biotin/Vitamin H
  • Coffein

 

Die Wirkung der beiden Vitamine B5 und H auf die Haare ist bekannt, weshalb wir zusätzlich zu den Multivitaminen die Dosis hier erhöht haben. Deshalb hier lediglich eine kurze Erinnerung: B5 regeneriert und speist die Haarstruktur, ist eine essenzielle Komponente der Haut, bildet Keratin aus und ist entzündungshemmend. Vitamin H reguliert die Produktion von Sebum, eine unzureichende Versorgung führt zu Haarverlust und Hautentzündungen. Das Coffein hat die Aufgabe der Stimulierung der Zirkulation im Kopfhautbereich.

 

BEHANDLUNGSPROTOKOLLE
Kommen wir nun zum Protokoll. Wir haben mehrere Möglichkeiten, die alle gute Ergebnisse erzielen. Die meisten Therapeuten verwenden eine Mesopistole, in vielen Fällen mit Druckluft und Kompressor, die auch vom Netzwerk getestet wurde und die wir empfehlen können.

 

Das Protokoll mit Pistole richtet sich aus an der Art der Praxis, Privat oder Kasse. In der Kassenpraxis empfehlen wir monatlich einmal die MesoHair Behandlung, insgesamt 6–8 Behandlungen. Die Streckung des Zeitintervalls wird nur deshalb empfohlen, um die Kassenpraxis nicht an ihre zeitliche Grenze zu bringen. Falls möglich kann natürlich auch das Intervall der Privatpraxis genommen werden. In der Privatpraxis empfehlen wir 4 Behandlungen in wöchentlichem Abstand und 4 Behandlungen in einem zweiwöchigen Intervall.

 

Die MesoHair Behandlung hat vor allem das Ziel, den Haarausfall zu stoppen und das verbliebene Resthaar zu stabilisieren. Dies ist ein Erfahrungswert. Soll unbedingt auch neues Haarwachstum initiiert werden, sollte unbedingt zusätzlich mit PRP behandelt werden.

 

Die Einstellung der Pistole ist auf den Single Pulse Modus eingestellt, also Einzelinjektion solange der Auslöser gedrückt ist. Der Injektionsabstand ist 1 cm, die Dosis pro Injektion ist 0,05 bis 0,1 ml. Die Gesamtdosis ist auf 5 ml (Größe der Stechampulle) beschränkt. Wahlweise kann bei der AgA auch noch die so genannte Nappagetechnik eingesetzt werden, um die Kopfhaut auch zusätzlich zu stimulieren.

 

Bei Alopezia Areata ist die Nappage sogar die unbedingt empfohlene Technik. Nappage bedeutet, dass wie bei einer Nähmaschine Salven von Injektionen abgegeben werden, während die Pistole langsam über die Kopfhaut geführt wird. Die Dosis pro Injektion ist dabei wesentlich geringer als bei dem Sigle Pulse Modus.

 

Nach der 5. bis 6. Behandlung müssen Ergebnisse vorliegen, also als Minimum der Haarausfall weitgehend im Normalmaß (unter 100 Haare/Tag) liegen. Es wird empfohlen, den Patienten eine Erhaltungstherapie alle 3 Monate anzubieten.

NEBENWIRKUNGEN UND KOMPLIKATIONEN
Die von Dr. Schugt berichteten allergischen Reaktionen wurden uns beim Netzwerk ebenfalls gemeldet. Insgesamt wurden uns nur 3 Reaktionen gemeldet. Alle drei Reaktionen wurden nicht bei der ersten Behandlung, sondern bei nachfolgenden Behandlungen beobachtet. Nur eine der drei Behandlungen war mit einem allergischen Schock assoziiert und musste vom Behandler notfallmäßig versorgt werden.

Trotzdem empfehlen wir, Patienten mit zahlreichen Allergien vorsichtshalber besser auszuschließen.

