Mitarbeitermotivation: Die große Kunst des Wollens
„Mein Personal macht alles falsch!“ Diesen Satz zischte mir vor einigen Wochen ein aufgebrachter Praxisinhaber in den Hörer, der mich als Praxiscoach um Hilfe bat. Seine radikale Aussage lies tiefer blicken als ihm vermutlich lieb war. Wie alarmierend! Bei dieser inneren Haltung war es undenkbar, dass in seinem Team auch nur der Hauch nennenswerter Mitarbeitermotivation vorhanden war.
Mitarbeitermotivation: Mythos oder doch unverzichtbarer Booster für jedes Unternehmen? Kaum ein Thema wird so kontrovers diskutiertet und verfügt über Anhänger und Kritiker gleichermaßen. Was lässt Motivation entstehen, ist sie von außen zu entfachen und wie kann sie konstant gehalten werden? Bevor wir zum Kopfsprung in dieses facettenreiche Thema ansetzen, räumen wir erst einmal auf und verschaffen uns einen Überblick.
Was lässt Motivation entstehen?
Motivation ist ein Zustand der im „Innen“ passiert. Intrinsische (primäre) Motivation ist die stärkste Form der Motivation, da wir ein persönliches Leitmotiv haben. Es ist unser definiertes Ziel, dem wir entgegenstreben. Mit dem Erreichen dieses Ziels verbinden wir Erfolg. Wir haben es also mit dem Grundbedürfnis Selbstverwirklichung zu tun, das uns innewohnt und durch keinen Lebensbereich ersetzt oder aufgewogen werden kann.
Anders verhält es sich mit extrinsischer (sekundärer) Motivation. Hier gibt es ein äußeres Leitmotiv, zum Beispiel ein Lob zu erhalten oder Ärger zu vermeiden. Eine Gehaltserhöhung ist ebenfalls ein extrinsischer Motivator. Er ist allerdings nur vorübergehend und spornt nur bedingt an. Entscheidend ist, wie sehr wir uns mit dem Handeln und den damit verbundenen Zielen in unserem beruflichen Umfeld identifizieren können. Weichen unsere Vorstellungen von Erfolg und Selbstverwirklichung stark von unserem Alltag ab oder zwingt uns das berufliche Umfeld, mit „angezogener Handbremse“ zu fahren, ist intrinsische Motivation undenkbar. In solchen Fällen ist – wenn überhaupt – eine „Lightversion“ von Zweckoptimismus oder leichte Spuren von extrinsischer Motivation vorhanden.
Ist Motivation von außen zu erzeugen und
konstant zu halten?
Selbstverwirklichung und Persönlichkeit sind einem konstanten Wachstum unterzogen, das nur stattfinden kann, wenn das Klima stimmt. Es ist ein Naturgesetz: Ohne das richtige Klima ist Wachstum unmöglich. So ist es auch mit unserer Motivation. Die äußeren Umstände (Chef, Kollegen, Arbeitsplatz etc.) haben einen wesentlichen Einfluss auf uns. Die Motivatoren, die sich im „Außen“ befinden, lassen uns keineswegs kalt. Jeder freut sich über eine Beförderung, Anerkennung und nette Kollegen. Allerdings werden äußere Motivatoren es nie mit einem persönlichen Leitmotiv aufnehmen können.
Um Motivation konstant zu halten, empfehle ich die 3-Tages-Regel. Diese besagt, dass ein Mitarbeiter spätestens jeden dritten Tag einen kleinen Erfolg für sich verbuchen muss. Das kann zum Beispiel ein Abschluss sein, der Entwurf einer Strategie für ein komplexes Projekt oder das Wegsortieren der Ablage.
Für neue Mitarbeiter ist diese Regel noch nicht erfüllbar. Deshalb ist es wichtig, neue Kollegen einzubeziehen und ihnen auf diesem Weg zu kleinen Erfolgen zu verhelfen. Das erleichtert die Einarbeitungsphase immens und stärkt das kollektive Strebevermögen.
Mangelnde Mitarbeitermotivation kann einen ganzen Betrieb zum kranken bringen
Der aufgebrachte Praxisinhaber sah den kompletten Praxisablauf durch die „Allemachen- alles-falsch-Brille“. Das ist eine Ausgangslage, die es in sich hat. Doch schlimmer war, dass er sich durch diese selbsterfüllende Prophezeiung immer wieder bestätigt sah.
Als ich wie vereinbart zur Analyse kam, um mir ein Bild von Praxis und Team zu machen, bot sich mir der Inbegriff völliger Verantwortungsdiffusion und nicht existierender Mitarbeitermotivation.
Wenn Patienten an die Anmeldung kamen um sich anzumelden, konnte man sehen, dass die Mitarbeiterinnen es kaum erwarten konnten, die Patienten mit einem unfreundlichen und ruppigen: „Nehmen Sie im Wartezimmer Platz, es dauert noch!“ anzublaffen. Sie rissen den
Patienten Versichertenkarte und Überweisungsschein förmlich aus der Hand und hielten es nicht für nötig, die Patienten anzusehen, zu begrüßen oder ihnen zuzuhören.