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Kontroversen in der ästhetischen Medizin – 1. Inwieweit stimmen die Grundlagen?

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Schlüsselworte

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Summary

Backgrounds of four most important groups of non-invasive treatment methods in aesthetic medicine are analyzed. All these methods demonstrate numerous controversies between the theory and experimental/clinical results.

Zusammenfassung

Grundlagen von vier wichtigsten Gruppen von nicht invasiven Behandlungsmethoden in der ästhetischen Medizin sind analysiert. Alle diese Methoden zeigen zahlreiche Kontroversen zwischen Theorie und experimentellen/klinischen Ergebnissen.


 

Einführung

Obwohl die ästhetische Medizin weiter schnell wächst, bleibt sie dennoch gleichzeitig auch eins der am schlechtesten begründeten und wissenschaftlich gesicherten Bereiche in der Medizin. Viele theoretische Grundlagen verschiedener nicht invasiver Behandlungsmethoden bleiben unvollständig oder sind falsch und führen letztendlich zu inkorrekten Aussagen und Versprechungen. Die bestehenden offensichtlichen Kontroversen werden oft entweder nicht gesehen oder einfach ignoriert.


 

Kontroversen in der ästhetischen Medizin – lesen Sie die 5-teilige Serie:

 

– 1. Inwieweit stimmen die Grundlagen? >

– 2. Simplex sigillum veri der Photoepilation >

– 3. Neokollagenese – „Die unendliche Geschichte“ >

– 4. Enigma der Cellulite >

– 5. Body Contouring – Eine einheitliche Vielfalt >

 


 

In diesem Artikel werden wir den Versuch unternehmen, einige wichtige Kontroversen der ästhetischen Medizin zu formulieren, um uns einen Gesamtüberblick über den wissenschaftlichen Status in diesem Bereich zu verschaffen. Damit es bei einer klaren Übersicht bleibt, wird in diesem Artikel auf einzelne tiefere Analysen verzichtet. In den darauf folgenden Artikeln werden die ausgewählten Bereiche der ästhetischen Medizin dann einzeln analysiert.

Kontroversen zwischen den bestehenden theoretischen Grundlagen und den experimentellen/klinischen Ergebnissen in der ästhetischen Medizin sind nicht rein theoretischer Art. Sie spiegeln sich auch in falschen oder nicht optimalen Behandlungsstrategien wider, was letztendlich sogar zu gravierenden Behandlungsproblemen führen kann. Einige solcher Probleme werden in den darauf folgenden Artikeln näher erläutert.

Folgende nicht invasive Behandlungsmethoden der ästhetischen Medizin wurden für eine Analyse ausgewählt:

  1. Photoepilation
  2. Methoden zur Stimulation der Neokollagenese
  3. Methoden für Cellulite-Behandlungen
  4. Methoden für Bodycontouring.

Die Auswahl bedeutet jedoch nicht, dass nur auf diesen Gebieten theoretische Probleme entstehen. Gleichzeitig sind die in diesem Artikel diskutierten Kontroversen allgemeiner Art und beziehen sich nicht auf konkrete Geräte oder Behandlungsmodalitäten, die innerhalb eines Behandlungsfeldes durchaus eine gewisse Variabilität in den Behandlungsergebnissen zeigen können. In der darauf folgenden Beschreibung werden einige Kontroversen als Paradoxen formuliert, um weitere Diskussion zu vereinfachen.

 

Photoepilation

Problembeschreibung

Photoepilation ist eine der wichtigsten Anwendungen der Lichttherapie in der ästhetischen Medizin. Sie basiert auf einem allgemein akzeptierten Modell von „zyklischen“ Haarfollikeln, die ihr Melaningehalt periodisch ändern, sowie auf bekannten Wechselwirkungen des Lichtes mit einigen Chromophoren in der Haut. Photoepilation ist eine der wenigen ästhetischen Behandlungsmethoden mit einem theoretischen Background, der im Allgemeinen akzeptiert wurde. Dieser Background basiert auf dem Prinzip der selektiven Photothermolyse, welches die Wirkung der Photoepilation mit einer primären Lichtabsorption im Haarmelanin und einem darauf folgenden lokalen Temperaturanstieg begründet. Dies sollte nicht nur eine theoretische Grundlage der Photoepilation liefern, sondern auch die optimale Behandlungsstrategie bestimmen.