 

MESO REPORT 2015
Die statistischen Ergebnisse des letzten Meso Reports wurden bereits 2017 veröffentlicht. Wir wollen Sie im Rahmen unserer Konzeption einer Haarsprechstunde dennoch an dieser Stelle nochmals veröffentlichen, damit die Leser eine gute Einschätzung unseres Behandlungsprotokolls vornehmen können. Wir beziehen uns hier auf unsere Statistik zu den Haarausfall Behandlungen. Bis 2015 wurden 12.500 Patienten mit MesoHair von insgesamt 5-7 % der damaligen Mesotherapeuten im Netzwerk behandelt. Bis 2024 haben unsere Mitglieder hochgerechnet ca. 90.000 Behandlungen durchgeführt.

 

Zwar wollen wir unseren subjektiven Einschätzungen nicht unbedingt die Evidenz beimessen, die Doppelblind Studien haben, dennoch ist die große Zahl an Behandlungen ein nicht zu unterschätzender Indikator.

 

  1. Basis Therapiebaustein II (BTB II): Systemische Erstversorgung der Haare mit Aminocarin

HANS-GEORG DAUER

 

VORBEMERKUNG
Die Empfehlung für Aminocarin von Seiten des Netzwerks ist zum Einen darauf zurückzuführen, dass dieses Nahrungsergänzungsmittel (NEM) von mir meinen Patienten gegenüber seit mehreren Jahren empfohlen wird. Ich empfehle es nicht, weil ich in irgendeiner Art und Weise am Verkauf beteiligt bin oder weil ich für diesen Artikel von der Firma ein Honorar erhalte. Ich empfehle es, weil meine Patienten mir kontinuierlich berichten, dass es Wirkung zeigt. Zum anderen hat das Netzwerk dieses Produkt in seinen Onlineshop aufnehmen können, was bedeutet, dass wir unseren Patienten einen leichten Zugang zu diesem Produkt vermitteln können und gleichzeitig unser Netzwerk damit unterstützen.

 

Ich möchte hier noch ergänzen, dass es eine große Bandbreite von Nahrungsergänzungsmitteln gibt, die für Haarausfall angeboten werden und alle ihre Daseinsberechtigung haben. Bei meinen Patientinnen und Patienten habe ich das Gefühl, dass die Einnahme von Aminocarin allerdings die besten Erfolge zeigt. Meine Empfehlung an das Netzwerk, Aminocarin in den Kanon der Therapiebausteine aufzunehmen, ist also einzig und allein daraus entstanden, weil ich selbst in meiner Praxis es seit langer Zeit einsetze und weil ich von den enthaltenen Wirkstoffen überzeugt bin.

 

PRODUKTE
Der Hersteller von Aminocarin hat zwei verschiedene Produkte mit jeweils zwei Verpackungsgrößen im Angebot, Aminocarin mit 60 oder 120 Kapseln und Aminocarin Vegan mit 60 oder 180 Kapseln. Der Unterschied der veganen Alternative ist nicht allein die Veränderung der Kapsel auf ein vegan akzeptables Material. Zusätzlich hat der Hersteller solche Substanzen aufgenommen, die für eine vegane Ernährung als Ergänzungsbausteine notwendig oder sinnvoll sind.

 

Wir als Netzwerk empfehlen unseren Patienten die Einnahme von täglich 2 x 1 Kapsel über einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten.

 

Die in Aminocarin enthaltenen Inhaltsstoffe sind für das Haarwachstum wichtige Vitamine (Biotin, Folsäure, Riboflavin, Niacin, Panthotensäure und Pyridoxin aus der B-Gruppe und zusätzlich die Vitamine C und A), die Spurenelemente Zink, Selen, Eisen und Kupfer sowie als meiner Meinung nach wichtige Aminosäre das L-Cystein, das meiner Kenntnis nach nicht in anderen Nahrungsergänzungsmitteln enthalten ist.

 

Die schwefelhaltige, semi-essentielle Aminosäure L-Cystein ist ein Bestandteil von Keratin, dem Hauptprotein der Haare und Nägel. Durch die Bereitstellung von L-Cystein, in der Verbindung mit B-Vitaminen, wird die Bildung von Keratin unterstützt, was zu stärkeren und gesünderen Haaren und Nägeln beitragen kann.

