Das Phospholipid Nano Delivery System erweitert die medizinischen Möglichkeiten
Round Table Gespräch mit Dr. Michaele Hetzel (NETZWERK-Globalhealth), Oxana Druzhilovskaya (Institute of biomedical Chemistry, Moskau), Dirk Brandl (Sprecher NETZWERK-Globalhealth) und Douglas Grosse.
D. Grosse: Oxana, was ist der Grund für Ihren Aufenthalt in Deutschland?
O. Druzhilovskaya: Am 26. April fand im Schloß zu Münster eine international hochkarätig besetzte „Science Conference between North Rhine Westfalia and the Russian Federation“ statt. Einer der Schwerpunkte war Nanotechnologie und Medizin. Unser Institut, namentlich Prof. Alexander Archakov und Prof. Olga Ipatova, haben in langjährigen Forschungen ein nanotechnisch modifiziertes Phosphatidylcholin entwickelt. Über diese Entwicklung habe ich auf der Konferenz referiert.
D. Grosse: Herr Brandl, was hat denn Ihr Netzwerk mit dieser Entwicklung zu tun?
D. Brandl: Wir haben vermittelt durch unseren wissenschaftlichen Berater, Prof. Gundermann von der Universität in Sczechin, 2011 eine Kooperation mit dem Moskauer Institut begonnen. Unser gemeinsames Ziel war es, für die Injektions-Lipolyse neue Wirkstoffe zu entwickeln, denn wie Sie vielleicht wissen ist einer der Wirkstoffe bei der Injektions-Lipolyse das Polyenylphosphatidylcholin (PPC), ein Phospholipid.
D. Grosse: Wie ist denn der aktuelle Status Ihres Projektes?
M. Hetzel: Ich betreue vor allem unsere Kooperation. Sowohl das Institut selbst als auch unsere Forschungspartner der Universitäten Regensburg und Würzburg haben die vom Institut neu entwickelte Kombination eines nanotechnisch veränderten Phospholipids mit dem neuen Detergens Glycyrizhinsäure (GLY) auf ihre Verwendbarkeit für die Injektions-Lipolyse untersucht. Die Ergebnisse einer Mauszelllinie und einer humanen Stammzelllinie waren mehr als ermutigend und werden demnächst publiziert. Zusätzlich haben wir mittlerweile 3 verschiedene Tiermodelle getestet, ebenfalls sehr erfolgreich. Gemeinsam mit unserem Kooperationspartner halten wir seit kurzem Patente in den wichtigen Ländern für Herstellung und Anwendung.
D. Brandl: Vielleicht sollte ich noch ergänzen, dass das bisherige Detergens der Injektions-Lipolyse, die Desoxycholsäure (DOC), als zweiter Wirkstoff zu nicht ganz unerheblichen Nebenwirkungen führt. Insofern war unser gemeinsam definiertes Ziel, unter Verzicht auf Desoxycholsäure ein Mittel zu entwickeln, das mindestens dieselben Ergebnisse bei deutlich verringertem Nebenwirkungsprofil erzielen kann. Dies ist uns meiner Ansicht nach gelungen.
D. Grosse: Was hat das Ganze denn mit dem Phospholipid Nano Delivery System (PNDS) zu tun?
O. Druzhilovskaya: Die Kombination von PPC und GLY enthält immer noch Fremdstoffe, nämlich das GLY und zusätzlich noch Maltose. In den letzten Jahren ist es unseren Forschern gelungen, ein Phospholipid im Nanobereich von 10-25 nm Größe zu erzeugen, dass ohne Fremdstoffe vielfältige Anwendungsmöglichkeiten anbietet. Unser Institut arbeitet zum Beispiel gerade an der Zulassung von 2 Arzneimitteln in der russischen Föderation zu den Indikationen Atherosklerose und Hepatisches Koma. Gleichzeitig können die Moleküle im Kleinstbereich als neue Alternative zu anderen Möglichkeiten des Transports und der Freisetzung von Stoffen angesehen werden. Ihren Lesern sind sicher die Liposome bekannt, die ja vielfältig, z.B. auch in der Kosmetik eingesetzt werden. Liposome haben denselben chemischen Aufbau und sind ebenfalls amphiphil, jedoch liegt ihre Größe bei 200-400 nm. Stellen Sie sich vor, mit wieviel größerer Wirkung man Stoffe in nanogroßen Partikeln durch die Haut schleusen kann….
M. Hetzel: Diese Möglichkeit, viele verschiedene Wirkstoffe sowohl über die Haut als auch oral und iv. in den Organismus einzuschleusen, zeigt gerade das Potential dieser Technologie. Die Biokompatibilität und -verfügbarkeit wird durch PNDS stark verbessert. So haben wir mit dem Institut bereits 2 Nahrungsergänzungsmittel als Anti Aging Produkte entwickelt, wo das Phospholipid sowohl als Wirkstoff als auch als Transportsystem fungiert. Einfach ausgedrückt: Sie benötigen weniger Wirkstoff für dieselbe oder eine verbesserte Wirkung.
O. Druzhilovskaya: Ich möchte hier auf einen wesentlichen Punkt hinweisen. Bisherige nanotechnologische Transportsysteme benötigen als Transportvehikel Fremdstoffe, die zu nicht unerheblichen Nebenwirkungen und Risiken führen können, wie mittlerweile allgemein bekannt ist. Phospholipide jedoch sind keine Fremdstoffe, sondern sie sind Bestandteil jeder Zellmembran und somit ist dieses Risiko nicht gegeben. Das PNDS erweitert ganz klar die medizinischen Möglichkeiten.
D. Brandl: Oxana, Euer Institut hat auch bereits die Veränderung der Wirkung bei Arzneimittelwirkstoffen getestet, kannst Du uns darüber etwas mehr vermitteln?
O. Druzhilovskaya: Ja gerne, wir haben bereits 15 verschiedene Wirkstoffe getestet. Zwei davon habe ich auf der Konferenz präsentiert, nämlich Diclofenac und Prednisolon, die wahrscheinlich den meisten Lesern bekannt sein dürften. Nehmen wir als Beispiel das Prednisolon. Gegenüber dem normalen Wirkstoff zeigt das PNDS kombinierte Prednisolon eine 1,6 fach höhere Konzentration im Blut nach OS Gabe bei Ratten und eine 5fach bessere Bioverfügbarkeit (Abb. 2).
M. Hetzel: Gestatten Sie mir noch einen Hinweis: Die bessere Bioverfügbarkeit ist gut für die Wirksamkeit und das Nebenwirkungsprofil eines Arzneimittels. Aber für die Firmen, die diese oft bereits alten Arzneimittel herstellen, gibt es noch einen anderen Aspekt: Durch das PNDS können mit alten Wirkstoffen neue Patente eingereicht werden, also die eigene Marktposition gegenüber den Generikaherstellern geschützt werden.
D. Brandl: Der Grund für uns, uns auch über die Lipolyse hinaus für dieses Projekt zu engagieren, sind die vielen Optionen, die diese neue Technologie bietet, und wenn wir unserem Namen NETWORK-Globalhealth gerecht werden wollen, müssen wir uns für Systeme mit ganz viel Potential engagieren. Da wir den Wert der Phospholipide schätzen gelernt haben, beispielsweise in der Lipolyse und unserer LipoPower Infusionskur, fällt uns dieses Engagement nicht schwer.