Unabhängig davon, welche Behandlungstechniken (Laser oder IPL-Geräte) zur Photoepilation im Einzelnen eingesetzt werden, sehen sich die Anwender in der Praxis alle mit denselben Problemen konfrontiert. Diese Probleme sind wiederum eng mit den allgemeinen Schwierigkeiten der derzeitigen Photoepilations-Theorie verbunden.

 

Kontroversen in der Photoepilation

1. Anagen-Paradoxon

Es besteht eine große Diskrepanz zwischen der Gesamtanzahl von anagenen Haaren und der tatsächlichen Anzahl lichtsensibler Haare im Behandlungsgebiet.

Diese Diskrepanz ist besonders groß bei Gesichtshaaren, die sich zu 65–70% in solch einer Anagenphase befinden. Für diese Haare sind in der Regel trotz des hohen Anagenanteils nicht zwei (wie es theoretisch zu vermuten wäre) sondern tatsächlich über 6–8 Behandlungen notwendig, um eine Haarreduktion von über 90% zu erzielen. Diese Kontroverse kann nur mit einer Heterogenität bei der Lichtsensibilität von Haaren in der Anagenphase vernünftig erklärt werden, was bedeuten würde, dass Haare mit gleichem Melaningehalt durchaus unterschiedlich auf Licht reagieren können. Diese These steht damit in einer starken Konfrontation zu der aktuellen Photoepilations-Theorie, die eine bestimmte Konzentration von Melanin im Haarfollikel als notwendige und ausreichende Bedingung für eine Haarschädigung festlegt und damit keinen weiteren Raum für eine Heterogenität der Anagenphase zulässt.

 

2. Melanin-Paradoxon

Das Melanin im Haarschaft zeigt angeblich keine photoepilation-relevante Reaktion auf das Licht.

Laut Theorie sollten nur anagene Haare lichtsensibel sein, weil nur solche Haare eine zur Photoepilation ausreichende Konzentration von Melanin besitzen. Die Gesamtmenge von Melanin im Haarschaft ist allerdings nicht viel kleiner als die in der Haarmatrix. Seine Rolle scheint jedoch bei der Photoepilation offensichtlich sekundär zu sein. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder absorbiert das Melanin im Haarschaft deutlich weniger Licht (was fast unmöglich ist, da das Melanin im Haarschaft und in der Haarmatrix dieselbe Struktur haben) oder aber die Absorption des Lichts durch das Melanin im Haarschaft führt nicht zu der notwendigen Temperatursteigerung. Das Letztere kann allerdings nur dann zutreffen, wenn die Lichtabsorption im Melanin grundsätzlich keine ausreichende Bedingung für die Haarreduktion darstellt und die sekundären Targets der Photoepilation sich in unmittelbarer Nähe zur Haarmatrix (d.h. am distalen Ende des Haarfollikels) befinden.

 

3. Hirsutismus-Paradoxon

Behandlungsergebnisse bei Patienten mit Hirsutismus fallen in der Regel deutlich schlechter aus als bei normalen Patienten.

Der Hirsutismus ist grundsätzlich mit einer Verlängerung der Anagenphase im Haarzyklus verbunden. Somit müssten die betroffenen Haare theoretisch gesehen eine längere Zeit von ihrem Zyklus in der „lichtsensiblen“ Phase verbringen und damit bei gleicher Lichtenergieabgabe deutlich besser reagieren. Das Gegenteil ist allerdings der Fall. Um die bestehende Theorie an diesem Punkt retten zu können, wird oft damit argumentiert, dass solche Haare tiefer liegende Follikel haben, die vom Licht nicht effektiv erreicht werden können. Diese Erklärung kann allerdings die enorme Erhöhung der Anzahl von notwendigen Photoepilations-Behandlungen bei Hirsutismus nicht rechtfertigen.

 

4. Region-Paradoxon

Anatomisch ähnliche Haare reagieren an verschiedenen Körperstellen sehr unterschiedlich auf gleiche Lichtenergiemengen.

