Mögliche Nebenwirkungen bei TLA und Sedoanalgesie

Dr.med. Sabine Maier
Mariahilfer Str. 121B, AT-1060 Wien
E-mail: dr(at)sabinemaier.at

 

Die Entwicklung der Tumeszenz – Lokalanästhesie (lat. tumeszere = anschwellen) 1985 durch Dr. Jeffrey Klein und Dr. Patrick Lillis zählt wohl zu den größten Errungenschaften in der Geschichte der Fettabsaugung.  Sowohl bei der „Wet technique“, wo nur geringe Mengen verwendet werden, als auch bei der „Super Wet technique“ und der „TLA Methode“ wird die spezielle Lokalanästhesie im Verhältnis von 1:1 (abgesaugte Fettmenge: Lokalanästhesie) bzw. 1:2 – 3 (abgesaugte Fettmenge: Lokalanästhesie) verwendet. Die am häufigsten verwendeten Lösungen sind immer noch die nach J. Klein mit 0,05% Lidocain, aber auch die Lösung nach G. Sattler mit 0,038% Prilocain oder die Hamburger Lösung mit einer Kombination aus Lidocain und Prilocain. Wir wissen heute, dass die Dosierung von Lidocain von 45 – 55 mg / kg Körpergewicht als sicher angesehen werden kann. 1990 veröffentlichte J. Klein [1] bereits, wo eine deutlich höhere Dosierung als sicher beschrieben wurde, als die laut Beipacktext von Lidocain angegebene.

 

Gerade bei der Behandlung der Lipohyperplasia dolorosa wird in der Regel eine sehr große Menge TLA infiltriert und oft deutlich mehr abgesaugt, als dies bei ästhetischen Liposuktionen der Fall ist. Dadurch ergeben sich spezielle Vor- und Nachteile, die beachtet werden müssen. Der Vorteil der vollen Patientenmobilität während der Absaugung, die Hydodissektion, die Schonung der Gefäße und Lymphbahnen, die reduzierten postoperativen Hämatome und vieles mehr muss den Nachteilen der hohen TLA Mengen entgegengesetzt werden:

 

Die möglichen Nebenwirkungen und Komplikationen nach Absaugungen in TLA wurden in den letzten Jahren in zahlreichen Studien untersucht. 1988 publizierte J. Bernstein und C. William Hanke ihren Bericht zur Sicherheit der Fettabsaugungen und überprüften dabei 9478 Absaugungen [2]. 71% Patienten wurden dabei in örtlicher Betäubung behandelt, die Gesamtkomplikationsrate war äußerst gering.

1995 veröffentlichte C.W. Hanke einen weiteren Artikel zur Sicherheit der Tumeszenz-Liposuction [3]. Auch in dieser Untersuchung sind keine schwerwiegenden Komplikationen aufgetreten. Zu den gleichen Resultaten kamen die Studien von Housman et al [4] sowie von Dr. L. Habbema, der die größte Untersuchung von insgesamt 3240 Fällen in TLA abgesaugten Patienten, durchgeführt stets vom gleichen Dermatochirurgen veröffentlichte [5].

 

Alle diese Untersuchungen kamen zu dem Schluss, dass die Fettabsaugung in Lokalanästhesie ein nachweislich sicheres Verfahren darstellt.

 

Im Gegensatz dazu finden sich in der Dissertation von Patricia Beier [6] insgesamt 17 schwere Komplikationen (davon 6 Todesfälle) bei Absaugungen in TLA. Sie berichtet unter anderem über 5 nekrotisierende Fasziitisfällen, 3 Fällen von Sepsis und 2 viszeralen Perforationen.

 

Bei Eingriffen in TLA in Kombination mit i.v. Sedierung traten 24 schwere Komplikationen (davon 6 Todesfälle) auf. Es handelte sich dabei in 3 Fällen um nekrosisierender Fasziitis, 4 viszerale Perforationen und 6 Herz – Kreislaufstillstände.

 

Vergleicht man diese Zahlen mit der Liposuktion in Intubationsnarkose, sind die Nebenwirkungen dennoch deutlich geringer.

 

Die oben angeführten Studien beziehen sich in der Regel mehr oder weniger auf ästhetische Liposuktionen. Da sich in den letzten Jahren die Absaugung der Lipohyperplasia dolorosa als Grundpfeiler der Therapie etabliert hat und man im Gegensatz zu ästhetischen Absaugungen oft deutlich höhere Infiltrationsmengen sowie Absaugmengen hat, müssen zusätzlich neue Studien zur Beurteilung der Sicherheit herangezogen werden.

 

Eine rezente, umfassende Studie findet sich im Journal of Drugs in Dermatology, März 2021 von Dr. Matthias Sandhofer [7]. In seinem Artikel wurden unter anderem die peri- und postoperativen Verläufe von verschiedenen Faktoren genau gemessen [7]: die Lidocain Dosierung, der Einfluss der Epinephrine Dosierung, der Verlauf von Hämoglobin und Hämatokrit, dem Blutdruck, Atemfrquenz, spO2, der Schmerzverlauf wie auch der Füllungsgrad der V. cave inferior. M. Sandhofer kam zu dem Schluss, dass in erster Linie die Messung des Gesamtfettgehalts zur Berechnung der maximalen Menge an Lidocain in der TLA verwendet werden sollte, also die Lidocainmenge pro kg Fett und nicht wie früher üblich pro kg Köpergewicht berechnet werden sollte. Die eventuell zu erwartende Hypovolämie muss durch orale Flüssigkeitsgebe kompensiert werden.

 

Es wurde gezeigt, dass bei Einhaltung der allgemeinen Richtlinien zur Liposuktion auch große Eingriffe bei ambulanten Lipödempatientinnen sicher durchgeführt werden können.

 

Literatur:

 

  1. Klein JA. Tumescent technique for regional anesthesia permits lidocaine doses of 35 mg/kg for liposuction. J Dermatol Surg Oncol. 1990;16(3): 248-63.
  2. Bernstein G, Hanke CW. Safety of liposuction: a review of 9478 cases performed by dermatologists. J Dermatol Surg Oncol. 1988;14(10): 1112-4.
  3. Hanke CW, Bernstein G, Bullock S. Safety of tumescent liposuction in 15,336 patients. National survey results. Dermatol Surg. 1995;21(5): 459-62.
  4. Housman TS, Lawrence N, Mellen BG et al. The safety of liposuction: results of a national survey. Dermatol Surg. 2002; 28(11): 971-8.
  5. Habbema L. Safety of liposuction using exclusively tumescent local anesthesia in 3,240 consecutive cases. Dermatol Surg. 2009; 35(11): 1728-35.
  6. Baier P. Majorkomplikationen und todesfälle nach kosmetischer liposuktion im deutschsprachigen raum zwischen 1998 – 2002. Dissertation Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum. 2010.
  7. Sandhofer M, Hofer V, Sandhofer M et al. High volume liposuction in tumescence anesthesia in lipedema patients: a retrospective analysis. J Drugs Dermatol. 2021; 20(3): 326-334.

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