 

Einige zusätzliche Bemerkungen zum Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln in der Haarsprechstunde
Die oben benannten Substanzen haben – dies sollte jedem Leser klar sein – eine mehr fundamentale oder besser systemisch wirkende Bedeutung für die Behandlung von Haarausfall.

 

Sie sind natürlich nicht in der Lage, eine AgA oder eine Areata akut zu behandeln. Wir sollten bei unseren Therapievorschlägen jedoch unterscheiden zwischen der therapeutischen Behandlung einer akuten Situation – wie es in der Haarsprechstunde in der Regel der Fall ist – und der langfristigen Zuführung der Substanzen, die unser Körper auf jeden Fall benötigt, um ein gesundes Haarwachstum wieder herzustellen.

 

Beide Aspekte, das sei hier angemerkt, sind innerhalb einer Haarsprechstunde relevant, und beide Aspekte müssen therapeutisch berücksichtigt werden.

 

  1. Advanced Therapiebaustein III (ATB III): Plättchenreiches Plasma – PRP

MICHAEL WEIDMANN UND HANS-GEORG DAUER

 

Wir kommen nun zu einem unserer wichtigsten Therapiebausteine, nämlich der Therapie mit dem Plättchenreichen Plasma. MesoHair und Aminocarin sind Basisbausteine unserer Therapie. Mesotherapie ist eine ideale Therapiemethode zur akuten Verminderung des Haarverlustes. Bei schwereren, länger anhaltenden Haarproblemen, meist ab Schweregrad 2, sehen wir die Notwendigkeit, zusätzlich mit dem Wirkmechanismus der PRP zu operieren, also Wachstumsfaktoren (und auch die im PRP enthaltenen Stammzellen) therapeutisch einzusetzen.

 

Innerhalb des Netzwerks benutzen wir das Kit von Ycellbio aus Korea. Wir können nur über die Ergebnisse mit diesem Kit berichten. Es ist sicherlich so, dass andere Kits auch gute Ergebnisse erzeugen, dies wollen wir an dieser Stelle nicht verschweigen. Unsere statistischen Daten haben wir allerdings mit dem Ycellbio Kit gesammelt.

 

Neben dem PRP macht derzeit eine mit dem PRP assoziierte Therapie, das PRF von sich reden. PRF ist die Abkürzung für Platelet Rich Fibrin [3–50 bis 3–64]. Seine Bedeutung wurde von Choukroun entdeckt und erstmals publiziert. Es unterscheidet sich vom PRP eigentlich nur dadurch, dass sich die Art der Trennung des mit Wachstumsfaktoren angereicherten Plasmaanteils statt mit 4.000 Umdrehungen nur mit ca. 2.700 Umdrehungen (Standard PRF 2.700 / 12 Minuten) bzw. mit nur 1.500 Umdrehungen der Zentrifuge (Advanced PRF 1.500 / 14 Minuten) vollzieht.

 

Für die Alopezia Areata haben Bansod und Madke [3–60] eine andere Rotationsgeschwindigkeit beschrieben (800 Umdrehungen / 4 Minuten / I-PRF). Erstmals eingesetzt wurde es zur Unterstützung des Knochenaufbaus in der Implantologie.

 

Inwieweit zukünftig PRF statt PRP von uns benutzt werden wird, ist noch weiteren Untersuchungen vorbehalten.

 

Allerdings würden wir die Kombination mit 800 Umdrehungen und nur 4 Minuten in Zweifel ziehen. Die in der Literatur aufgeführten Ergebnisse sind für den Haarausfall noch nicht aussagekräftig genug. In diesem Artikel beziehen wir uns auf unsere Ergebnisse mit PRP.