Anatomisch ähnliche Haare haben analoge geometrische Eigenschaften und besitzen eine vergleichbare Menge von Melanin. Rein theoretisch, sollten sie demnach auch ähnlich auf die gleiche Lichteinstrahlung reagieren. Das ist allerdings nicht der Fall. Das bekannteste Beispiel dafür sind die Rückenhaare, die sich anatomisch kaum von beispielsweise Brust- oder Armhaaren unterscheiden und trotzdem deutlich schlechtere Behandlungsergebnisse zeigen.

 

5. Intensitäts-Paradoxon

Haare können, je nach eingestrahlter Energie, entweder eine reduzierende oder eine stimulierende Reaktion auf das Licht zeigen.

Gleiche Lichtquellen (z.B. Dioden-Laser) können tatsächlich bei verschiedenen Intensitätsabgaben entweder zur Haarentfernung oder aber zur Stimulation des Haarwachstums eingesetzt werden. So eine Verhaltensweise kann nur mit einer bi-phasischen Reaktion der Haare auf das Licht erklärt werden, was den Rahmen der klassischen Photoepilation-Theorie komplett sprengen würde.

 

6. Dosis-Effekt-Paradoxon

In der Regel kann keine klare Dosis-Effekt Kurve für die Photoepilations-Wirkung  nachgewiesen werden.

Wenn die Lichtsensibilität primär mit dem Melaningehalt in anagenen Haaren verbunden ist, sollte eine Erhöhung der Lichtenergie zu einer Verbesserung der Behandlungsergebnisse (zumindest bei dauerhafter Unterbrechung des Haarzyklus) führen. Eine klare Dosis-Effekt-Kurve konnte bisher allerdings nicht wirklich nachgewiesen werden. Obwohl in einigen Fluence-Bereichen diese Abhängigkeit tatsächlich existiert, so gibt es bei höheren Fluence-Werten bereits eine Sättigung, wobei die Anzahl der potentiell „lichtsensitiven“ verbleibenden Haare (z.B. im Gesicht) immer noch relativ hoch ist. Andererseits können auch niedrigere Fluence-Werte bereits eine haarreduzierende Wirkung zeigen.

 

7. Technologie-Paradoxon

Verschiedene Behandlungsmodalitäten mit einem breiten Spektrum von Wellenlängen, Pulsformen und Pulsdauer bringen nicht die gewünschte Effektivitätssteigerung.

Dies ist eine logische Konsequenz der aktuellen Photoepilations-Theorie, die zur Entwicklung von neuen und komplizierten Behandlungstechnologien führte, welche die Behandlungsergebnisse verbessern und das therapeutische Intervall zwischen der Lichtabsorption in der Haut und den Haarfollikeln weiter vergrößern sollten. Immer komplexere Behandlungssysteme sollten nicht nur für den sicheren Behandlungsverlauf, sondern auch für bessere Behandlungsergebnisse (z. B. starke Reduktion notwendiger Sitzungen) sorgen. Das Letztere ist allerdings nicht gelungen.

 

Fazit

Die klassische Photoepilation-Theorie ist im besten Fall unvollständig [1]. Ein Problem liegt darin, dass die Lichtabsorption im Melanin eine notwendige jedoch nicht ausreichende Bedingung für eine erfolgreiche Haarentfernung bildet. Dies kann mit der intra-anagenen Variabilität der Lichtsensibilität von Haarfollikeln zu tun haben, die in der klassischen Photoepilations-Theorie nicht berücksichtigt wird. Wir werden im darauf folgenden Artikel über die Photoepilation zeigen, dass die Lichtsensibilität von Haarfollikeln mit speziellen mesenchymalen Remodellierungs-Prozessen am distalen Ende des Haarfollikels räumlich und zeitlich korreliert. Das kann viele Kontroversen einfach erklären und sogar eine Brücke zwischen der Photoepilation und einer androgenen oder chemotherapeutischen Alopezie aufbauen. Folgen dieser überraschenden Revision wären nicht nur rein theoretisch. Sogar die optimale Behandlungsstrategie bei der Photoepilation und folglich die Anwendung einiger komplizierter Behandlungstechnologien müssten konsequent infrage gestellt werden.

