Übersichtsarbeit
Konstantin Frank, Laurenz Weitgasser, Sebastian Cotofana, Stefan Reumann, Thilo Schenck, Wolfgang Redka-Swoboda
Die Neurobiologie der Gesichtserkennung – eine neuroanatomische Literaturübersicht
The neuro biology of facial recognition - a neuro anatomical review of the literature
Keywords | Summary | Correspondence | Literature
Keywords
Beauty ideal, Facial recognition, Fusiform Face Area, Occipital face Area, Superior Temporal Sulcus
Schlüsselworte
Fusiform Face Area, Gesichtserkennung, Occipital Face Area, Schönheitsideale, Superior Temporal Sulcus
Summary
Recognition of human faces is a highly complex process. The morphologic and functional basis of this process are just about to be revealed. The basic neuroanatomic structures of facial recognition are namely the Fusiform Face Area (FFA), the Occipital Face Area, as well as the Superior Temporal Sulcus. It seems as the Fusiform Face Area is mainly involved in the recognition of solid facial features, likely contributing to the recognition of identity. The STS seems to evaluate dynamic changes in faces, for example emotions. The OFA is very likely involved in the processing of individual facial features. Faces are processed holistically, leading to the fact that the entire face structure is more than the sum of its components. The individual components are not put together to a whole, but rather the entire Gestalt is perceived. Facial recognition is from an evolutionary point of view quite important, as a healthy phenotype can be detected by the means of a proper facial recognition. The healthy phenotype suggests a healthy genotype, which is more likely to ensures a continued existence than a broken genotype.
Zusammenfassung
Die Erkennung von menschlichen Gesichtern ist ein hochkomplexer Prozess, dessen strukturelle und funktionelle Grundlagen erst allmählich entschlüsselt werden. Als neuroanatomische Grundstrukturen der Gesichtserkennung sind namentlich die Fusiform Face Area (FFA), die Occipital Face Area (OFA) sowie der Superior Temporal Sulcus (STS) identifiziert worden. Es scheint, als ob die FFA hauptsächlich in der Identitätserkennung beteiligt ist, während die STS Veränderungen in Gesichtern, beispielsweise Emotionen, verarbeitet. Die OFA scheint in der Verarbeitung einzelner Gesichtsmerkmale involviert zu sein. Gesichter werden holistisch wahrgenommen, so dass das gesamte Gesicht mehr als die Summe seiner Bestandteile ist. Es werden somit nicht einzelne Gesichtsmerkmale zu einem Großen Ganzen zusammengefügt sondern die ganze Gestalt wahrgenommen. Dies ist einzigartig und sonst bei keinem anderen visuellen Stimulus zu beobachten. Gesichtserkennung ist aus evolutionärer Sichtweise wichtig, da durch eine akkurate Erkennung von Gesichtern ein gesunder Phänotyp erkennt werden kann. Der gesunde Phänotyp lässt auf einen intakten Genotyp schließen, welcher einen Fortbestand der eigenen Art eher sichert als ein geschädigter Genotyp.
Konstantin Frank1, Laurenz Weitgasser2, Wolfgang Redka-Swoboda3, Stefan Reumann1, Thilo Schenck4, Sebastian Cotofana1
1 Institut für Anatomie, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Abteilung Salzburg, Salzburg, Österreich
2 Klinik für Hand-, Mikro- und Rekonstruktive Brustchirurgie, Marienhospital Stuttgart, Stuttgart, Deutschland
3 FaceSthetics, München, Deutschland
4 Klinik und Poliklinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München, Deutschland
Die Entstehung eines Schönheitsideals
In der Tierwelt finden sich omnipräsent farbliche und formgebundene Muster, die sich an Komplexität und Vielfalt gegenseitig übertreffen. Sei es das Farbenspiel von Fischen in einem Korallenriff oder das Muster auf den Schwanzfedern eines Pfaus – es lassen sich unzählige Bespiele für diese besonderen Erscheinungsformen finden. Ursachen für diese phänotypischen Ausprägungen liegen u.a. in der Partnersuche z.B. imposanteres Auftreten in der Balz, im Schutz vor Feinden z.B. farbliche Anpassung an die Umgebung oder in der individuellen bzw. gruppenbezogenen Anpassung an das jeweilige Ökosystem. Obwohl diese Ursachen zahlreich sind und der genaue kausale Zusammenhang nicht immer eindeutig zuordenbar ist, dienen diese Erscheinungsformen generell einer einzigen Sache: dem Fortbestand der Art.
