Originalie
Dirk Brandl, Florian Stelzle, Margrit Lettko, Sebastian Cotofana
Einige Bemerkungen zur ästhetischen Behandlung männlicher Patienten Gefallene Helden
Some remarks on the aesthetic treatment of male patients Fallen heroes
Keywords | Summary | Correspondence | Literature
Keywords
aesthetics, attractiveness, Man, proportion, role, sex, treatments
Schlüsselworte
Ästhetik, Attraktivität, Behandlungen, Geschlecht, Mann, Proportion, Rolle
Summary
The reason for dealing with the topic of "man" in aesthetic medicine is a very simple one that can be summarized in the question: Why do men undergo significantly fewer aesthetic treatments than women and how can we change this? Although we are dealing with a simple question, simple answers are forbidden, because if there were, we would have found them already. We are convinced that doctors working aesthetically should gain more extensive knowledge about men and their anatomical, psychological and social dimensions so that we can reduce the imbalance between the sexes in the number of aesthetic treatments. Each of the aspects covered in this article can be defined in much more detail and thus more precisely. However, this would lead too far for an intended first overview and would not necessarily expand our actual goal of allowing an improved aesthetic offer to male patients with new approaches.
Zusammenfassung
Der Grund für die Beschäftigung mit dem Thema "Mann" in dieser Publikation ist ein ganz einfacher, der sich in der Frage zusammenfassen lässt: Warum unterziehen sich Männer signifikant weniger ästhetischen Behandlungen als Frauen und wie können wir dies ändern? Obwohl wir es mit einer einfachen Frage zu tun haben, verbieten sich einfache Antworten, denn wenn es diese gäbe, hätten wir sie bereits gefunden. Ästhetisch arbeitende Ärzte sollten unbedingt - so unsere Überzeugung - ein umfangreicheres Wissen über den Mann, seine anatomischen, psychischen, aber auch gesellschaftlichen Dimensionen gewinnen, damit wir das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern die Zahl ästhetischer Behandlungen betreffend reduzieren können. Jeder der in diesem Artikel behandelten Aspekte kann viel detaillierter und damit auch genauer gefasst werden. Dies würde jedoch für einen intendierten ersten Überblick zu weit führen und unser eigentliches Ziel, mit neuen Ansätzen ein verbessertes ästhetisches Zugehen auf den männlichen Patienten zu erlauben, nicht unbedingt erweitern.
Sebastian Cotofana1, Margrit Lettko2, Florian Stelzle3, Dirk Brandl4
1Ass. Prof. Dr. Sebastian Cotofanaist Dozent für Anatomie am Albany Medical College, USA
2Dr. Margrit Lettkoist Allgemeinmedizinerin und Diplompsychologin mit Schwerpunkt Ästhetik
3Prof. Dr. Dr. Florian Stelzleist Facharzt für MKG-Chirurgie und plastische Operationen
4Dipl-Ing. Dirk Brandlist Sprecher der Globalhealth Akademie für Ästhetische Medizin
Einleitung
Wie bereits B. Rzany [1] in seinem Artikel angedeutet hat sind Männer und Frauen verschieden, was sicherlich niemanden verwundert. Ihre Verschiedenheit kann auf drei Ebenen betrachtet werden, und zwar körperlich, psychisch und sozial. Die körperlichen Unterschiede sind nicht einfach zu definieren, wobei es einige sehr herausragende Beispiele gibt, die sofort ins Auge springen, denken wir etwa nur an die Erscheinungsformen der Cellulite und des Bartwuchses oder an die sekundären Geschlechtsmerkmale wie die Brüste. Körperliche und anatomische Unterschiede erfordern eine geschlechtsspezifische Ästhetik und in der Tat haben wir es deshalb in der ästhetischen Medizin auch mit einer männlichen Ästhetik zu tun. Diese ist bis heute nur unzureichend definiert.