 

Methoden zur Stimulation der Neokollagenese

Problembeschreibung

Die Hautverjüngung mit ablativen und nicht ablativen Behandlungsmethoden, basierend auf verschiedenen Lichtquellen (Laser, IPL, LED), radiofrequenten Strömen (monopolar, bi-polar, fraktioniert), Ultraschallwellen sowie ihren Kombinationen, findet immer mehr Anwendung in der ästhetischen Medizin. Bei fast allen in diesem Zusammenhang benutzten Behandlungsmethoden (zusammengefasst als Skin Rejuvenation und Skin Tightening) wird behauptet, dass der Haupteffekt ihrer Applikation eine thermische und/oder athermische Stimulation der Neokollagenese sei. Diese Behauptung erweckt den Eindruck, dass die Neokollagenese sich als eine unspezifische Reaktion auf verschiedene physikalische Kräfte (sogar bei niedrigen Intensitäten) entwickeln kann. Dabei wurde hier die Neokollagenese als Zielreaktion nicht zufällig ausgewählt, sondern deshalb, weil reifes Kollagennetz im Bindegewebe hauptsächlich für mechanische Eigenschaften der Haut verantwortlich sein soll. Dieses Bild widerspricht allerdings den Grundprozessen des Kollagen-Turnovers im Bindegewebe und kann zu gravierenden Fehlbehauptungen führen.

 

Kontroversen in der Neokollagenese

1. Begrifflichkeitswiderspruch

Was versteht man unter Neokollagenese – Stimulation der Prokollagen-mRNS, des Prokollagen-Proteins oder die Stimulation von reifem Kollagen?

Dies ist eine grundlegende Frage. Die Festigkeit des Gewebes und seine Formen werden grundsätzlich durch das reife Kollagennetz bestimmt. Gemessen werden allerdings fast in allen experimentellen und klinischen Studien die Prokollagen-mRNS und/oder das Prokollagen-Protein. Zwischen diesen beiden Kollagenarten gibt es zwar eine kausale aber keine quantitative Verbindung. Demnach kann bei einer nachgewiesenen Prokollagen-Stimulation nicht ohne Weiteres auf einen Aufbau vom reifen Kollagennetzwerk geschlossen werden.

2. Gleichgewicht-Paradoxon

Veränderungen in der Prokollagen-Produktion sollten zu einer Hautbildverbesserung führen, obwohl sich die Prozesse von Prokollagen-Aufbau und -Abbau unter physiologischen Bedingungen im Gleichgewicht befinden müssen.

Ein Großteil des neu produzierten Prokollagens (auf mRNS- und Protein-Ebene) wird nach einer kurzen Zeit wieder zerlegt, weil sich das System in einem dynamischen Gleichgewicht befinden muss. Das bedeutet, dass nur ein kleiner Teil des neu produzierten Prokollagens in reifes Kollagen umgewandelt werden kann. Im Endergebnis sollte dies zu einem stärkeren Turnover bei fast unverändertem Nettogehalt von reifem Kollagennetz führen, wobei die dazu führenden Prozesse eine isotropische Struktur haben sollten. Jegliche Abweichung von der Gleichgewichtsregelung müsste potentiell zu einer Sklerodermie-Gefahr führen, da die Aufbau-/Abbau-Prozesse bei einer Prokollagen-Modulation bei allen in der ästhetischen Medizin angewendeten Behandlungsmodalitäten nicht eindeutig kontrolliert werden können. Diese Tatsache könnte sich ändern, wenn nicht unter physiologischen, sondern unter pathologischen Bedingungen behandelt wird, z.B. wenn während der Behandlung lokale Verletzungen oder Verbrennungen entstehen, die ebenfalls lokale Wundheilungsprozesse initiieren können. Daraus resultiert allerdings keine physiologische Neokollagenese, sondern eine pathologische Fibrosierung mit lokaler interner Makro- oder Mikrovernarbung des Bindegewebes, das seine Strukturen anisotropisch modulieren kann.