In der Paarungszeit suchen Tiere im Allgemeinen einen Partner aus, der kräftig und gesund ist und damit die optimalsten Voraussetzungen erfüllt, um gesunde Nachkommen zu generieren und deren Aufzucht zu gewährleisten. Hierbei stellt sich jedoch die Frage, woher Tiere wissen können, wie es um den Zustand des Partners steht und ob der ausgesuchte Partner die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Vermutungen legen nahe, dass das Wissen um den jeweiligen Zustand entweder durch Taten des Partners oder durch dessen Aussehen bemessen werden kann: Ein kräftiges Tier z.B. setzt sich in Kämpfen gegen seine Kontrahenten durch oder kann lauter als seine Artgenossen brüllen. Ein gesundes Tier z.B. hat ein besonders leuchtendes Fell, ein besonders großes Geweih oder ein symmetrisches und exakt passendes Muster auf seinen Schwanzfedern. Diese Charakteristika, die entweder konstant oder nur zur Paarungszeit durch den jeweiligen Partner erkennbar sind reflektieren die zu Grunde liegende Genetik i.e. den jeweiligen Genotyp. Aus den Beobachtungen im Tierreich kann vereinfachend interpretiert werden, dass der Phänotyp der Spiegel der zu Grunde liegenden Genetik ist. Je optimaler der Phänotyp, desto optimaler kann der entsprechende Genotyp vermutet werden und desto gesicherter ist der Fortbestand der Art [1].
Ein optimaler Phänotyp kann von einem Individuum „angeboten“ werden, jedoch ist dies nicht ausreichend für den Fortbestand der Art, wenn der Partner diesen jeweiligen Phänotyp nicht als ansprechend bzw. attraktiv empfindet. Die Attraktivität eines jeweiligen Phänotyps hängt nicht nur im Tierreich von saisonalen Schwankungen ab, sondern bei uns Menschen zusätzlich auch von historischen und sozio-kulturellen Faktoren ab. Im Laufe der Geschichte haben sich diese Faktoren gewandelt und das entsprechende Erscheinungsbild geändert, welches als attraktiv oder als „schön“ oder als „ideal“ bezeichnet wird. Die Erkennung und die Bewertung von dem, was wir als schön und attraktiv wahrnehmen, ereignet sich in unserem Gehirn und kann dank modernster Forschungsmethoden zunehmend aufgeklärt werden.
Neuroanatomische Grundlagen
Dem menschlichen Gesicht kommt eine besondere und übergeordnete Rolle bei der individuellen Erkennung zu und spielt daher eine essentielle Rolle bei der Partnerwahl. Wie hoch spezifisch und sensitiv diese menschliche Leistung ist, erkennt man daran, dass trotz der vielen Gesichter, denen man alltäglich begegnet, Verwechslungen von, für das Individuum relevanten Personen nur sehr selten vorkommen. Der Erkennung und Verarbeitung von Gesichtern konnten in bisherigen Studien explizite Bereiche im menschlichen Gehirn zugeordnet werden. Es konnten hierbei drei Cortexareale identifiziert werden [2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12], die an der Gesichtserkennung maßgeblich beteiligt sind: die Occipital Face Area, die Fusiform Face Area und der Superior Temporal Sulcus. Alle drei Areale sind als Kernsystem der Gesichtserkennung zu verstehen, wobei zusätzliche umliegende Cortexareale in die entsprechenden Verarbeitungsvorgänge involviert sind (siehe Abb. 1).
Die für die Gesichtserkennung immanent wichtige Fusiform Face Area (FFA) ist im Gyrus fusiformis zu finden. Der Gyrus Fusiformis (Brodmann area 37) ist Teil des Lobus temporalis und Lobus okzipitalis und wird auch als okzipitotemporaler Gyrus bezeichnet. Er ist zwischen dem Gyrus temporalis inferior und dem Gyrus parahippocampalis zu finden. Der laterale und mediale Teil wird durch den flachen Sulcus midfusiformis getrennt. Die Blutversorgung findet über die A. cerebri posterior aus der A. vertebralis statt.
Der Sulcus Temporalis Superior (STS) (Brodmann Area 21) stellt die Trennung zwischen dem Gyrus temporalis superior und medialis im Temporallappen dar und ist bilateral vorzufinden. An seinem okzipitalen Ende wird er von dem Gyrus angularis, der Schnittstelle von Temporal-, Parietal- und Okzipitallappen, umgeben. Die Blutversorgung findet über die A. cerebri media aus der A. carotis interna statt. Der STS kann in einen superioren, inferioren, anterioren und posterioren Bereich unterteilt werden.