Erschwerend kommt nämlich hinzu, dass Psyche und die soziale Situation (gesellschaftliche Rollen) von Männern sich anders darstellen als die der Frauen. Durch die vielfältigen neueren Einflüsse bedingt befinden sich Männer heute in einer komplizierten psychischen Situation: Geprägt von alten Rollenbildern und konfrontiert mit der Herausforderung, neue Rollen zu erlernen, befinden sie sich in einer vielschichtigen Auseinandersetzung mit verschiedenen Anforderungen, die an sie gestellt werden.
Attraktivität
Die Attraktivität von Gesichtern wird durch eine Vielzahl von Kriterien bestimmt, die bislang weder für Männer noch für Frauen vollständig entschlüsselt sind. Forschungen zur Attraktivität haben sich dabei auf verschiedene Hypothesen gestützt, die sich im Nachhinein als nicht haltbar erwiesen haben wie etwa die Hypothese der Symmetrie oder die der Durchschnittlichkeit [2+3]. Als in der Ästhetik Arbeitende und Forschende bleibt für uns ein Kriterium übrig, dass wir aus der Praxis heraus entwickelt haben, nämlich das der Jugendlichkeit. Wenn wir Menschen behandeln, gleich welchen Geschlechtes, wollen wir immer die Attribute oder Zeichen von Jugendlichkeit (wieder)herstellen, ohne unsere Patienten zu Jugendlichen machen zu wollen.
Die weibliche Attraktivität korreliert stark mit Zeichen der jungen Weiblichkeit, also mit vollen Lippen, kleinem, zierlichen Kinn, der ovalen Gesichtskontur, größeren Augen und vollen Haaren. Sehr attraktive weibliche Gesichter sind sogar weiblicher als der Durchschnitt. Diese Zeichen der Weiblichkeit sind synonym mit der Höhe der Östrogenproduktion und damit Zeichen der weiblichen Fertilität.
Die männliche Attraktivität ist nur bedingt mit Maskulinität verknüpft. Sehr starke Maskulinität bedeutet hohe Testosteronproduktion und damit Aggression. Zeigen männliche Gesichter starke Maskulinität, werden sie deshalb eher als bedrohlich und kalt empfunden denn als attraktiv. Hinzu kommt, dass die weibliche Wahrnehmung der männlichen Attraktivität abhängig davon ist, in welcher Phase des menstrualen Zyklus sich die wahrnehmende Frau befindet. In der fertilen Phase hat sie eher Präferenzen für maskulinere Männer [4]. Somit scheinen Wahrnehmungsprozesse unserer neuronalen Netzwerke durch Hormone beeinflussbar zu sein.
Was wir als attraktiv empfinden ist nicht ausschließlich von unserer Kultur beeinflusst, sondern biologisch, es gibt aber auch gesellschaftsspezifische Schönheitsideale, die kulturbedingt sind.
Das Aussehen und damit die Attraktivität der Frau wird auch, aber nicht ausschließlich durch die Bedürfnisse von Männern mitbestimmt, warum sollte dies umgekehrt bei Männern anders sein?
Wenn man Männer richtig behandeln will, sollte man die Unterschiede genauer betrachten, um Hinweise dafür zu finden, welche Behandlungen von welchen Männern gewünscht werden. Die Aspekte, die die Verschiedenheit beispielsweise der Alterungsprozesse von Männern und Frauen betreffen, sind ebenfalls wichtig, jedoch scheinen sie den von uns angesprochenen Themen nachgeordnet, ebenso wie die Veränderung von Dosierungen oder Injektionspunkten. Könnte es etwa sein, dass Männer ganz andere Behandlungen wünschen als Frauen, nicht nur dieselben Behandlungen in anderer Dosierung? ist eine der Fragen, die wir hier diskutieren. Eine andere wäre die, ob das Thema Attraktivitätssteigerung ebenso eindeutig zu beantworten ist wie bei den Frauen in Bezug auf ästhetische Veränderungen.
