Billigfiller, Billigpräparate, Re-Importe*
* Vortrag auf der Tagung der Deutschen Gesellschaft für ästhetische Botulinumtoxin-Therapie am 26.02.2016, Frankfurt / Main
Gerade in der ästhetischen Medizin ist es verlockend, bestimmte Präparate, wie z. B. Hyaluronsäurefiller oder Botulinumtoxin über den Onlinehandel oder aber von ausländischen Anbietern zu erwerben. Doch welche praktischen und rechtlichen Erwägungen sind in diesem Zusammenhang zu treffen?
Aus Sicht des Anwenders führt eine hohe Produktqualität zu Anwenderfreundlichkeit und einer gesteigerten Verträglichkeit für den Patienten, beides verringert das Risiko von Komplikationen. Bei Produkten, die unter Einhaltung der rechtlich zulässigen Vertriebswege erworben wurden, kann der Anwender sich darüber hinaus auf sachgerechte Behandlung bei Lagerung und Transport verlassen.
Preiswettbewerb tritt an Stelle von Qualität
Doch besteht in der ästhetischen Medizin ein starker Preiswettbewerb. Zwar sind auch ästhetische Eingriffe vom Arzt nach GOÄ abzurechnen, so dass die Kosten für Materialien dem Patienten 1 : 1 in Rechnung zu stellen sind; der Arzt darf am Material nicht verdienen. Aber für den Patienten ist der Endpreis entscheidend, und hier mag ein günstiger Einkaufspreis eine Rolle spielen. Doch ist es aus meiner Sicht eine Fehlentwicklung, wenn in der Medizin der Preiswettbewerb an die Stelle der Qualität tritt.
Dar ein Hersteller den Arzt beliefern?
Der rechtliche Rahmen für den Bezug von Arzneimitteln und Medizinprodukten direkt durch Ärzte, ist weitgehend unbekannt. Für Arzneimittel besteht die Apothekenpflicht. Nach dem bloßen Wortlaut des AMG ist bereits fraglich, ob der Hersteller eines Arzneimittels den Arzt überhaupt direkt beliefern darf. Im Jahr 2003 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass das Verbot für den Versand von Impfstoffen an den Arzt direkt nicht gilt, dies mit der Begründung, dass mit dieser Direktbelieferung von Ärzten weder die Gesundheit der Bevölkerung noch die Arzneimittelsicherheit gefährdet werde. Offen bleibt, inwieweit diese Entscheidung auch auf andere Konstellationen zu übertragen ist.
Arzneimittelbestellung im Ausland
Die Bestellung von Arzneimitteln durch den Arzt im Ausland, und zwar bereits im europäischen Ausland, ist arzneimittelrechtlich höchst problematisch, denn Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen, dürfen auch aus dem europäischen Ausland nur dann importiert werden, wenn der Empfänger zu einem im Gesetz definierten Personenkreis gehört. Neben dem Endverbraucher gehören hierzu z.B. pharmazeutische Unternehmer und Großhändler, Tierärzte, Betreiber von Apotheken, nicht jedoch der niedergelassene Arzt.
Auch im eigenen Gepäck darf der Arzt nicht so einfach Arzneimittel über die Grenze bringen. Bei Medizinprodukten, wie z. B. Hyaluronsäurefillern, gilt: wenn das Medizinprodukt mit einem sogenannten CE-Kennzeichen versehen ist, so gewährleistet dies die Verkehrsfähigkeit im gesamten europäischen Wirtschaftsraum. Ob ein zulässiges Kennzeichne vorliegt, ist vom Anwender zu prüfen – auch hier gibt es schwarze Schafe. Die Anwendung von Medizin produkten, die vom Arzt aus Ländern außerhalb des EWR importiert wurden, macht dagegen eine ganze Reihe von Problemen. Denn mit dem Import wird der Arzt Verantwortlicher im Sinne des Medizinproduktegesetzes, ihn treffen dann die Pflichten für das erstmalige Inverkehrbringen, einschließlich der Kennzeichnungs- und Zertifizierungsvorgaben.
Empfehlung zur Produktverwendung
Aus anwaltlicher Sicht lässt sich daher die Empfehlung abgeben, nur solche Produkte zu verwenden, deren Herkunft und Bezugsquelle dem Patienten gegenüber offen kommuniziert werden kann und die in einem Haftungsprozess keine Angriffsfläche bieten. Selbst wenn im konkreten Fall ein typische Behandlungsrisiko sich verwirklicht, schwächt es die
Rechtsposition des Behandlers im Prozess, wenn der Verdacht besteht, bei dem verwendeten Produkt könnte etwas faul sein. Aber auch die Durchsetzung eigener Rechte gegenüber einem Lieferanten ist – trotz allen Vorteilen des europäischen Binnenmarktes – erheblich einfacher, wenn es sich um einen inländischen Vertragspartner handelt.
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