 

WIRKMECHANISMUS PRP
PRP ist ein biologisches Produkt des eigenen Körpers, das als Teil der Plasmafraktion von Eigenblut mit einer Thrombozyten Konzentration oberhalb des Ausgangswertes definiert ist. Die im PRP enthaltenen Wachstumsfaktoren und bioaktiven Moleküle fördern vier Hauptaktionen in der lokalen Umgebung der Verabreichung: Proliferation, Migration, Zelldifferenzierung und Angiogenese. Verschiedene Zytokine und Wachstumsfaktoren (GF) sind an der Regulierung der Haarmorphogenese und des Haarwachstumszyklus beteiligt (Tabelle 1 nach 3–28 und 3–44 zusammengestellt).

 

Die in den Review Publikationen zusammengestellten Wirkungen der verschiedenen GF’s lassen den Schluss zu, dass die untersuchten Wachstumsfaktoren eine sehr intensive Wirkung auf die Re-Initiation des Wachstumszyklus haben können. Wir möchten hier auch noch auf einen weiteren Wirkmechanismus der PRP-Therapie hinweisen, der von Gentile und Garcovitch benannt wurde. PRP schein zusätzlich eine anti-apoptotische Wirkung zu haben:

 

„In particular, the anti-apoptotic effect of A-PRP and AAPRP has been suggested as one of the most important factors stimulating HG via the activation of the Bcl-2 protein (anti-apoptotic regulator) and Akt signaling, improving the survival of dermal papilla cells (DPCs) during the hair cycle (H-C). Additionally, the upregulation of fibroblast growth factor-7 (FGF-7) / b-catenin signaling pathways with A-PRP treatment has been suggested to stimulate HG by inducing hair follicle stem cell (HFSC) differentiation as well as prolonging the anagen phase of the HG cycle. It also seems to stimulate the perifollicular vascular plexus via the increase of vascular endothelial growth factor (VEGF) and plateletderived growth factor (PDGF) levels, which have angiogenic potential.“ [3–44]

 

Wir wollen hier einige wenige statistische Daten, die von S Giesse und P Stollwerk 2019 auf der Master Conference des Netzwerks präsentiert wurden, hier anführen. Leider hatten wir zum damaligen Zeitpunkt noch keine differenzierten Daten erhoben, deshalb wurden die Behandlungsergebnisse nicht nur für Haarausfall, sondern auch für Hautverbesserungen, Wundheilung und Haarimplantation zusammengefasst (Abb. 1). Immerhin zeigt Abb. 1, dass fast 39 % der Befragten die Ergebnisse mit gut und 30 % mit sehr gut bewerteten. Immerhin wurden 54,4 % aller Behandlungen bei Haarausfall durchgeführt, also mehr als die Hälfte aller Indikationen (Abb. 2). Wir empfehlen für die Kombination von PRP mit unseren Basis Bausteinen I und II, also MesoHair und Aminocarin, zwei verschiedene Protokolle (Abb. 4 und 5).

 

Zusätzlich soll hier auch das Kombinationsprotokoll von H-G Dauer erwähnt werden (Abb. 6), denn wir haben mit allen drei Protokollvorschlägen gute Ergebnisse gemacht.

Die in Artikel Nr. 11 erwähnten Kriterien für mehr oder zuerst MesoHair oder PRP sollten für die jeweils individuell beste Kombination mit herangezogen werden.

 

ERHALTUNG
Eine Bemerkung noch zur Erhaltung. Unser Vorschlag, halbjährlich MesoHair und halbjährlich PRP zur Erhaltung anzuwenden, ist nicht individualisiert, er ist vielmehr ein Vorschlag für die Aufrechterhaltung eines erreichten Zustandes.

 

Was aber, wenn sich etwas verändert? Meist wissen die Patienten ganz genau, wenn sich etwas ereignet, die Haare wieder dünner werden (PRP) oder wieder vermehrt ausfallen (MesoHair). Dann sollte eventuell die Erhaltungstherapie vorgezogen oder angepasst werden.