Grundsätzlich können wir zur männlichen Attraktivität bemerken, dass Männer fast immer glatte Haut, volle Haare, klar definierte Gesichtszüge, sportliches muskulöses Aussehen (aber nicht wie Schwarzenegger) und weiße Haut (beim kaukasischen Typus) wollen.
Männerrollen
Den Mann gibt es ebenso wenig wie die Frau. Trotzdem finden seit tausenden von Jahren Prägungen auf bestimmte gesellschaftliche Rollen statt, die notwendig sind für viele verschiedene soziale Aufgaben. Seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts hat es sicherlich einen Wandel in diesen Rollenbildern gegeben, den wir ebenfalls berücksichtigen sollten. Dennoch, die Prägung über Jahrtausende lässt sich sicher nicht in einem Zeitraum von 50 Jahren vollständig beseitigen, deshalb sind auch die ursprünglichen Rollen und ihre Funktionen nach wie vor existent, überlagern oder widersprechen sich mit den neueren Rollenbildern.
Rollen prägen sich nicht willkürlich aus, sondern haben wichtige Funktionen für das Funktionieren und die Existenz einer Gesellschaft oder Gruppe. Sind diese Funktionen heute noch vorhanden oder haben andere Anforderungen neue Rollenbilder hervorzubringen? Inwieweit ist dies bereits geschehen? Wenn wir auf die ursprünglichen Funktionen rekurrieren wollen, können wir hier drei prägende Aspekte betrachten:
- Sexualität/Partnerwahl zur Reproduktion des eigenen Genpools
- Jagd und kriegerische Auseinandersetzung
- Stellung innerhalb der Gruppe
Diese Funktionen der Männerrolle haben dazu geführt, dass sich Männer anatomisch anders entwickelt haben als Frauen, da scheinen wir nicht sehr weit von unseren tierischen Verwandten entfernt zu sein. Wenn Darwins Evolutionstheorie auch für uns Menschen Geltung hat – wovon wir ausgehen -, müssen wir dies sogar unbedingt annehmen.
Die Übernahme dieser Rollen kann nur gelingen, wenn sie vorher im Kopf als Ideale oder anzustrebende Rollenbilder verankert wurden durch Prägung im Kindesalter. Mit „Macher, Ernährer und Held“ lassen sich sicher die prägendsten dieser ursprünglichen Rollenbilder simplifizieren. Daran müssen zwingend alle Männer heute scheitern.
Ist es eher so, dass dadurch, dass wir soziale Wesen sind, immerdas Bedürfnis nach eigener Schönheit, Attraktivität und damit – auch sexueller – Zuwendung gegeben ist?
Softies, Emanzipation, neue Frauenrollen, neue gesellschaftliche Herausforderungen
Die Rollenbilder haben sich in den letzten Jahrzehnten drastisch geändert. Der Mann wurde nicht mehr als Verteidiger und Held angesehen, sondern musste sich mehr und mehr den neuen Anforderungen einer Gesellschaft beugen. Die Frau revoltierte gegen die männliche Rolle bzw. die weibliche Unterdrückung durch Mann und Gesellschaft.
Frauen wollten zwar in der Regel weiterhin den männlichen Mann (manchmal auch den „Softie“), aber ohne Macht über sie als Frau. Die gesellschaftlichen Veränderungen veränderten dabei auch das Rollenverständnis der „Frau am Herd“, denn die Bedingungen der Produktion benötigten die weiblichen Arbeitskräfte, die Familie war nicht länger ein geschützter Bereich, die Rollen innerhalb des Familienverbundes wurden anders verteilt oder lösten sich sogar auf.
Für beide Geschlechter gab es in jedem Fall einen Bruch mit ihrer Rolle, wobei dieser Bruch bei den Frauen nicht zum Bruch ihrer Identität geführt hat – anders als bei den Männern. Dieser Identitätsbruch ist deshalb für unser Thema von Bedeutung, weil er eine der Ursachen dafür ist, dass wir noch kein einheitliches Vorgehen und kein klares Angebot an den männlichen Patienten haben (können).