Die Occipital Face Area (OFA) befindet sich auf der lateralen Seite des Okzipitallappens im oder in der Nähe des Gyrus occipitales inferior. Der Gyrus selbst befindet sich unter dem lateralen okzipitalen Sulcus. Die Blutversorgung findet über die A. cererbri posterior aus der A. vertebralis statt. Die OFA ist häufiger und größer in der rechten Hemisphäre vorzufinden als in der linken Hemisphäre.
Funktionelle Neuroanatomie
Nach Aufnahme eines visuellen Impulses über die Netzhaut wird die entsprechende Information verarbeitet und zu nachgeschalteten Zentren innerhalb des Gehirns weitergeleitet. Die holistische Theorie der Gesichtserkennung besagt, das Gesichter als Ganzes [20], im Sinne von „Das Ganze ist mehr als die Summe der einzelnen Teile“, erkannt werden. Diese Theorie stützt sich vor allem auf drei Effekte: den Face-Inversion-Effect, den Composite-Effect und den Part-to-Whole-Effect. [13, 14, 15].
Der Face-Inversion-Effect beschreibt den Effekt, dass sich Probanden signifikant schlechter an ein Gesicht erinnern, wenn ihnen dieses um 180° gedreht präsentiert wird [13]. Als Composite-Effect wird das Phänomen bezeichnet, dass die Erkennung von oberen Gesichtshälften (Stirn- und Augenregion) signifikant schwieriger ist, wenn die unteren Gesichtshälften vertauscht werden [14]. Einen weiteren Hinweis für die Richtigkeit der holistischen Theorie lieferte Tanaka et al. [15] durch Beschreibung des Part-to-Whole-Effect. Hierbei werden Probanden vollständige Gesichter sowie Teile von Gesichtern (Augen, Nasen, Münder) gezeigt, die sie anschließend wiedererkennen sollen. Es fällt Probanden signifikant leichter, Teile von Gesichtern wiederzuerkennen, wenn diese mit dem ganzen Gesicht initial präsentiert wurden, als wenn diese ihnen einzeln präsentiert wurden [15].
Eine weiter Studie zeigt, dass Gesichter leichter wiedererkannt werden, wenn die physiologische T-förmige Ausrichtung und Anordnung (waagrechte Augenkonfiguration, senkrechte Nase-Mundkonfiguration; Augen oberhalb von Nase bzw. Mund, Nase oberhalb von Mund) eingehalten wird; im Vergleich zu Gesichtern, in denen die T-förmige Ausrichtung und Anordnung vertauscht wird (z.B. waagrechte Nase-Mund-Konfiguration, senkrechte Augen-Konfiguration, Mund oberhalb von Augen). Dies zeigt, dass zusätzlich zur holistischen Gesichtserkennung ein supportives Muster zur Verfügung steht, basierend auf der physiologischen Ausrichtung und Anordnung von Augen, Nase und Mund [15]. Die T-förmige Konfiguration sowie deren akkurate Ausrichtung zueinander unterstützt hierbei den holistischen Aspekt der Gesichtserkennung, ähnlich wie ein Skelett den menschlichen Körper trägt.
1984 konnte Desimone et al. [2] bestätigen, dass Neurone im „Superioren Temporalen Sulcus“ (STS) selektiv auf ganze oder teilweise inkomplette Gesichter ansprechen, wenn die T-förmige Konfiguration und die physiologische Ausrichtung von gezeigten Gesichtern beibehalten wird. Die Neurone im STS zeigen jedoch keinerlei Reaktion, wenn die T-förmige Konfiguration des Gesichts durcheinander gebracht oder wenn die physiologische Anordnung vertauscht wird [2]. Dadurch wurde morphologisch und funktionell ein Cortexareal identifiziert, welches bei der Gesichtserkennung eine tragende Rolle spielt. Zudem wurde nachgewiesen, dass der STS dazu beiträgt, Gesichter in einer holistischen Weise zu identifizieren. Zwei Studien [16, 17] erbrachten mittels funktioneller Magnet-Resonanz-Tomographie (fMRI) den Nachweis, dass die Aktivität im STS im Vergleich zu anderen Cortexarealen signifikant ansteigt, wenn sich Veränderungen – im Sinne von Augen- und Mundbewegungen – in präsentierten Gesichtern abspielen. Dadurch ist dem STS eine besondere Funktion bei dynamischen Prozessen während der Gesichtserkennung zuzuordnen. Auch eine Änderungen der Blickrichtung ist spezifischen Arealen des STS – nämlich der rechten Hemisphäre – zugeordnet [16]. Weiterführende Untersuchungen zeigen [16, 9], dass der STS in einen superioren, inferioren, anterioren und posterioren Bereich unterteilt werden kann. Hinweise zeigen, dass der superiore Teil speziell auf Augenbewegungen anspricht, während der posteriore Teil eine erhöhte Aktivität bei Augen und Mundbewegungen zeigt. Bewegungen von Händen und Füßen zeigen hingegen eine Aktivierung des anterioren STS [9, 16]. Es wird daher angenommen, dass die Verarbeitung von Gesichtern, Händen und Füßen entlang der anterior-posterioren Achse des STS neuronal aufgeschlüsselt wird. Zudem zeigt der posteriore Teil des STS eine signifikante Aktivität beim Face-Inversion-Effect, sodass sich die Hinweise mehren, dass der STS auch bei der holistischen Verarbeitung des Gesichtes eine zentrale Rolle spielt [9].
