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Schulmedizin versus Alternativmedizin. Was steckt eigentlich dahinter? Ein medizin-gesellschaftspolitisches Plädoyer

Scholastic medicine versus alternative medicine. What is actually behind it? A medical-sociopolitical advocacy

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Summary

Which philosophical, economic, socio-political, therapeutic and medical-theoretical questions are behind a new word creation and why is it important, also for physicians working aesthetically in our pandemic times today? are questions that will be answered in the next 8 parts in total. This series, which aims to look beyond aesthetics, was written by Volker Schrader, who played an intensive and leading role in the development of the philosophy of Extended Medicine. The first part deals with socio-political questions of medicine, which can be well illuminated by the confrontation between "scholastic medicine" and "alternative medicine".

Zusammenfassung

Welche philosophischen, wirtschaftlichen, gesellschaftspolitischen, therapeutischen und medizintheoretischen Fragestellungen stehen hinter einer neuen Wortschöpfung und warum ist sie wichtig, auch für ästhetisch arbeitende Ärzte in unserer heutigen, von einer Pandemie geprägten Zeit? sind Fragen, die in den nächsten insgesamt 8 Teilen beantwortet werden sollen. Diese Serie, die über den Tellerrand der Ästhetik hinausblicken soll, wurde von Volker Schrader verfasst, der intensiv und federführend an der Erarbeitung der Philosophie der Extended Medicine beteiligt war. Im ersten Teil geht es um gesellschaftspolitische Fragen der Medizin, die sich an der Auseinandersetzung von „Schulmedizin“ und „Alternativmedizin“ gut beleuchten lassen.


Neue Artikelserie der Kosmetischen Medizin

Seit mehr als 10 Jahren kooperiert die Kosmetische Medizin mit dem Netzwerk Globalhealth und seiner Globalhealth Akademie für Ästhetische Medizin. Vor zwei Jahren hat das Netzwerk beschlossen, neben der Ästhetik ein weiteres Netzwerk ins Leben zu rufen, das Netzwerk Extended Medicine. Wir waren als Redaktion neugierig, mehr über diesen Ansatz zu erfahren und wollten unsere Leser, die ja hauptsächlich auf ästhetisch-medizinische Themen orientiert sind, über diese Horizonterweiterung auf ein weiteres wichtiges Gebiet der Medizin, nämlich die Behandlung chronischer Erkrankungen, informieren. Hintergrund war auch, dass innerhalb des Netzwerks ca. 20% aller Mitglieder in beiden Netzwerken aktiv sind. Das gibt uns Anlass zu der Hoffnung, dass dies auch für unsere anderen Leser zutreffend ist.

 

Welche philosophischen, wirtschaftlichen, gesellschaftspolitischen, therapeutischen und medizintheoretischen Fragestellungen stehen hinter einer neuen Wortschöpfung und warum ist sie wichtig, auch für ästhetisch arbeitende Ärzte in unserer heutigen, von einer Pandemie geprägten Zeit? sind Fragen, die in den nächsten insgesamt 8 Teilen beantwortet werden sollen.

 

Diese Serie, die über den Tellerrand der Ästhetik hinausblicken soll, wurde von Volker Schrader verfasst, der intensiv und federführend an der Erarbeitung der Philosophie der Extended Medicine beteiligt war. Im ersten Teil geht es um gesellschaftspolitische Fragen der Medizin, die sich an der Auseinandersetzung von „Schulmedizin“ und „Alternativmedizin“ gut beleuchten lassen.

 

Einleitung

Seit Jahrzehnten tobt in der Öffentlichkeit durch diverse Medien und Meinungsführer befördert ein scheinbar unerbittlicher Kampf zweier konkurrierender Systeme. Wie selbstverständlich wird dieser öffentliche Diskurs und Streit in den Medien über die Vor- und Nachteile zweier Arten der Medizin geführt, ohne die wirkliche Bedeutung und Genese dieser Sprachschöpfungen einmal zu durchleuchten. Dieser Artikel soll dazu beitragen, hinter die verborgenen Motive beider Seiten zu schauen, ihre ursächlichen Zusammenhänge zu entdecken und einen Vorschlag zu unterbreiten, der diese scheinbare Spaltung auflöst.

 

Der Kampf der Systeme

Die „offizielle“ oder eben Schulmedizin – das sind die Ärzte und Heilberufler, die Medizin im Rahmen einer gesellschaftlichen Gesundheitspolitik praktizieren (dazu gehören Lizenzen, Zulassungen, Gebühren, Krankenkassen, Prüfungen und Ausbildungen, Standesverbände usw.) – hat sich selbst nie derart tituliert.

 

Diese Bezeichnung hat sie von einer „alternativen Bewegung“ erhalten mit negativ bewertender Konnotation. Die Protagonisten dieser Gruppe nennen sich alternativ (d.h. entgegengesetzt) und halten sich oft für etwas Besseres. Ich selbst bin bei vielen „Alternativen“ gewesen und habe durchgängig diesen Impetus erlebt. Er ist ja auch notwendig, sonst müsste keiner zu den „Alternativen“ gehen.