Geschlechterrollen
Es ist kein Geheimnis, dass homosexuelle Männer sich ästhetisch eher behandeln lassen als heterosexuelle, je nachdem, welchen Geschlechterpart sie in der Beziehung einnehmen wollen.
Beinahe völlig unbemerkt bleibt die Macht der Frauen im gegengeschlechtlichen Verhältnis von Beziehungen. Die gesellschaftliche Ungleichheit oder Unterdrückung ist dabei nur die eine Seite der Medaille. Frauen werden auch unterdrückt, aber eben nicht nur. Frauen haben oft die Macht über die emotionalen Verhältnisse in der Beziehung und Männer sind abhängig von dieser besonderen Stärke. Wir wollen diesen Aspekt hier nur erwähnen, um die einzigartige Position der Männer in unserer Gesellschaft hier nochmals stärker im Kontrast hervorzuheben. Frauen nur als das „schwache“ Geschlecht zu betrachten ist einseitig und spiegelt nicht die wahren Verhältnisse wider. Diese verheimlichte Macht hat Auswirkungen auf die Identität der Männer zu ihrem eigenen Rollenverständnis.
Die anatomischen Besonderheiten
Dass ein Mann anders aussieht als eine Frau und dass es geschlechts-spezifische Unterschiede gibt ist kein Geheimnis. Diese Unterschiede fußen auf grundlegenden Mechanismen wie hormoneller Divergenz, die bereits im frühen embryonalen Stadium in Kraft treten und dadurch vieles in Bezug auf den späteren Phänotypus gleichfalls mitentscheiden.
Männer haben prozentual mehr Muskelmasse (als Frauen) und damit auch ein schwereres Gehirn. Der Knochenbau ist ein anderer, bedingt durch hormonelle Einflüsse. Hierbei ist es interessant zu vermerken, dass mit zunehmendem Alter die Knochen des Schädels sich einander angleichen, sodass im hohen Alter kein statistisch signifikanter Unterschied mehr besteht zwischen den Geschlechtern. Männer haben eine flachere Stirn als Frauen mit größeren Ausmaßen des zu Grunde liegenden Os frontale. Im Alter nimmt die Neigung zu, jedoch mehr bei Männern als bei Frauen. Interessanterweise nimmt bei Frauen im Alter an Knochendicke des Schädels zu oder bleibt konstant, während Männer die Dicke abnimmt. Dies ist ein grundsätzlich antizyklischer Trend, der sich entgegen den hormonell bedingten Veränderungen in der alternden Frau abspielt. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass auf dem Schädelknochen kein Muskelzug und kein Körpergewicht lastet, wie in allen anderen Bereichen des Körpers. Jedoch muss diese antizyklische Entwicklung zwischen dem alternden Mann und der alternden Frau berücksichtigt werden, wenn ästhetische Therapien geplant werden.
Männliche Probleme des Alterns
Welche besonderen Probleme des Alterns können wir bei Männern in den Vordergrund stellen und wie unterscheiden sich diese von den Problemen der weiblichen Patienten? M. di Maio et al. [5] haben bereits einige wichtige Hinweise gegeben, die sich teilweise mit unseren Anschauungen decken.