Hoffman et al. [18] postuliert in seiner Untersuchung, dass es neben dem dynamisch-erkennenden STS die statisch-erkennende „Fusiform Face Area“ (FFA) gibt, die im Vergleich zum STS stärker bei ruhenden Gesichtern reagiert und somit zu größeren Anteilen zur Identitätserkennung beiträgt. Werden Probanden zwei Bilder von Gesichtern gezeigt, von denen das zweite Bild jeweils eine mimische Veränderung oder ein anderes Gesicht aufweist, zeigt die FFA eine erhöhte Aktivität bei unterschiedlichen Gesichtern, jedoch nicht bei mimischer Veränderung zwischen den Bildern [18]. Zur akkuraten Gesichtserkennung werden zusätzliche Informationen über den Kontext des Gesichtes (Position, Größe, Form) in die Verarbeitung durch die FFA miteinbezogen. Dadurch kommt der FFA eine besondere Rolle bei der holistischen Gesichtserkennung zu, da nicht nur intrinsische Informationen des jeweiligen Gesichtes extrahiert (Anordnung und Ausrichtung), sondern auch relevante Hintergrundinformationen integriert werden [7].
O`Cravens et al. zeigten, dass bereits die reine Präsentation eines Gesichtes eine erhöhte Dynamik in der FFA verursacht [10]. Die Ergebnisse dieser Testreihe zeigen [19], dass die FFA eine Spezifität für die Verarbeitung von Gesichtern hat, die nicht ausschließlich auf visuellem Input angewiesen ist. Dies führte zur Formulierung der “Domain-Specificity Hypothesis”. Da die FFA (im Vergleich zu anderen Cortexarealen) auch eine erhöhte Aktivität bei der Wiedererkennung von abstrakten, gesichtsähnlichen Objekten, sogenannten Greebles [5], aufweist, wird vermutet, dass die FFA nach einem universellen Schema Objekte als Gesichter erkennt, im Sinne einer unspezifischen Urform [17], und hierbei keine detaillierte Information zur Aktivierung benötigt. Studien mit hochauflösenderen fMRI-Aufnahmen zeigen indes, dass angrenzend an die FFA ein Cortexareal mit der Verarbeitung von körperbezogenen Informationen beschäftigt ist [8]. Dieses Areal ist die sogenannte „Fusiform Body Area“ (FBA) und überlappt teilweise mit der FFA.
Die „Occipital Face Area“ (OFA) wurde erstmalig im Jahr 2000 von Gauthier et al. beschrieben [10] und ist aktuell Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Die OFA ist frequenter in der rechten Hemisphäre vorzufinden und zeigt bei rechtsseitiger Lage eine größere Ausdehnung. Liu et al. [11] fanden heraus, dass die Aktivität der OFA bei manipulierten Gesichtern, wo beispielsweise ein Detail (Nase oder Augen) fehlt, deutlich niedriger ist. Im Gegensatz zum STS oder zur FFA ist bei der OFA keine Aktivitätsminderung zu erkennen, wenn an Stelle von vollständigen Gesichtern nur Teile von Gesichtern oder Gesichter mit aufgehobener T-förmiger Konfiguration gezeigt werden [22, 23].