3. Halbwertzeit-Paradoxon

Ein Aufbau von reifem Kollagen sollte zu einer Hautbildverbesserung führen, obwohl die Halbwertzeit von diesem Prozess mehrere Jahre beträgt.

Unter normalen quasi-physiologischen Bedingungen ist solch ein Mechanismus jedoch theoretisch nicht möglich, weil die Halbwertzeit von reifem Kollagen-Turnover bei ca. 15 Jahren liegt. Als einzige Möglichkeit bleibt hier eine pathologische Vernarbung des Gewebes, die langfristig allerdings zu einer negativen Hautbildentwicklung mit wieder nachlassendem Hautturgor führen kann.

4. Abbau-Paradoxon

Wenn die Neokollagenese nach Anwendung verschiedener Behandlungsmethoden für eine Hautbildverbesserung verantwortlich sein soll, warum sind die Ergebnisse lediglich kurz- oder im besten Fall mittelfristig?

Angesichts des sehr langsamen Turnovers von reifem Kollagen in der Haut müsste eine durch die Behandlung erreichte Hautbildverbesserung auch nur langsam nachlassen. Demnach sollte man entweder akzeptieren, dass schnelle und gleichzeitig langfristigere Ergebnisse nur mit einer anisotropen Vernarbung des Bindegewebes zu erreichen sind, oder aber, dass nicht die Neokollagenese als Prozess an sich für die oft beobachtete Hautbildverbesserung nach solchen Skin Rejuvenation/Skin Tightening Behandlungen primär verantwortlich zu sein scheint.

 

Fazit

Eine Neokollagenese als Hauptmechanismus für Hautbildverbesserung nach einer Anwendung von verschiedenen Behandlungsmodalitäten mit Intensitäten die nicht zu einer starken Hautverletzung führen (unter quasi-physiologischen Bedingungen) ist sogar theoretisch unwahrscheinlich. Bei höheren Intensitäten ist zwar eine pathologische Fibrosierung (Vernarbung) des Bindegewebes möglich, allerdings ist gleichzeitig damit zu rechnen, dass solche Vernarbungen (obwohl sie anfangs zur besseren Innendruckverteilung im Gewebe führen können) später bei erneut nachgelassenem Hautturgor sogar eine Hautbildverschlechterung verursachen können und entsprechend korrigiert werden müssen. Diese Problematik könnte allerdings dadurch umgangen werden, dass statt einzelner Behandlungen ganze längerfristige Behandlungskuren eingesetzt werden. Im folgenden Artikel über Neokollagenese werden wir diese Prozesse biophysikalisch analysieren sowie einige realistische Einschätzungen durchführen.

Methoden zur Cellulite-Behandlung

Problembeschreibung

Bisher wurde bereits von Behandlungserfolgen bei Cellulite-Anwendungen mit Reizstrom, Elastokompression, Vakuummassage, radiofrequentem Strom, Ultraschall und verschiedenen Lichtquellen berichtet. Der neueste Trend geht immer mehr in Richtung der Kombination von verschiedenen Energiearten, was aber auch die Geräte und Anwendungen immer teurer und komplizierter machen lässt, ohne dabei die Ergebnisse signifikant zu verbessern. Dass solch unterschiedliche Behandlungsmethoden zu einer gewissen Hautbildverbesserung bei Cellulite führen können, weist auf eine unspezifische Reaktion hin, die mit einer speziellen Pathophysiologie der Cellulite verbunden zu sein scheint.

Die einzelnen Behandlungsmethoden bauen dabei ihre Grundlagen auf unterschiedlichen Pathophysiologien der Cellulite auf. Eine davon ist die Theorie der Mikrozirkulation, die als Ursache für die Entstehung der Cellulite eine lokale Verschlechterung der Durchblutung und der daraus resultierenden Entwicklung von Lymphödemen/Lipödemen sieht. Eine andere verbindet die Cellulite-Erscheinung mit einer Wasseransammlung und Ödembildung. Die Dritte sieht die Ursache für Cellulite in anormaler Anordnung von Kollagenstrukturen. Diese und einige andere pathophysiologischen Theorien stehen deutlich im Widerspruch zueinander, was eine einheitliche Bewertung der Behandlungsmethoden zusätzlich erschwert. Eine konsequente Formulierung der optimalen Behandlungsstrategie wird auch in der Zukunft ohne eine vernünftige Pathophysiologie der Cellulite nicht möglich sein.