Betrachten wir die Bilder älterer Stars oder Berühmtheiten (googleln sie einmal beispielsweise Bilder von Stallone, Schwarzenegger, Pacino,…), fallen folgende Besonderheiten auf:
- Haarausfall (z.B. Jürgen Klopp)
Dies ist die wohl häufigste ästhetische Behandlung von Männern. Hier gelten klare Unterschiede zu Frauen was die Häufigkeit angeht, bedingt durch die genetischen Dispositionen. Haartransplantationen werden wahrscheinlich von Männern, wenn überhaupt nur bedingt als ästhetische Behandlung wahrgenommen. - Grobporigkeit und Aknenarben
Beide Aspekte haben einen großen Einfluss auf das alternde Gesicht und scheinen stärker hervorzutreten als bei Frauen. MesoLift und Needling in Kombination sind zu empfehlen. - Verlust klarer männlicher Konturen
Es gibt hier sicher Ausnahmen, allerdings ist die Schwammigkeit der Gesichtskontur bei vielen ein herausragender Aspekt. Zur Akzentuierung der Kontur kann der Einsatz von Fillern, Fäden und Injektions-Lipolyse hilfreich sein. - Hautveränderungen z.B. durch Altersflecken (z.B. Robert Redford)
Das ehemals schöne und strahlende Hautbild zeigt extreme Auswirkungen des Alterns, manchmal wird die Haut regelrecht runzelig. MesoLift, Needling und PRP scheinen geeignet zur Lösung dieser Probleme. - Fett
In einigen Regionen macht sich die ungesunde Lebensweise bemerkbar, sowohl im Gesicht als auch in Körperregionen. Vielfach reichen hier rein ästhetische Interventionen nicht aus, ohne Gewichtsverlust und Ernährungsumstellung sind diese Probleme nur bedingt zu lösen. Dies gilt allerdings auch für Frauen. - Verlängerung der Oberlippe mit Reduzierung des „Incisal Show“ – der Sichtbarkeit der oberen Schneidezähne, einem wichtigen Zeichen frischen und jungen Aussehens. Hierunter leiden insbesondere Männer, da der Incisal Show schon primär um 2-3 mm unter dem von Frauen liegt. Botulinum und Filler sind hier mit großer Zurückhaltung zu verwenden. Ein Lippenlift kann das Problem minimal-chirurgisch schnell und langzeitstabil lösen.
- Abrasion der Bezahnung mit Verlust der Höhe der unteren Gesichtshälfte und schmalen, eng aufeinanderliegenden Lippen, die zu einem „verkniffenen“ Aussehen führen, kann durch aufklebebare sehr feine Keramikrestaurationen oft auch ohne Beschleifen der eigenen Zähne stabil, unaufwändig und mit großem ästhetischen Erfolg wieder hergestellt werden. Der Tiger kann so wieder beißen, die Lippen werden so auch ohne Filler wieder voller und das Gesicht gewinnt an Kontur zurück.
Wir stellen uns die Frage, ob und inwieweit wir durch Faltenbehandlungen (BTX und Filler) den Männern tatsächlich zu mehr Attraktivität verhelfen. Gerade weil BTX und Filler bei den weiblichen Patienten so überzeugende Ergebnisse zu liefern vermögen, war eine Übertragung auf die Männer zwar verständlich, aber war sie auch richtig? Bei der Behandlung der Zornesfalte durch BTX wissen wir aus Studien, dass Männer mit starker Zornesfalte deutlich angestrengter und weniger kompetent rüberkommen.
Sicher ist, dass wir durch die widersprüchliche gesellschaftliche Bedeutung der Rolle(n) bei Männern kein klares Konzept haben, wie wir diese behandeln sollen und worauf wir den Fokus richten müssen, um Männer erfolgreich und zufriedenstellend zu behandeln.
Vorschläge zu einer männlichen Analytik
Wir müssen zwar davon ausgehen, dass Männer wie angedeutet heute grundsätzlich ein gespaltenes Verhältnis zur ästhetischen Optimierung haben, wobei das nicht bedeutet, dass Männer nicht auch attraktiv, jung und gesund aussehen wollen, was in vielen Fällen gleichbedeutend ist mit kräftig, markant und maskulin. Deshalb sollte in jedem Fall bei heterosexuellen Männern eine Feminisierung vermieden werden: Männer wollen immer noch eine starke Unterkieferlinie haben und ein prominentes Kinn. Die Augenbrauen sollen gerade und nicht geschwungen sein, ebenso wie das Mittelgesicht nicht zu voll sein sollte, um die Kontur des Jochbogens nicht zu verdecken.
Ästhetische Behandlungen werden in vielen Fällen als unmännlich betrachtet, sonst sähe die Behandlungsstatistik anders aus. Diese gesellschaftliche Bewertung haben wir einzubeziehen, wenn wir Männer davon überzeugen wollen, durch ästhetische Behandlungen Attraktivität zurückzugewinnen.