 

Diesem vermeintlich ideologischen Kampf über die „richtige“ Art, Gesundheit und Krankheit und deren Therapien zu verstehen – inklusive aller immanenten Bewertungen – gehört zum gesellschaftswissenschaftlichen Themenbereich wie auch Moral, Ethik und den für die Medizin paradigmatischen wissenschaftstheoretischen Diskursen über Systemtheorie, Wahrheitskriterien, aristotelische Logik oder Newton´sche Mechanik.

 

Aber gibt es in diesen Zusammenhängen tatsächlich nur diese Polaritäten?

Und wenn nein: Wie kommt es denn dann zu den vorliegenden Fraktionsbildungen?

Genauso wenig wie Kleriker, die sich des Missbrauchs schuldig gemacht haben, das Christentum in Frage stellen können oder Fälle von Korruption die Demokratie als Gesellschaftsform, können Verantwortungslosigkeiten und deren Folgen bei einzelnen Heilpraktikern diesen Bereich der Medizin in Frage stellen wie andererseits die 20.000 Todesfälle als Folge von Kunstfehlern bzw. Falschbehandlungen im Rahmen des offiziellen Gesundheitssystems die Gesundheitspolitik der Demokratien nicht in Frage stellen können.

Das soll nicht heißen, dass an beiden Modellen nicht weitere Entwicklungsarbeit geleistet werden muss bzw. sollte.

 

Medizin als Ware – der verschleierte Zusammenhang

Der ideologische Streit über diese Fragestellungen verbirgt und verschleiert die tatsächlichen Hintergründe und die sind – wie immer – ökonomischer Natur.

 

Es geht hier einerseits um die unvermeidbare, aber dem Gegenstand der Medizin nicht förderliche Verbindung von pharmazeutischen und technologischen Konzernen mit dem Gesundheitssystem und den Heerscharen von Lobbyisten, die deren Interessen nicht auf der Grundlage des Prinzips der Gesundheit, sondern der Rendite und Profite in der Gesundheitspolitik und den Standesverbänden durchsetzen. Die Hauptmaxime lautet hier: Alles, was preiswert ist, gilt es zu verteufeln, denn es befriedigt nicht die Aktionäre. Auch alle medizinischen Fakultäten sind von dem Wohlwollen dieser Geldgeber abhängig. Nach Profitinteressen werden Forschungsgelder investiert oder eben nicht.

 

An der traditionellen chinesischen Medizin gibt es nichts mehr zu verdienen (allerhöchstens an Fortbildungen), da lauern keine Lizenzen, denn die gibt es schon seit tausenden von Jahren. Also: Das ist doch uralter Quatsch.

 

Im Zusammenhang dieser Problematik im Rahmen der Gesundheitspolitik wären hier demokratische Kontrollen und Reglements vonnöten, sonst bleibt die Gesundheit auf der Strecke bzw. im Portemonnaie.

 

Andererseits arbeiten die „Alternativen“ auf der gleichen ökonomischen Grundlage. Auch bei ihnen geht es um die Existenz, den Gewinn, nur auf niedrigerem Niveau. Allerdings gehört dazu meist die Unannehmlichkeit einer größeren Rechnung für den Patienten. Die „Alternativen“ sind per definitionem und durch den Wettbewerb ja gerade dazu gezwungen, etwas Anderes zu verkaufen, sonst könnten ja alle Patienten beim Hausarzt bleiben. Dieses Andere soll nun die bessere, humanere, ganzheitliche Medizin und deren therapeutische Werkzeuge besorgen. Das wird verkauft, egal ob es stimmt oder nicht.

 

Wenn Medizin zur Ware wird, dann gehen daraus schon bedenkliche Skurrilitäten hervor.

 

Die Extended Medicine – Weltmedizin mit unerschöpflichem historischem Reservoir

Was also ist denn die „Medizin“ als Wissenschaft von den Krankheiten und den daraus folgenden Therapieangeboten ohne ökonomische und ideologische Interessengebundenheit?

 

Der Reichtum der Medizin besteht in der Synthese der Erfahrungen und des Wissens seit Beginn der Menschheit. In diesem langen Zeitraum hat sie sowohl energetische, naturheilkundliche, pharmazeutische, chirurgische und physiologische Erkenntnisse entdeckt und eingesetzt.

 

Die Heilwirkungen der Schamanen gehören zur energetischen Therapie ebenso wie die Akupunktur, die Homöopathie, Teile der Kinesiologie und der Neuraltherapie, und auch die Naturheilkunde gehört zu den Mitteln der Schamanen, der TCM und vor allem der Klostermedizin. All dies war und ist also historisch betrachtet offizielle Medizin. Die moderne Medizin baut darauf auf, und dies nicht nur theoretisch, sondern ebenso in ihrer Praxis: Viele an den Universitäten ausgebildete Mediziner verschreiben Fenchelhustensaft, Akupunktieren und verabreichen Arnica in homöopathischer Dosis bei Prellungen und Verletzungen. Diskriminiert wird lediglich in den ideologischen Kampffabriken durch die Lobbyisten und manischen Weltverbesserer.