Klinische Relevanz
Es gibt bis dato keine weiterführenden Untersuchungen, die die exakten Merkmale und Konfigurationen des Gesichts zur Beurteilung als schön oder durchschnittlich belegen. Hierfür ist die neurobiologische Forschung auf dem Gebiet der Gesichtserkennung noch zu jung. Auf Basis des aktuellen Wissensstandes kann gefolgert werden: Ein visueller Input wird, wie die meisten visuellen Informationen, im striatalen Cortex aufgenommen und verarbeitet. Im Anschluss daran erfolgt die Informationsweiterleitung an die weiterverarbeitenden Areale, die im Falle der Gesichtserkennung der STS, die FFA und die OFA sind. Eine Bewertung dieser speziellen Informationen der Gesichtserkennung erfolgt wiederum durch weitere nachgeschaltete Zentren, die sich u.a. im linken Nucleus caudatus, im Nucleus accumbens, dem medialen orbitofrontalen Cortex, dem rechten Thalamus, dem ventromedialen prefrontalen Cortex, dem dorsalen anterioren Gyrus cinguli sowie der vorderen rechten Insel und in Teilen der rechten Amygdala befinden [20]. In diesen Stationen erfolgt eine Bewertung des verarbeiteten Impulses und es wird „entschieden“, ob ein Gesicht als schön oder durchschnittlich empfunden wird. Einzelne Details eines Gesichtes, die universell als schön bezeichnet werden, variieren in der Literatur erheblich, jedoch können einige Gemeinsamkeiten identifiziert werden. Diese sind bei Frauen beispielsweise eine verhältnismäßig kleine untere Gesichtshälfte [21], sowie hohe und prominente Wangenknochen [21]. Bei Männern gilt z.B. ein markantes Kinn, sowie ein breiter Unterkiefer als attraktiv [21]. Symmetrische Gesichter gelten bei beiden Geschlechtern als attraktiv [22].
Warum ein Gesicht als attraktiv und schön bewertet wird kann verschiedene Ursachen haben: Ein Gesicht mit spezifischen, als ästhetisch empfundenen Zügen könnte im Bezug auf die Paarung auf vorteilhafte Merkmale, wie eine gesunde Genetik oder eine hohe Immunkompetenz, hinweisen. Dieser Ansicht folgend könnte sich das Gehirn in eine Richtung entwickelt haben, die spezielle Gesichtskonfigurationen als Zeichen von Gesundheit ansieht, um letztendlich den Fortbestand der eigenen Art zu sichern [23]. Eine andere Erklärung besteht darin, dass die Präferenz für bestimmte Gesichter eine Art Nebenprodukt genereller Informationsverarbeitung ist. Das menschliche Gehirn bevorzugt Muster – als eine Art durchschnittlicher Vorstellung – in der Informationsverarbeitung [23]. Es gibt Hinweise, dass das Gehirn Gesichter mit Hilfe dieser Muster abspeichert und nur die Abweichungen vom ursprünglichen Muster beurteilt. Diverse Studien zeigen, dass durchschnittliche, am Computer generierte Gesichter attraktiver empfunden werden, als die einzelnen Gesichter aus denen das durchschnittliche Gesicht erstellt wurde. Sollte das Hirn diese Muster nutzen, könnte man “durchschnittlich” auch als “mustergültig” bezeichnen. Folglich werden “mustergültige” Gesichter schneller erkannt und rufen eine höhere Erregung hervor [23].
Der mediale Einfluss der westlichen Zivilisation auf die restliche Welt hat auch zu globalen Auswirkungen auf das Schönheitsideal geführt. Dies trifft insbesondere auf das Gesicht zu, was an der Zunahme gesichtschirurgischer Eingriffe zur Annäherung an westlich geprägte Schönheitsideale erkennbar ist. Beispielsweise kann hier die chirurgische Kreation eines doppelten Augenlieds bei Asiaten oder die Augmentation der Nasenprojektion bei Afrikanern mit breitbasiger Nase genannt werden. Das diese Entwicklungen einer kritischen moralisch-ethischen Beobachtung bedürfen, steht außer Frage.
Korrespondenz-Adresse
Dr. med. Sebastian Cotofana
Institut für Anatomie
Paracelsus Medizinische Privatuniversität
Strubergasse 21
A-5020 Salzburg
sebastian.cotofana@pmu.ac.at/>
Conflict of Interests
Finanzierungsquelle Für diese Arbeit wurde keine Finanzierung herangezogen. Interessenskonflikt K.F.; L.W.; S.R.; T.S. und S.C. haben keinen Interessenskonflikt. W.RS. ist Medical Director der Firma Teoxane Germany GmbH, Am Lohmühlbach 17, 85356 Freising, Deutschland
Literatur
(1) Ulrich Renz: Schönheit – eine Wissenschaft für sich. Berlin Verlag, Berlin 2006
(2) Desmione, Robert, Thomas D. Albright, Charles G. Gross, and Charles Bruce. "Stimulus-selective Properties Of Inferior Temporal Neurons In The Macaque." The Journal Of Neuroscience 4.8 (1984): 2501-062.
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(10) Gauthier, Isabel, Michael J. Tarr, and Jill Moylan. "The Fusiform "Face Area" Is Part of a Network That Processes Faces at the Individual Level." Journal of Cognitive Neuroscience 12.3 (2000): 495-504. Print.
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