Case Study
Thomas Jansen
Der interessante Fall: Trichobacteriosis palmellina
Keywords | Summary | Correspondence | Literature
Bei dem 45-jährigen, ansonsten gesunden Patienten bestand als Nebenbefund eine eigenartige symptomlose Veränderung der Haare in beiden Achselhöhlen (Abb. 1 a u. b). Bei der Inspektion fanden sich zuckergussartige, dünne, gelbliche Auflagerungen an einigen Haaren, die sich nur schwer abstreifen ließen. Es bestand ein intensiver Schweißgeruch in den Achselhöhlen. Im Wood-Licht war eine orangefarbene Fluoreszenz erkennbar. Mikroskopisch fand sich im KOH-Präparat ein opakes Material, welches die Haarschäfte ummantelte, ohne in den Cortex einzudringen. Kulturell war in den Auflagerungen Corynebacterium flavescens nachweisbar. Der Patient empfand die Veränderung der Achselbehaarung allenfalls als geringe Beeinträchtigung, daher äußerte er keinen Therapiewunsch.
Die Diagnose lautete Trichobacteriosis palmellina. Die Erkrankung wurde früher unzutreffend als Trichomycosis palmellina bezeichnet, da man Pilze als Erreger vermutete.
Es handelt sich um eine relativ häufige harmlose oberflächliche Kolonisation besonders der Achsel- (97% der Fälle) und/oder Schamhaare mit Corynebakterien, meist Corynebacterium flavescens (früher tenuis) [1-3]. Dieses aerobe grampositive nicht-motile Bakterium ist ein normaler Bestandteil der residenten Hautflora, kann aber unter bestimmten Umständen (Hygienemangel, Hyperhidrosis, Obesitas) besonders die Achsel- und/oder Schamhaare (selten auch die Haare am Skrotum, in der Analfalte oder an der Kopfhaut) kolonisieren. Die Kolonisation wird von den Betroffenen oftmals nicht bemerkt. Bei massivem Befall jedoch entsteht ein stechender, ranziger Schweißgeruch (Bromhidrosis), der als unangenehm empfunden wird. Dafür ist die Stoffwechselaktivität der Bakterien verantwortlich, die in den Testosteronmetabolismus der Haut eingreifen. Je nach Pigmentbildung der Bakterien können die Auflagerungen eine gelbliche (Trichobacteriosis palmellina flava) (98% der Fälle), rötliche (Trichobacteriosis palmellina rubra) oder schwarze Färbung (Trichobacteriosis palmellina nigra) annehmen. Die Auflagerungen entstehen offenbar aus dem Sekret der apokrinen Schweißdrüsen und dienen der Anheftung der Bakterien an die Haarschäfte. Männer scheinen häufiger als Frauen zu erkranken, allerdings rasieren die meisten Frauen regelmäßig ihre Achselhöhlen. Die Erkrankung tritt bevorzugt in warmen, feuchten Gegenden (Tropen) auf. In manchen Fällen bestehen gleichzeitig ein Keratoma sulcatum und/oder ein Erythrasma, die ebenfalls durch Corynebakterien hervorgerufen werden [4].
Die Differentialdiagnose der Trichobacteriosis palmellina umfasst in erster Linie Erythrasma, Tinea, weisse und schwarze Piedra sowie Pediculosis.
Die Therapie ist meist einfach. Sie besteht in der vollständigen Rasur des betroffenen Hautareals und reinigenden Desinfizentien (z. B. Polyhexanid) oder regelmäßigen Waschungen mit sauren Syndets. Antibiotika wie Clindamycin oder Erythromycin sind ebenfalls wirksam. Benzoylperoxid kommt als Lokaltherapeutikum und zur Rezidivprophylaxe in Betracht. Bei begleitender Hyperhidrosis sind Aluminiumchloridhexahydrat-haltige Deodorantien, Leitungswasser-Iontophorese oder – in therapierefraktären Fällen – Botulinumtoxin-Injektionen zu erwägen.
Korrespondenz-Adresse
Priv.-Doz. Dr. med. habil. Thomas Jansen
Höntroper Strasse 102
D-44869 Bochum
thomas.jansen@persaus.de
Literatur
1. Blaise G, Nikkels AF, Hermanns-Lê T, Nikkels-Tassoudji N, Piérard GE (2008) Corynebacterium-associated skin infections. Int J Dermatol 47: 884-890.
2. Bonifaz A, Váquez-González D, Fierro L, Araiza J, Ponce RM (2013) Trichomycosis (trichobacteriosis): clinical and microbiological experience with 56 cases. Int J Trichology 5: 12-16.
3. Ma DL, Vano-Galvan S (2013) Trichomycosis axillaris. N Engl J Med 369: 1735.
4. Rho NK, Kim BJ (2008) A corynebacterial triad: prevalence of erythrasma and trichomycosis axillaris in soldiers with pitted keratolysis. J Am Acad Dermatol 58 (Suppl 2): S57-58.