 

DISKUSSION
Zum Schluss würden wir noch gern auf die Frage der Evidenz des Einsatzes von PRP eingehen, wie wir es ja bereits in unserem Artikel zu den Empfehlungen für Haarausfall kurz erwähnt haben (KosMed 3, Artikel Nr. 9). Die Frage der Evidenz und damit der Wirksamkeit einer Therapie gegen den Haarausfall ist für diejenigen, die mit dem Plättchenreichen Plasma arbeiten, eigentlich so gut wie gelöst. Die Einschränkungen von Seiten der Empfehlungen sind nachvollziehbar und verständlich, weil einfach zu viele verschiedene nicht vergleichbare Kits auf dem Markt sind und weil in der Ästhetik Doppelblindstudien äußerst selten durchgeführt werden.

 

  1. Advanced Therapiebaustein IV (ATB IV): Needling in Kombination mit MesoHair und PRP

MICHAEL WEIDMANN UND HANS-GEORG DAUER

 

Needling in dem von uns bisher praktizierten Protokoll ist eine ziemlich blutige Angelegenheit, wenn man in Tiefen von 1,5 bis 2 mm arbeitet, unabhängig vom eingesetzten Werkzeug (Roller oder Microneedling Device). Dies hat uns lange davon abgehalten, Needling auch für die Behandlung von Haarausfall einzusetzen.

 

Es ist eindeutig so, dass Needling seinen Einzug in die Ästhetische Medizin durch die Behandlung der Haut gehalten hat. Mathias Aust und andere haben viel dazu beigetragen, dass Needling seine Bedeutung in der regenerativen Medizin und dabei vor allem in der Behandlung von Narben bekommen hat. Im Netzwerk waren wir skeptisch, Needling auch in der Haarausfallbehandlung einzusetzen. Dies lag vor allem an den bereits angesprochenen Blutungen, denn die Gesellschaftsfähigkeit der Patienten war mit unserem Protokoll nur schwer herzustellen. Umzudenken begonnen haben wir, nachdem wir gesehen haben, dass einige Publikationen [2–9 bis 2–28] sich mit dem Thema Needling – Haarausfall wissenschaftlich beschäftigt haben.

 

WIRKMECHANISMUS
Der von Aust und anderen beschriebene Wirkmechanismus wird als Perkutane Kollageninduktion bezeichnet. Dieser Terminus umfasst eine ganze Reihe von Wirkungen auf die Haut. Insbesondere dürfte beim Thema Haarausfall die Neoangiogenese und damit die Stimulation der Kopfhautdurchblutung bedeutend sein. Aber es gibt darüber hinaus weitere Wirkungen, die wir allerdings augenblicklich noch als Hypothesen behandeln wollen:

 

„Microneedling wirkt, indem es den Blutfluss zum Haarfollikel erhöht, die Stammzellen stimuliert und die Aktivierung von Wachstumsfaktoren durch Neovaskularisierung und Neokollagenese auslöst. Darüber hinaus schafft dieses Verfahren mehrere Mikrokanäle und erhöht die transdermale Penetration von Medikamenten, indem es das Stratum corneum umgeht und eine höhere Konzentration direkt in der vaskularisierten Dermis erreicht.“ [2–22, Übersetzung DeepL]

 

„Darüber hinaus wurde die Hypothese aufgestellt, dass die durch das Microneedling erzeugte Mikroverletzung die Rekrutierung von Wachstumsfaktoren, wie z. B. dem aus Blutplättchen gewonnenen Wachstumsfaktor, epidermalen Wachstumsfaktoren, vaskulärem endothelialem Wachstumsfaktor, B-Catenin, Wnt3a und Wnt10b, unterstützen könnte.“ [2–22, Übersetzung DeepL].

 

Die Hypothese, dass durch das Microneedling Einfluss genommen wird auf Wachstumsfaktoren, ist gar nicht mal so abwegig. Allerdings müssen diese Erkenntnisse – so unsere Einschätzung – unbedingt durch weitere Studien untermauert werden.