 

Kontroversen bei der Cellulite

1. BMI-Paradoxon

Selbst Frauen mit normalem oder sogar niedrigem Body Mass Index (BMI) können Cellulite bekommen.

Dieses Phänomen deutet darauf hin, dass die strukturellen Eigenschaften des subkutanen Fettgewebes nicht unbedingt mit dem BMI korrelieren. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass die Cellulite-Erscheinung eher von den beiden wichtigsten Typen des Fettgewebes (hypertropher und hyperplastischer Typ) abhängt und nur bei dem einen Typ überhaupt zustande kommt.

2. Reaktions-Phänomen

Cellulite kann auf unterschiedliche physikalische (und einige pharmakologische) Behandlungsmethoden reagieren.

Dieses Phänomen kann nur mit einer unspezifischen Reaktion erklärt werden. Das bedeutet allerdings, dass alle Behandlungsmethoden, die eine gewisse Verbesserung bei Cellulite hervorrufen können, auch eine unspezifische Wirkungskomponente haben müssen. Eine Analyse hat gezeigt, dass alle Methoden, die eine Verbesserung bei Cellulite hervorrufen, auch bei hypertrophen Narben eingesetzt werden können und dass sie alle eine modulierende Wirkung auf die Aktivität von Matrix Metalloproteinasen (MMPs) zeigen. Dies wirft natürlich die Frage über die Rolle einer möglichen inneren Vernarbung von subkutanem Fettgewebe in der Cellulite-Pathophysiologie auf.

3. Halbwertzeit-Phänomen

Die Behandlungsergebnisse bei allen bekannten nicht invasiven Cellulite-Behandlungsmethoden sind relativ kurzfristig.

Eine kurze Halbwertzeit der Hautbildverbesserung nach verschiedenen nicht invasiven Cellulite-Behandlungen deutet auf eine schnelle Wiederherstellung der inneren Gewebsstruktur hin. Das würde bedeuten, wenn die angewendete Methode in der Lage ist, die Spannung im Fettgewebe durch den Fibrosierungsabbau zu reduzieren, dass diese Fibrosierungen nach einer relativ kurzen Zeit wieder hergestellt werden. Solch schnelle Rekonvaleszenz zeigt, dass alle bisher bekannten Behandlungsmethoden bei Cellulite phänomenologischer Art sind und damit die Erscheinungen aber nicht die Ursachen behandelt werden. Die Ursache liegt höchst wahrscheinlich in den hypertrophen Adipozyten selbst, denn sie besitzen die Eigenschaft, eine ganz spezielle Fibrosierung im Fettgewebe aufzubauen.

4. Therapieresistenz-Paradoxon

Einige Patienten entwickeln eine Therapieresistenz bei fortgeschrittener Anwendungsanzahl von einer und derselben Behandlungsmethode.

Dieses Phänomen kann nur so erklärt werden, dass jede weitere Wiederherstellung der Fibrosierung die Situation immer mehr verschlechtert. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn die hypertrophen Adipozyten nach den durchgeführten Behandlungen sich weiter vergrößern können.

5. Ethnisches Paradoxon

Warum gibt es bei Frauen der kaukasischen und asiatisch-indischen Gruppen solche signifikanten Unterschiede bei der Cellulite-Erscheinung?

Ohne diese Frage zu beantworten, wird keine Theorie dauerhaft Bestand haben. Eine plausible Antwort kann damit verbunden werden, dass Kaukasier und Asiaten genetisch bedingt unterschiedliche Fibrosierungen im Fettgewebe aufbauen und somit unterschiedliche subkutane Druckverteilungen haben müssen.

