Übersichtsarbeit


Liposuction gegen axilläre Hyperhidrose

Liposuction against excessive axillary hyperhidrosis

Keywords | Summary | Correspondence | Literature


Keywords

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Schlüsselworte

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Summary

Hyperhidrosis of the axilla can have a great impact on the patient's quality of life. The disadvantages of current therapy concepts such as visible scars or therapy success of only limited time periods made it worthwhile to consider other operation techniques. We describe a technique that is adapted from the tumescent technique in liposuctions to normalize or even stop the activity of axillar sweat glands in hyperhidrosis. This treatment option offers long-standing response compared to non-surgical techniques. The success rate depends upon exact and radical performance. lt shoud be used in centers only.

Zusammenfassung

Die Saugkürettage ist aus unserer Sicht das derzeit sinnvollste operative Verfahren zur Behandlung der primären Hyperhidrose. Die Beeinträchtigung ist für den Patienten im Vergleich zu anderen operativen Verfahren erheblich geringer. Bei körperlich nicht allzu anstrengender Tätigkeit ist schon nach wenigen Tagen die Rückkehr in das Berufsleben möglich. Im Vergleich zu den nichtoperativen Verfahren ist die Intensität und Dauer des Behandlungserfolgs nach bisherigen Erfahrungen bei der Saugkürettage deutlich überlegen. Ausschlaggebend für einen Therapieerfolg bei diesem Verfahren ist die ausreichende Radikalität der Absaugung und Curettage an der Unterfläche der Lederhaut. Im Spannungsfeld zwischen Operationserfolg und drohender Hautnekrose liegt aus unserer Sicht die Empfehlung begründet diese Eingriffe an spezialisierten Zentren durchzuführen. Eine bewährte Behandlungsform des übermäßigen Schwitzens im Achselhöhlenbereich (Hyperhidrosis axillaris) ist die Saugkürettage.


Wie schon der Name nahe legt, handelt es sich bei diesem operativen Verfahren um eine Kombination einer Curettage und Liposuction. Zielorgane sind die im tieferen Bereich der Lederhaut sitzenden Schweißdrüsen bzw. die an sie heranführenden Fasern des autonomen Nervensystems. Es wird das Gewebe unter der Lederhaut mit den in ihr enthaltenen o.g. Strukturen der Achselhöhlen abgesaugt.

 

Minimalziel der Behandlung ist eine Normalisierung des Schwitzens. Dies wäre aus unserer Sicht dann erreicht, wenn die Patienten dann noch Achselschweiß haben, wenn dies auch bei Menschen ohne Hyperhidrose der Fall wäre. Im Extremfall sind die Patienten nach der Behandlung selbst bei körperlicher oder seelischer Belastung vollkommen trocken.

 

Obwohl das Verfahren als solches in den Händen eines erfahrenen Operateurs, relativ unproblematisch ist, kommt es für den Therapieerfolg auf die Details der OP-Technik an. Rezidive sind bei ungenügender Radikalität und inadäquater OP-Technik leider häufig zu beobachten.

 

Die operative Behandlung der Hyperhidrose sollte nur angewandt werden, wenn die Anamnese eine primäre Hyperhidrose ergibt.

 

Sekundäre Hyperhidrosen sollten – falls möglich – durch die Beseitigung ihrer Ursachen behandelt werden. Ursachen für eine sekundäre Hyperhidrose sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tab. 1: Ursachen der sekundären Hyperhidrose

 

Endokrinologische Ursachen:

Hyperhidrose bei Hyperthyreose, Phöochromcytom, Klimakterium und andere Hormonstörungen

 

Neurologische Ursachen:

Schädigung des Symathicus durch Verletzungen, Querschnittslähmung, o ä.

 

Psychische Ursachen:

Psychische oder psychiatrische Erkrankungen

 

Nebenwirkungen von Medikamenten:

Parasympathikomimetika, Hormone, Kortikoide o.ä.

Operationstechnik

Die Saugkürretage kann im Tumeszenzverfahren nach Klein durchgeführt werden, eine Vollnarkose oder ein stationärer Aufenthalt ist im Regelfall nicht notwendig.

 

Nach vorheriger Gabe eines Beruhigungsmittels (z.B. Diazepam) werden mit Hilfe des Jod-Stärke­Tests die Ausführungsgänge der Schweißdrüsen markiert (Abb.1a). Die präoperative Gabe eines kleinen Analgetikums (z.B. Diclofenac) hat sich für die Minderung des postoperativen Schmerzes gut bewährt.

Abb. 1a und b: Mit Hilfe des Jod-Stärke­Tests werden die Ausführungsgänge der Schweißdrüsen markiert (a) und unter Zugabe einer Vorlaufstrecke von ca. 2 cm nach allen Seiten (Abb. 2) werden an 3 – 4 Stellen kleine Quaddeln mit örtlicher Betäubung gesetzt (b).

