Die Pathogenese des Lipödems

Dr.med. Matthias Sandhofer
Schönbrunner Str. 153/6/21, AT-1120 Wien
E-mail: dr.matthias(at)sandhofer.at

 

Genau in der Mitte unserer beiden Lipödem Zentren Wien und Linz liegt Willendorf an der Donau. Die dort gefundene Venus (Abb. 1) weist bereits vor 30.000 Jahren Zeichen eines Lipödems auf.

 

Klinische Zeichen, wie negative Dellung, Suggilationen und Ekchymosen in der oberen Dermis und massiver Druckschmerz sprechen für einen oberflächlich subdermalen Stau! Auch die von Patsch 1988 beschriebenen Ahornblatt artigen Strukturen sowie die feuerzungenartigen Befunde in der indirekten Lymphangiographie [1], die ektatischen Lymphgefäße nach Amann [2] ergänzen noch diesen Befund.

 

Histologisch besteht eine deutliche perivasculäre Makrophagen Ansammlung im dermal subpapillären Bereich. Außerdem konnte unser Team im Boltzmann Institut Linz sogenannte leaky vessels (Abb. 2) verifizieren, die für die massive Extravasation aus diesem Gefäßsystem sprechen [3]. Bereits 2017 hat unser Team mit Eleni Priglinger [4] die verstärkte vasculäre Fraktion (das heißt, die massive Stammzellenaktivität) präsentiert.

 

Dabei wurde auch entsprechende Erhöhung der CD146 Marker (Perizyten) nachgewiesen (Abb. 3). Nachfolgend wurden 2020 aus diesen Stammzellen exprimierte exosomale Mikro RNAs beschrieben, die sichtlich eine enorme Angio- und Adipogenese des subcutanen Fettgewebes bewirken. Bewiesen wird diese Dynamik des Geschehens in einer MRJ-Untersuchung nach Creszenzi [5] (Abb. 4). (wobei deutlich dieser subdermale Flüssigkeitsstau dargestellt wird). Sichtlich führt die subcutane Hyperplasie/ Hypertrophie des Fettgewebes zu einer massiven Einengung des subcutanen lymphatischen Plexus bzw. Netzwerkes und daher zum superfiziellen Lymphstau (Abb. 5 und 6). Dieser oberflächliche Stau perpetuiert am Gefäßsystem damit auch weiter die Angiogenese und Adipogenese im dermalen und subcutanen Bereich.

 

Die Entfernung dieser massiven subcutanen Fettansammlung durch eine Liposuktion führt wieder zu einer ungehinderten Lymphdrainage. Die Entstauung kann man vergleichen mit einer gefüllten Badewanne, wo schließlich der Stöpsel entfernt wird und sich schließlich die Flüssigkeit entleeren kann. Die Patienten spüren auch unmittelbar postoperativ diesen Druckverlust. Es ist auch daher nur verständlich, dass eine Lymphdrainage und eine Kompressionsbehandlung nur kurzfristig, wenn überhaupt, zu einer Entlastung der Lipödembeschwerden führen können. Sie können eben causal nicht die Hyperplasie des Fettgewebes wegräumen!

 

Ein wesentlicher Faktor ist auch die häufig mit dem Lipödem verbundene metabolische Adipositas (20 bis 50% der Fälle) Diese Tatsache führt daher zu einer differenzierten Betrachtungsweise des Lipödems.

 

Literatur:

  1. Tiedjen
  2. Vesti A (2001)
  3. Strohmeier et al. Multi-level analysis ….increased endothelial permeability….(2022 in Druck)
  4. Priglinger E, Wurzer C, Steffenhagen C, et al. The adipose tissue-derived stromal vascular fraction cells from lipedema patients: Are they different? Cytotherapy 2017; 19(7): 849-860.
  5. Crescenzi R, Donahue PMC, Petersen KJ, et al. Upper and lower extremity measurement of tissue sodium and fat content in patients with lipedema. Obesity 2020; 28: 907-915.
  6. Priglinger E, Strohmeier K, Weigl M et al. SVF-derived extracellular vesicles carry characteristic miRNAs in lipedema. 2020; 29; Sci Rep. 10(1): 7211.
  7. Al-Ghadban S, Cromer W, Allen M, Ussery C, Badowski M, Harris D, Herbst KL. Dilated Blood and Lymphatic Microvessels, Angiogenesis, Increased Macrophages, and Adipocyte Hypertrophy in Lipedema Thigh Skin and Fat Tissue. J Obes. 2019; 3: 8747461. 9. Sandhofer, 8. Sandhofer M, Anderhuber F. Das Lipödem, anatomische Studie. J Ästhet Chir (2017) 10(2): 61-70.
  8. Sandhofer et al. High volume liposuction in tumescence anesthesia in lipedema patients: a retrospective analysis. J Drugs Dermatol. 2021; 20(3): 326-334.

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