Fazit

Die oft beobachteten Behandlungsergebnisse bei Cellulite haben hauptsächlich mit einer unspezifischen Reaktion des Fettgewebes zu tun, wobei diese eine relativ kurze Halbwertzeit aufweist. Um eine optimale Behandlungsstrategie bei Cellulite definieren zu können, muss die Pathophysiologie erst einmal richtig formuliert und überprüft werden. Allerdings scheint die Pathophysiologie so komplex zu sein, dass jede durchgeführte Behandlungsstrategie bei der alle Anwendungen (inkl. der oben genannten Kombinationen) in einem Schritt gleichzeitig laufen keine langfristige Verbesserung bringen kann. Aus diesem Grund muss nicht nur die Behandlungsart selbst, sondern viel mehr das Behandlungsschema genauer analysiert werden [2]. Diese Probleme werden im darauf folgenden Artikel über Cellulite näher erläutert.

 

Methoden für Bodycontouring

Problembeschreibung

Auf keinem Gebiet der ästhetischen Medizin wurden so viele neue Behandlungsmethoden eingeführt wie auf dem Gebiet des Bodycontouring. Es wurden verschiedene nicht invasive Behandlungsmodalitäten auf Basis der Elastokompression und Vakuummassage, Kälte und Wärme, Elektrostimulation, radiofrequenter Ströme, HIFU, der Kavitation, des Diodenlasers, Stoßwellen sowie ihrer Kombinationen eingesetzt in der Hoffnung, die mit der ästhetisch-plastischen Chirurgie vergleichbaren Ergebnisse zu erreichen. Es ist schon unglaublich, dass für fast alle dieser Methoden ähnliche Ergebnisse bezüglich der Umfangreduktion von bis zu 10–12 cm veröffentlich wurden. Fast immer wurden die so erreichten Ergebnisse mit dem lokalen Fettabbau in der behandelten Körperregion erklärt, was der damit erzielten Umfangreduzierung eine dauerhafte Wirkung sichern sollte.

Abgesehen davon, dass verschiedene Methoden keineswegs für den Abbau von solchen Fettmengen verantwortlich sein können, ihre Einführung führte gleichzeitig zu gravierenden Problemen in der Praxis. Dies hat mit verschiedenen Fettgewebs-Typen zu tun, die sehr unterschiedliche Reaktionen auf verschiedene Behandlungsmethoden zeigen können. Daraus resultierte eine nicht unerhebliche Gruppe von „Therapieversagern“, die a priori keine Reaktion zeigten, allerdings auch nicht durch eine Differenzialdiagnostik aussortiert werden können.

Ein nicht invasives Bodycontouring ist in erster Linie mit einer Umfangsveränderung verbunden. Der Umfang (besonders in abdominalen und femoralen Bereichen) zeigt allerdings spontane Schwankungen, die sogar im Laufe des Tages mehrere Zentimeter betragen können und u.a. stark mit dem Wasserkonsum verbunden sind.

 

Kontroversen beim Bodycontouring

1. Regional-Paradoxon

Warum sind die Fettablagerungen im gluteo-femoralen Bereich lipolytisch besonders resistent?

Diese Resistenz muss mit der speziellen Struktur des Fettgewebes in dieser Körperregion zu tun haben und deutet höchstwahrscheinlich auf eine hypertrophe Art vom Fettgewebe hin.

2. Reaktions-Paradoxon

Warum kann eine Umfangreduzierung der gleichen Körperregion mit verschiedenen nicht invasiven Behandlungsmethoden erreicht werden?

Wie auch bei Cellulite deutet dieses Phänomen auf eine unspezifische Reaktion hin. Weil für solche Methoden wie Elektrostimulation, Elastokompression, Vakuummassage, radiofrequente Ströme, Ultraschall, usw. ähnliche Umfangreduktionswerte berichtet wurden, kann dieser Effekt allerdings unmöglich hauptsächlich mit einer „Fettreduktion“ zu tun haben. Die oft als Beweismittel präsentierten Ultraschallbilder, die eine Reduktion des subkutanen Fettgewebes zeigen sollen, werden meistens einfach nur falsch interpretiert: Anstatt einer Fettreduktion müsste tatsächlich aufgrund dieser Diagnostik eine Komprimierung des Fettgewebes diagnostiziert werden.

3. Resistenz-Paradoxon

Warum sind einige Patienten behandlungsresistent?