Die Hautdesinfektion und Abdeckung des OP-Bereichs geschieht unter den üblichen Sterilitätskriterien. Die Patienten sollten sich am Vorabend und am Morgen der OP duschen. Falls sie das nicht sowieso regelmäßig tun, sollten sie sich im Bereich der Achselhöhlen rasieren.

 

Unter Zugabe einer Vorlaufstrecke von ca. 2 cm nach allen Seiten (Abb. 1b) werden an 3 – 4 Stellen kleine Quaddeln mit örtlicher Betäubung (z.B. Prilocain 2%) gesetzt. Nach sparsamer Inzision der Haut an diesen Stellen kann eine Liposuctions-übliche Auffüllkanüle ins Unterhautfettgewebeeingebracht werden. Das präoperativ nach dem Jod-Stärke-Test angezeichnete Behandlungsareal wird mit der Tumeszenslösung nach Klein (Tab. 2) aufgefüllt.

Tab. 2: Tumeszenzlösung nach Klein.

 

Pro Liter 0,9% NaCI-Lsg.:

500 mg Lidocain

1 mg Adrenalin

10 ml Natriumbicarbonat 8,4%

Abb. 2a und b: Kanüle nach Fatemi mit scharfkantigen Absaugöffnungen an nur einer Hälfte der Zirkumferenz der Kanüle.

Nach einer Einwirkdauer von 30 min kann die Absaugkanüle eingebracht werden. Wir verwenden die Kanüle nach Fatemi mit scharfkantigen Absaugöffnungen an nur einer Hälfte der Zirkumferenz der Kanüle (Abb. 2a und b). Um die Rezidivrate so gering wie möglich zu halten, muss nun sehr nah an der Lederhaut gesaugt werden. Die Strichrichtungen der Absaugbewegung sollen sich dabei von den jeweiligen Inzisionen so oft wie möglich überkreuzen (Criss-Cross- Verfahren). Am Ende der Behandlung ist die Absaugkanüle gut durch die Haut durchschimmernd sichtbar (Abb. 3).

Abb. 3: Am Ende der Behandlung ist die Absaugkanüle gut durch die Haut durchschimmernd sichtbar.

Im Anschluss an die Behandlung wird ein komprimierender saugfähiger Druckverband angelegt. Dieser wird für ein bis zwei Tage belassen, das saugfähige Material vom Patienten regelmäßig gewechselt. Im weiteren Verlauf wird der Patient angehalten, so bald als möglich die Arme im Schultergelenk zu bewegen. Das Tragen eines engen Kleidungsstücks unter der normalen Kleidung hilft in der Regel in ausreichendem Maße, einer Serombildung entgegenzuwirken (z.B. atmungsaktive Sportbekleidung, Radlershirts). Auf sportliche Aktivitäten sollte für 4 – 6 Wochen verzichtet werden.

 

Komplikationsmöglichkeiten

Aufgrund der geringen Größe der Inzisionen sind Wundheilungsstörungen selten. Theoretisch sind zwar alle postoperativ möglichen Komplikationen denkbar. Erfahrungsgemäß finden sich im postoperativen Verlauf jedoch nur Schwellungen, Hämatome, gelegentliche Rötungen im Bereich der Hautinzisionen sowie ein länger anhaltendes Taubheitsgefühl der Haut im Bereich der Achselhöhlen.

 

Aufgrund des radikalen Herangehens an die Unterseite der Lederhaut kann es zu einzelnen Hautschädigungen kommen. Falls dies auftritt, handelt es sich aber in den meisten Fällen lediglich um eine Krustenbildung, die nach einigen Tagen abfällt. Aus diesem Grund klären wir die Patienten auch über das Auftreten einer Hautnekrose auf.

 

Das in der Tumeszenslösung enthaltene Lidocain kann sehr selten durch die Weichteile der Achselhöhle bis zum Bereich des Plexus brachialis diffundieren. Sollte dies der Fall sein, kann es zu vorübergehenden Lähmungserscheinungen im Versorgungsgebiet des Plexus brachialis kommen.

 

Fazit

Die Saugkürettage ist bei entsprechender Operationstechnik aus unserer Sicht derzeit der beste Kompromiss zwischen erzielbarer Verbesserung des Schwitzens, Größe der entstehenden Narben, Nachhaltigkeit des Therapieerfolgs und Komplikationsmöglichkeiten für den Patienten.

Korrespondenz-Adresse

Dr.med. Dietmar Scholz
Facharzt für Plastische Chirurgie
Gemeinschaftspraxis Dres. Alamuti und Scholz
Schöne Aussicht 39
DE-65193 Wiesbaden
info@alamuti-scholz.de

Literatur

1. Wollina U, Köstler E, Schönlebe J, Haraske G. Tumescent suction curettage versus minimal skin resection with subcutaneous curettage of sweat glands in axillary hyperhidrosis. Dermatol Surg 2008; 34(5): 709-716.
2. Rezende RM, Luz FB. Surgical treatment of axillary hyperhidrosis by suction-curretage of sweat glands. An Bras Dermatol 2014; 89(6): 940-954.

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