 

Die moderne Medizin hat wunderbare Werkzeuge und Methoden hervorgebracht. Chronische Krankheiten kann sie noch nicht heilen, weil sie durch ihre fachmedizinische Zersplitterung – auch in den Fachbereichen der Universitäten – das Verständnis des Gesamtzusammenhanges verloren hat.

 

Deshalb muss man eine Vielzahl von Erkenntnissen und Methoden aus der Geschichte der Medizin, Naturheilkunde und Pharmakologie als sinnvolle Bereicherung betrachten.

Auf dieser Ebene ist in Wirklichkeit kein Streitthema zu entdecken.

 

Dazu ein schönes Beispiel: Es geht um unsere Allerweltsdroge Aspirin. Der Hauptwirkstoff davon ist die Weidenrinde, die mindestens seit der antiken Medizin eingesetzt wird. Diese schmiss man dann, nachdem in einer Vorstufe Salicylsäure erzeugt war, in Essigsäureanhydrid und der wirksamere Stoff Acetylsalicylsäure entstand. Welch ein Paradoxon: Heute besinnt man sich wieder darauf, Schmerzen durch die synergetisch wirkenden 50.000 verschiedenen Wirkstoffe der Weidenrinde zu therapieren!

Deshalb und weil die moderne Medizin es sich nicht leisten kann, historisches Wissen zu vergessen, schlägt das Netzwerk Globalhealth den Begriff „Extended Medicine“ vor, als eine Synthese aller Errungenschaften der Menschheitsfamilie im Bereich der Medizin, die keiner Ausgrenzung bedarf.

 

Die energetischen Therapieformen incl. des Placebo Effektes sind unstrittig erfolgreich. Wenn sie es nicht wären, würde sich niemand darüber aufregen und gegen sie polemisieren.

Ihr Problem ist die Verifizierung und immer noch unkontrollierte Anwendung. Niemand weiß genau, weil Energie und Geist nicht messbar sind, was geschieht und wie dosiert werden muss. Wir befinden uns dabei eben auch im Bereich der Quantenwelt.

 

Einige Prämissen – hervorgegangen aus den aktuellen Erkenntnissen über systemische Zusammenhänge – sollten in der Extended Medicine berücksichtigt werden: Niemals sollte energetische Therapie so eingesetzt werden wie analog dazu die Allopathie, denn man wirkt damit auf die Selbstheilungskräfte des Patienten ein und das will höchst individuell angepasst werden. Standards sind hier kontraproduktiv und führen in die therapeutische Irre. Energetische Interventionen sind eben keine Bagatellen, sondern hocheffektiv. Dazu bedarf es Erfahrungen, die frisch gebackene Heilpraktiker ebenso wenig besitzen wie die Absolventen eines immer mehr durch und durch technologisierten Medizinbetriebes.

Das sind leider Ansprüche, die eine notwendigerweise funktionierende Massenmedizin nicht verantwortlich erbringen kann. Aber ist es nicht ein Armutszeugnis der Bildungsanstalten und der wissenschaftlichen Forschung, dass sie sich nicht bei der Erforschung dieser Verfahren engagieren, sondern immer unkritischer in die Arme der Pharmaindustrie rennen?

Die medizinische Wissenschaft braucht keine Inquisiteure, Nationalisten, Separatisten, Rassisten und Volksverhetzer wie die Kirche, die Galileo auch erst hunderte von Jahren später rehabilitierte, sie braucht die gemeinsame, synergetische Anstrengung für das Überleben der Menschheit durch eine ganzheitliche Medizin. Diese Erkenntnis haben wir der aktuellen Pandemie zu mindestens zu verdanken.

 

Zusammenfassung

Kontroversen über den weiteren Weg der Erforschung medizinischer Zusammenhänge sind wichtig und notwendig, sie bedürfen keiner ökonomisch determinierten Auseinandersetzung und der ideologisch bedingten Ausgrenzung anderer Positionen. Die medizinische Erkenntnis muss und wird sich weiterentwickeln, denn nur durch den weiteren Erkenntnisgewinn können die Synergien erzeugt werden, die einer immer stärker krank machenden Gesellschaft entgegentreten können.

Korrespondenz-Adresse

Volker Schrader ist Diplompädagoge und Psychologe. Er hat das Netzwerk Globalhealth seit seiner Gründung 2003 beraten in seiner strategischen Ausrichtung. Weitere Informationen: www.network-globalhealth.com
Kontakt: volkerschrader@gmx.net

Conflict of Interests

Der Autor ist Berater des Netzwerk Globalhealth.

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