Kryolipolyse – ein Zankapfel der Wettbewerbshüter
Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sorgen mitunter nicht nur in der Medizin für Wirbel, sondern auch in der Justiz. Die Kryolipolyse, eine relativ neue Behandlungsmethode zur Verminderung von Fettzellen durch die lokale Anwendung von Kälte, ist in den USA zur Behandlung von Fettpolstern und für andere Anwendungsgebiete zugelassen. Zwischenzeitlich erobert die Kryolipolyse auch den deutschen Markt. Beworben wird die Kryolipolyse als schonendes Verfahren, das ohne einen invasiven Eingriff die Reduktion von Fettpolstern ermöglicht. Die Anschaffungskosten für Kryolipolysegeräte sind hoch. Entsprechend hoch ist das Interesse der Anwender, für die innovative Behandlung zu werben. Doch Vorsicht: Wie häufig bei einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode fehlen wissenschaftliche Studien, mit denen die Wirksamkeit des Verfahrens nachgewiesen werden kann. Dies nehmen Hüter des lauteren Wettbewerbs zum Anlass, Anwender, die sich mit ihrer Werbung zu weit aus dem Fenster lehnen, abzuwerben.
So wird etwa beanstandet, dass die im Folgenden aufgeführte Angabe übertrieben und zur Irreführung geeignet sei:
„Diese äußerlich anzuwendende Methode ist das einzige zuverlässige, durch klinische Studien nachgewiesene, nicht invasive Verfahren für den Abbau von Fettzellen. Die abgekühlten Zellen durchlaufen eine sogenannte Apoptose und werden dann vom Körper abgebaut. Dadurch reduzieren sich die Fettschicht und der Umfang. Die Kryolipolyse ist damit insbesondere geeignet, an den gewünschten Problemzonen Fett abzubauen und ohne Nebenwirkungen die Fettzellen und damit den Körperumfang zu reduzieren.
Wo liegt das Problem? Nach den Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes, des Medizinproduktegesetzes und des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ist es unzulässig, mit Wirkungen zu werben, die entweder übertrieben oder zur Täuschung geeignet sind. Im Streitfall obliegt es dem Werbenden, fundierte wissenschaftliche Belege zum Beleg seiner Werbeaussagen anzuführen. Und bei gesundheitsbezogener Werbung sind nach der Rechtsprechung besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage zu stellen. Gelingt es dem Werbenden nicht, die Richtigkeit seiner Aussagen zu beweisen, wird die Werbung als irreführend untersagt. Eine ähnliche Erfahrung mussten Anbieter einer Softlasertherapie machen. Bei fachlich umstrittenen Wirkungsbehauptungen muss, so das Landgericht Berlin in einer Entscheidung vom 11.07.2013, der Werbende darauf hinweisen, dass seine Überzeugung von der Wirksamkeit des Produktes nicht unumstritten ist. Wirbt er ohne Hinweise auf Gegenmeinungen mit fachlich umstrittenen Wirkungsbehauptungen, muss er die Richtigkeit im Streitfall beweisen. Und genau dies gelang dem Anwender im genannten Fall nicht. Eine ähnliche Entscheidung erging zur Mesotherapie. So hat das Oberlandesgericht München in einer Entscheidung vom 16.02.2012 festgestellt, dass bestimmte Werbeaussagen, wie z.B. „Lifting ohne OP“, „Das Ziel: Harte Eingriffe vermeiden und trotzdem bis zu 10 Jahre jünger wirken“ irreführend sind. Das Gericht ging davon aus, dass derartige Aussagen bei einem Teil der Adressaten die Vorstellung hervorrufen, dass mit Hilfe der Mesotherapie vergleichbare Ergebnisse der Hautstraffung und Faltenbeseitigung von gewisser Dauerhaftigkeit wie beim operativen Liften erzielt werden. Und schließlich urteilte das Landgericht Ravensburg am 10.07.2014 zur Kryolipolyse, das Aussagen wie „Fettpolster durch Kälte reduzieren“ mit weiteren Erläuterungen und dem Hinweis, dass bereits nach der ersten Anwendung Fettzellen um bis zu 30 % reduziert werden, irreführend sind.
Gemeinsam hatten alle genannten Verfahren, dass von den Anwendern keine Studien vorgelegt werden, die unter Anwendung überzeugender wissenschaftlicher Methoden zu der Feststellung gelangt sind, die die angegriffene Werbeaussage als zutreffend erscheinen lassen könnten – so die Gerichte.
Aber Halt! Selbst wenn eine entsprechende Abmahnung ins Haus flattert, ist dies kein Grund, sofort die Waffen zu strecken. Zum einen muss jeder Werbeauftritt im Einzelfall darauf überprüft werden, ob die getroffenen Aussagen tatsächlich irreführend sind. Entscheidend ist stets die Gesamtschau des Werbeauftrittes. Zum anderen sind die Unterlassungserklärungen, die seitens der Wettbewerbshüter verlangt werden, häufig zu weit gefasst. Dies gilt nicht nur für die Unterlassungsinhalte, sondern auch für die Vertragsstrafe sowie den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch. Auch sollte die Unterlassungserklärung stets so abgefasst sein, dass sie für zukünftige Entwicklungen, z.B. spätere wissenschaftliche Erkenntnisse, die die Wirksamkeit der Methode im beworbenen Maße belegen, Raum lässt. Selbst wenn also im sprichwörtlichen Sinne das Kind in den Brunnen gefallen ist, lohnt es sich also, anwaltlichen Rat einzuholen.
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