Die Quote von behandlungsresistenten Patienten sowie die Variabilität der Behandlungsergebnisse können relativ hoch sein. In einigen Studien waren es mehr als ein Drittel der Probanden. Dies ist eine natürliche Variabilität, die deutlich zeigt, dass man bei solchen Behandlungen mit verschiedenen Arten des Fettgewebes (selbst in denselben Körperregionen) zu tun hat.

4. Stagnations-Phänomen

Warum stagnieren die Behandlungsergebnisse bei verschiedenen Behandlungsmethoden schon nach wenigen Behandlungen?

Obwohl noch immer eine vergrößerte Fettgewebeschicht vorhanden ist, stagnieren die Behandlungsergebnisse oft schon nach wenigen Sitzungen. Dies würde bedeuten, dass nicht die Adipozyten, sondern andere Komponenten des Fettgewebes hauptsächlich für die umfangreduzierende Wirkung verantwortlich sein müssen.

5. Wasser-Phänomen

Warum wird bei einer erfolgreichen Umfangreduktion immer ein Wasserverlust registriert?

Diese Korrelation (die in der Praxis schon längst bekannt ist) kann beispielsweise auch speziell durch die Anwendung einer tetrapolaren Bioimpedanz-Methode gemessen werden. Der Korrelationskoeffizient zwischen der Umfangreduktion und dem Wasserverlust kann in abdominalen und femoralen Bereichen sehr hoch ausfallen. Dies deutet auf eine wichtige Rolle des Wassers in Umfangreduzierungsprozessen hin.

Fazit

Alle Behandlungsmethoden, die für ein Bodycontouring eingesetzt werden, stoßen auf eine natürliche Reaktionsinhomogenität der Patienten. Diese Reaktion hat wiederum höchst wahrscheinlich mit dem Typ des zu behandelnden Fettgewebes zu tun. Die kurz- oder im besten Fall mittelfristige Umfangreduzierung nach nicht invasiven Bodycontouring-Behandlungen deutet auch hier auf Wiederherstellungsprozesse mit kurzen Halbwertzeiten hin. Die Letzteren können im Wesentlichen durch Prozesse der Wasseransammlung und Wasserdrainage im Fettgewebe bestimmt werden. Wegen der hohen Therapieresistenzquote bei den meisten solcher Behandlungen, sollte die Differenzialdiagnostik von Patienten von großer Wichtigkeit sein [3, 4].

 

Zusammenfassung

Die in diesem Artikel analysierten vier Gruppen der Behandlungsmethoden gehören zu den meist eingesetzten nicht operativen Anwendungen in der ästhetischen Medizin. Die kurze Analyse von Kontroversen zwischen theoretischen und experimentellen/klinischen Ergebnissen zeigt, dass alle Behandlungsgruppen unvollständige oder sogar fehlerhafte theoretische Grundlagen haben. Daraus resultieren nicht nur falsche Aussagen, sondern auch einige fehlerhafte Behandlungsstrategien. Diese werden im darauf folgenden Artikel einzeln analysiert.

 

Korrespondenz-Adresse

Dr. rer. nat. habil. Ilja L. Kruglikov Wellcomet GmbH Greschbachstraße 2–4 D-76229 Karlsruhe i.kruglikov@wellcomet.de

Conflict of Interests

Dr. I. Kruglikov is the managing partner of Wellcomet GmbH

Literatur

1. Kruglikov IL (2012) Melanin light absorption as the necessary but not sufficient condition for photoepilation. Intra-anagen variability of hair follicle light sensitivity. Am J Cosm Surg 29 (4). To be published.
2. Kruglikov IL (2012) The pathophysiology of cellulite: can the puzzle eventually be solved? J Cosm Derm Sci Appl 2 (1): 1–7.
3. Kruglikov IL (2012) Biophysical basics of body treatments: Is hyaluronan a link that has gone unnoticed? Am J Cosm Surg 29 (2): 121-127.
4. Kruglikov IL (2012) Biophysical basics of body treatments: A preliminary study into the correlation between washout and circumference reduction. Am J Cosm Surg 29 (3): 196-202.

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