Interview mit Frau Dr. Uta Schlossberger im Rahmen der 8. GAERID
Anlässlich der 8. Jahrestagung der Gesellschaft für ästhetische und rekonstruktive Intimchirurgie (GAERID) sprachen wir mit der Vorsitzenden, Frau Dr. Uta Schlossberger, über neue Behandlungsmöglichkeiten, Geschlechtsangleichungen und den Männeranteil in der Intimchirurgie.
KM: Kürzlich fand die Jahrestagung der Gesellschaft für ästhetische und rekonstruktive Intimchirurgie (GAERID) statt. Welche Erkenntnisse nehmen Sie von der Veranstaltung mit?
U. Schlossberger: Auffällig in diesem Jahr war, dass es immer mehr Behandlungsmöglichkeiten und neue Geräte im Bereich der Intimchirurgie gibt, um beispielsweise Vaginalverengungen oder Inkontinenz zu behandeln. Gerade in den Bereichen der Lasertechnologie und der Radiofrequenz haben wir große Fortschritte gemacht. Auch das Fadenlifting hat im Behandlungsportfolio Einzug gehalten. Für uns Intimchirurgen ist diese Entwicklung sehr angenehm, weil wir in Abstimmung mit der Patientin beziehungsweise mit dem Patienten zwischen mehreren Optionen wählen können.
Insgesamt geht der Trend weg von den großen Operationen. Bei Eingriffen wie der Vaginalverjüngung wurde in der Vergangenheit im ganzen Beckenbereich schwerwiegend operiert. Heutzutage gibt es genug minimal- und nicht-invasive Möglichkeiten, wie zum Beispiel das erwähnte Fadenlifting oder Therapien mit Botox oder Hyaluronsäure — ohne OP und ohne Skalpell. Insgesamt ist die Anzahl an Behandlungen in diesem Bereich in den letzten Jahren exorbitant gestiegen. Auf jeden Fall kommt die Intimchirurgie immer mehr aus der Schmuddelecke.
KM: Auf der GAERID-Tagung ging es zum größten Teil um das weibliche Geschlecht. Täuscht der Eindruck, dass sich überwiegend Frauen behandeln lassen?
U. Schlossberger: Wir haben einen Männer-Anteil von schätzungsweise 30 Prozent. Grundsätzlich ist unsere Disziplin ja im Sinne der Frau erfunden worden. Im Laufe der Zeit hat man aber bemerkt, dass man auch Männern helfen kann. Ein Beispiel ist die Penisvergrößerung unter Zuhilfenahme von Fillern, also der Injektion von Hyaluronsäure.
KM: Laut Bundesfamilienministerin Franziska Giffey leben in Deutschland 68.000 Frauen und Mädchen, die von einer Genitalverstümmelung betroffen sind. Wurde das Thema auf Ihrer Tagung auch behandelt?
U. Schlossberger: Ich habe einen Kollegen aus Amsterdam getroffen, der viele dieser geflüchteten Damen betreut. In vielen Kulturkreisen ist die Genitalverstümmelung fast schon normal. Bei dem rituellen Eingriff werden die äußeren weiblichen Geschlechtsorgane teilweise komplett entfernt bis hin zur Klitoris. Die Frauen flüchten nach Europa oder nach Deutschland teilweise vor dem Krieg, teilweise aber auch vor ihren Männern. Bei uns erfahren sie dann, welche Möglichkeiten die moderne Medizin bietet. Diese Art von Operation ist allerdings sehr schwierig — nur wenige Kollegen verfügen über die nötige Expertise.
KM: Ein verhältnismäßig neues Thema ist die Geschlechtsangleichung. Wie groß schätzen Sie den Bedarf an derartigen Operationen ein?
U. Schlossberger: In Deutschland leben ca. 6.000 Transgender also als Frau oder Mann geborene Menschen, die ein Problem mit ihrer Geschlechtsidentität haben. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ist dies eher eine Randgruppe, die durch die mediale Berichterstattung größer wirkt, als sie wirklich ist. Trotzdem schätze ich den Bedarf als sehr groß ein. Zudem ist eine Geschlechtsangleichung sehr komplex. Sie müssen die Person hormonell behandeln, ggf. der Haarentwicklung mit Laser entgegenwirken und natürlich eine Geschlechtsumwandlung per Operation durchführen.
KM: Kommen die Patientinnen und Patienten eher aus ästhetischen Gründen zu Ihnen oder weil sie ein medizinisches Problem haben?
U. Schlossberger: Das lässt sich nicht ganz klar trennen. In der Regel sind es nicht rein ästhetische Gründe. Es kommt selten vor, dass eine Frau zu mir kommt und sagt: Mit gefällt das nicht, ich möchte das korrigiert haben. Manche Frauen sagen: Ich kann damit nicht Fahrradfahren oder keinen Sport treiben. Bei anderen ist bei der Geburt etwas eingerissen und sie werden in der Sauna darauf angesprochen. Und hier kommen wir auch sehr schnell in den medizinischen Bereich, da Sex natürlich auch im Kopf stattfindet und ein psychologischer Aspekt mitschwingt. Wenn wir in solchen Fällen helfen können, dann ist das eine gute Sache, da ein Eingriff auch eine Auswirkung auf die Paarbeziehung hat.
KM: Was würden Sie sagen sind die häufigsten Eingriffe im Bereich der Intimchirurgie?
U. Schlossberger: An Nummer eins steht immer noch die Schamlippenkorrektur. Gerade nach der Geburt verspüren viele Frauen den Wunsch, etwas machen zu lassen. An zweiter Stelle steht die Behandlung einer Inkontinenz, die oft ebenfalls mit der Schwangerschaft und der Geburt eines Kindes einhergeht. Aber auch im Alltag kann es zu einer Blasenschwäche kommen. Hormonelle Veränderungen, insbesondere durch Östrogene bedingt, können zu einer Erschlaffung der Beckenbodenmuskulatur führen und somit zu einer Inkontinenz.
Frau Dr. Schlossberger, wir danken Ihnen für das Gespräch.