Frauen schminken sich, Frauen verwenden viel Zeit und Geld für die Hautpflege und Kosmetik, Frauen haben eine viel stärkere Identität dazu, schön und attraktiv sein zu wollen. Nimmt man – zumindest in der Beratung – den für das Erscheinungsbild des Gesichtes so wichtigen Aspekt der Ästhetik rund um die Zähne mit auf, wird man Männer auf einer sehr tief verankerten Ebene (Ausdruck von Stärke, Virilität und Wehrhaftigkeit spiegeln sich auch in den Oberkieferfrontzähnen – „Zähne zeigen“, „Durchbeißen“) erreichen, der den Weg für weitere ästhetische Maßnahmen bahnen kann.
Es ist deshalb sehr wichtig, den Aspekt der männlichen Ablehnung ästhetischer Behandlungen in die eigene Außendarstellung der ästhetischen Praxis mit aufzunehmen und in der Eigenpräsentation, z.B. der Homepage oder dem Facebook Profil, Argumente zu liefern, warum Ästhetik heute „männlich“ ist. Männer, die die Praxis aus Gründen der ästhetischen Behandlung aufsuchen, haben diese Problematik bereits für sich mindestens teilweise gelöst, das eigene Problem ist gravierender als die Widerstände gegen eine Behandlung. Diese Männer wissen um die Macht der Jugend in unserer Gesellschaft.
Vollständig unbeeindruckt scheinen Männer bei Tattoos, die für viele eine ästhetische Verschönerung darstellen (sollen). Ein neues Tattoo wird nur über Schmerzen erlangt, ist mittlerweile gesellschaftlich akzeptiert, kann mit Stolz gezeigt werden etc. Die modernen Helden, unsere Identifikationsfiguren wie beispielsweise Fußballer, leben es uns vor. Hat Bayern München einen eigenen Tätowierer beschäftigt? lautet eine häufig gestellte Frage abseits des Spiels.
Im ersten Beratungsgespräch scheint es notwendig, die individuellen Probleme gemeinsam zu analysieren und auch auf die eigene Definition von Attraktivität zu beziehen.
Zusammenfassung
Dies bedeutet, dass es einer größeren Analyseleistung als bei der Frau bedarf, um beim einzelnen Mann erst einmal festzustellen, wo denn die für ihn wichtigen Signale für Attraktivität zu finden sind, was genau er als attraktiv empfindet. Die Übertragung von vor allem auf die weibliche Geschlechterrolle zugeschnittenen extensiven Behandlungen wie Filler oder Botulinum Toxin A ist nicht zu empfehlen, da sie der männlichen Anatomie im allgemeinen und der des älter werdenden Mannes im Besonderen widersprechen können.
Korrespondenz-Adresse
PD Dr.med. Sebastian Cotofana
Associate Professor
Anatomical Simulation and Research
Gross Anatomy
Albany Medical College
47 New Scotland Avenue MC-135
12208 Albany, NY – USA
Conflict of Interests
Keine finanziellen Interessen
Literatur
1. Rzany B (2018) Der Mann und die Ästhetische Medizin: das vergessene Geschlecht. Kos Med 39(1): 10-18.
2. Lettko M, Brandl D: Kontroversen in der ästhetischen Medizin. Die Rahmenbedingungen 7: Die soziale Macht der Schönheit. Kosm Med 36(1): 22-28.
3. Lettko M, Brandl D: Kontroversen in der ästhetischen Medizin. Die Rahmenbedingungen 8: Die soziale Ohnmacht der Schönheit. Kosm Med 36(2): 74- 80.
4. Johnson et al. (2001) Male facial attractiveness, Evidence for hormon-mediated adaptive design, Evol Human Behav 22: 251-267.
5. di Maio M, Rzany B: The male patient in aesthetic medicine, Springer Verlag Heidelberg, DOI: 10.1007/978-3-540-79046-4.