 

NEEDLING – EMPFOHLENE EINDRINGTIEFE
Mit dem von uns entwickelten Protokoll einer oberflächlichen Behandlung von 0,3 bis 0,5 mm Tiefe in Kombination mit MesoHair oder PRP wollen wir das Needling als zusätzlichen Aktivator (Angiogenese) integrieren. Eine vergleichende Studie [2–21] hat interessanterweise belegt, dass eine geringere Eindringtiefe (0,6 mm) im Vergleich mit einer tieferen Variante (1,2 mm) bessere Ergebnisse erbracht hat, allerdings sollte einschränkend hinzugefügt werden, dass in beiden Fällen mit 5 % Minoxidil kombiniert wurde, was von uns nicht angeraten wird. Dennoch ist diese Publikation ein erster Hinweis, dass unsere Theorie, die wir nur durch eigene praktische Erfahrungen untermauern können, durchaus Plausibilität besitzt. Für die nähere Zukunft wollen wir deshalb Nadeltiefen von 0,3 bis 0,5 mm vorschlagen. Statt eines kosmetischen Rollers wird von uns der Einsatz eines Microneedling Gerätes empfohlen.

 

ALLGEMEINE EINSCHÄTZUNG DER WIRKUNG VON MICRONEEDLING BEI HAARAUSFALL
Betrachtet man die Literatur, so sind durchaus auch bei Singulärtherapien positive Ergebnisse erzielt worden [2–22].

 

Allerdings wollen wir uns hier vor allem auf die Publikation eines Reviews einer Arbeitsgruppe von Robert English beziehen, der alle wichtigen Publikationen analysiert und bewertet hat [2-10]. Hier zusammengefasst die wichtigsten Aussagen des Review:

 

Outcomes 1: „Of the three studies testing standalone MN (= microneedling) groups, Aboeldahab et al. and Abdallah et al. showed that MN alone increased hair density and improved SALT (= Severity Of Alopecia Tool) scores, respectively. However, Giorgio et al. demonstrated no changes to hair parameters using a four-point scale to evaluate MN alone.“

 

Outcomes 2: „Finally, Ragab et al. demonstrated that, over a 3-month period, MN alongside topical PRP improves SALT scores similarly to fractional CO2 laser therapy.“

 

Discussion: „Clinical studies demonstrate generally favorable results for MN as an adjunct therapy for AGA and AA. However, data are of relatively low quality and should be interpreted with caution.“

 

Das Review hat uns zu folgenden Schlussfolgerungen geführt:

 

  1. Needling hat Wirkung auf Haarausfall. 2. Die Studienlage könnte besser sein. 3. In jedem Fall sollte Needling kombiniert werden (MesoHair und/oder PRP).

 

Reihenfolge der einzelnen Bausteine bei der Kombination
Es hat in der Vergangenheit häufiger Diskussionen gegeben, in welcher Reihenfolge Kombinationen durchgeführt werden sollten. Dies liegt vor allem daran, dass die Einschleusung/Kombination mit Laser eine andere Reihenfolge benötigt als die Kombination mit Needling.

 

Hier unsere Empfehlung, die durch die wissenschaftlichen Ergebnisse gestützt wird:

 

Laser: Zuerst wird gelasert, anschließend wird der Wirkstoff aufgetragen.

 

Needling: Zuerst oder parallel den Wirkstoff auftragen, anschließend wird das Needling durchgeführt.

 

FAZIT
Needling als adjuvante Therapie kann in Kombination mit unseren anderen Bausteinen mit dazu beitragen, schwierigere Fälle, die beispielsweise Haarausfall über einen längeren Zeitraum von mehr als zwei Jahren bereits ertragen, doch noch erfolgreich zu behandeln.

Korrespondenz-Adresse

Dr. med. Michael J. Weidmann
Willy-Brandt-Platz 3
DE-86153 Augsburg
michaelwdm@aol.com
Dr. med. Hans-Georg Dauer
Schildergasse 51-53
DE-50667 Köln
info@hautarzt-dauer.de

Conflict of Interests

None declared

Literatur

Literatur abrufbar unter http://www.network-globalhealth.com/literaturliste-haarausfall/ (wird fortlaufend aktualisiert)

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